Gelsenkirchen. . Den Führungswechsel im Alten- und Pflegeheim Liebfrauenstift nahmen die Wenigsten gut auf: Das Personal beklagt, dass sich das Arbeitsklima sehr zum Negativen gewandelt habe. Bespitzelungen und Kontrollen sollen nun hier auf der Tagesordnung stehen. Die Caritas räumt ein, die Vorwürfe seien bekannt.

„Diese Atmosphäre in dem Haus, die Bespitzelungen...“ Der Gelsenkirchener schüttelt den Kopf, ist zutiefst enttäuscht über den neuen Führungsgeist, der aus seiner Sicht im Alten- und Pflegeheim Liebfrauenstift herrscht.

Er hat den Wandel nach dem Wechsel der Leitungsspitze miterlebt, war lange Zeit als Minijober an der Pforte beschäftigt. Der Student bestätigt im Gespräch mit der WAZ, was Mitarbeiter in Schreiben an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen beklagt hatten: Die Nonnen seien vergrault worden, ebenso ehrenamtliche Kräfte. Ja, es gebe Probleme an der Pforte und offensichtlich auch eine Kontrolle. Jedenfalls sei er „selber ein Opfer von Spitzelei“.

Aufblähen zum „Bundeskanzleramt“

Irgendwann hatte der junge Mann den Kaffee auf, hat seinen Minijob frustriert aufgegeben. Er schwärmt noch heute von dem christlichen, familiären Geist, der einst in der Einrichtung an der Ruhrstraße im Einzugsbereich der alten Pfarrgemeinde St. Georg herrschte. Aber wusch, „plötzlich musste alles anders sein!“ Er spricht von einem Aufblähen des Arbeitsapparates zum „Bundeskanzleramt“. Das habe auch für den Dienst an der Pforte gegolten.

„Dass es im Haus Unruhe gibt, ist bekannt“, räumt Caritasdirektor Dieter Spannenkrebs auf Nachfrage auch durchaus ein. „Das Problem ist erkannt, wir sind seit einem halben Jahr dabei, Gespräche zu führen.“ Allerdings könne man Probleme bekanntlich nicht per Knopfdruck abstellen.

Spannenkrebs betont, dass „bestimmte Abläufe im Liebfrauenstift noch nicht dem erforderlichen Standard entsprechen“. Das betreffe unter anderem die Dokumentationspflicht. „Wir müssen uns den Anforderungen des MDK stellen.“ Was beim Personal vielleicht noch nicht richtig angekommen sei. Es gebe durchaus Widerstände im Haus, so Spannenkrebs weiter. Grundsätzlich stellt der Caritas-Chef aber fest: „Die Bewohner werden gut versorgt und betreut.“

Abmahnungen ausgesprochen

Viele der beklagten Stresssituationen könnten nach seiner Einschätzung aus der Welt geschaffen werden, wenn alles „geschmeidiger laufen“ würde. „Dass das Klima im Haus zurzeit nicht so gut ist, ist natürlich nicht so schön“, bedauert Spannenkrebs.

Der im Übrigen auch einräumt: „Es sind Abmahnungen ausgesprochen worden.“ Die gebe es zum Beispiel, wenn Dokumentationen nicht ordentlich geführt seien. Den Grund für Abmahnungen sehen die Mitarbeiter, die sich in ihrem Schreiben geäußert haben, allerdings woanders.

In Kommentaren zum ersten Bericht über das Liebfrauenstift (siehe Rund ums Thema) in der vergangenen Woche setzten sich Leser mit grundsätzlichen Fragen zur Altenpflege auseinander.

Pflegenotstand zu befürchten

„Es muss sich einiges verändern, sicherlich braucht es da auch mehr Personal, doch ehrlich gesagt auch ein höheres Gehalt für die Mitarbeiter. Jeder möchte gerne gut versorgt werden, möchte, dass seine Angehörigen in einem angemessenen Rahmen versorgt/betreut werden. Ich mache diese Arbeit aus Überzeugung, auch wenn ich weniger verdiene wie so mancher Handwerker oder anderer“, heißt es da beispielsweise. Und in einem anderen Beitrag ist zu lesen: „Der Druck auf das Personal ist unerträglich! Wenn hier die Verantwortlichen in Verbänden und Politik nicht langsam die Augen aufmachen und handeln, dann kommt der Pflegenotstand früher oder später nicht aufgrund finanzieller Engpässe, sondern weil diesen Beruf kaum jemand mehr auf Dauer ausüben kann und will.“

Fazit: Die Mitarbeiter des Liebfrauenstifts haben mit ihren Schreiben auch eine grundsätzliche Diskussion los getreten.