Essen. Der klassische Räuber ist der 39-Jährige nicht. Und so sah die 18. Essener Strafkammer genügend Milderungsgründe, um deutlich unter die klassische Mindeststrafe von fünf Jahren Haft für einen besonders schweren Raub zu kommen.

Auf ein Jahr und sechs Monate Gefängnis mit Bewährung lautete das Urteil gegen den Angeklagten. Zahlen muss er 1000 Euro Geldbuße. „Es war eine Spontantat, seine Beuteerwartung gering“, beschrieb Richter Martin Hahnemann im Urteil, was den bislang nicht vorbestraften Angeklagten, der auf eine jahrelange Berufstätigkeit zurückblickt, zur Tat getrieben hatte.

Am 25. Mai war er spätabends zur Volksbank im Gelsenkirchener Stadtteil Horst gegangen. Er hatte schon einiges getrunken, aber das Geld für die Kneipe war ihm ausgegangen. Sein Pech, wie er vor Gericht erzählt: Er hatte eine neue Geldbörse und vergessen, die Kontokarte einzustecken.

Mit Messer bedroht

Sein Opfer, eine 37-Jährige aus Gladbeck, berichtet, wie er sein Geldproblem löste. Sie hatte ihn vor dem Geldautomaten einmal zurückgewiesen, weil er zu nah hinter ihr stand. Diskretion verlangte sie – und dass er ein Stück zurückging. Schnell gab sie 90 Euro als Auszahlungsbetrag ein. Plötzlich registrierte sie eine Berührung und befürchtete, dass der Mann sie betatschte.

Als sie sich umdrehte, wurde ihr aber sofort klar, was der sichtlich Angetrunkene von ihr wollte. Denn in der Hand hielt er ein Messer. Derart eingeschüchtert überließ sie ihm das Geld. Später stellte sie fest, dass er sie gepikst haben musste, weil sie seitlich im Hüftbereich eine kleine Wunde entdeckte. „Wie ein Insektenstich“, bemüht sie sich vor Gericht um exakte Angaben.

Alkohol erklärt Enthemmungen

Der Angeklagte bestreitet, ein Messer in der Hand gehalten zu haben. Die Strafkammer hat daran aber keinen Zweifel. Nur das Messer erkläre, warum sie sich nicht stärker zur Wehr gesetzt habe, um ihr Geld zu behalten. Denn zuvor habe sie dem Angeklagten ja auch deutlich gemacht, dass er zurücktreten solle.

Zu erklären sei die Tat vor allem durch die Enthemmung des Angeklagten nach reichlich Alkohol. Der Raub sei ihm sicher wesensfremd. So habe er sich trotz Videokamera nicht maskiert. Bagatellisieren wollte das Gericht den Überfall nicht. Noch heute lasse die 37-Jährige sich beim Weg zur Bank begleiten.