Gelsenkirchen. . Wer die Himmelstreppe auf der Halde Rheinelbe in Ückendorf besteigt, wird mit einem tollen Ausblick und Erkenntnissen über sich selbst und das Ruhrgebiet belohnt.

Endlich oben! Das ist mein erster Gedanke nach den letzten Stufen. Für einen notorischen Nichtspaziergänger fühle ich mich wie ein Bergsteiger, der gerade den Gipfel der Zugspitze erklommen hat. Dabei hat diese Halde nur eine Höhe von etwa 100 Metern über dem Meeresspiegel. Werde ich Erkenntnisse auf der Himmelsleiter erlangen? Und wenn ja, welche? Ich bin sehr gespannt auf das Treffen mit mir.

Ich setze mich erstmal auf die Nordseite in den Schatten. Die Mittagssonne macht mir zu schaffen. Aber der Ausblick lässt mich darüber hinwegsehen: Mehr als 40 Kilometer Sicht würde ich schätzen. So kann ich fast das gesamte Ruhrgebiet sehen. Der Gasometer in Oberhausen, das Bergbaumuseum in Bochum und die Veltins-Arena.

Ein angenehm stiller Ort

Ein wirklich schöner Augusttag. Die leichte Brise hier sorgt für eine kleine Abkühlung. So lasse ich meinen Blick schweifen und mir kommt der Gedanke, dass das Ruhrgebiet um einiges grüner ist, als die teilweise zugebauten Städte das vermitteln. Zwischen den vielen Bäumen und Parks schauen sachte ein paar Häuser und Kirchtürme hervor. Die Innenstadt von Gelsenkirchen lässt sich nur erahnen. Der bekannte Charme dieser Region zeigt sich erst am Horizont, wo sich rauchende Schornsteine und Fabriken in den Himmel bohren. Diese typischen Bauten des Ruhrgebietes werden in einen leichten braunen Dunstschleier getaucht, der keinen Zweifel daran lässt, dass man sich inmitten des Kohlenpotts befindet.

Trotz der Industrieanlagen und Autobahnen um mich herum ist es hier oben angenehm still. Einige wenige Spaziergänger verirren sich nach oben und scheinen genauso beeindruckt wie ich zu sein. Auf der Südseite der Skulptur kann man bis nach Essen schauen. Allerdings wird die herrliche Aussicht dorthin von den Hochleitungsmasten unterbrochen. Also gehe ich wieder zurück in den Schatten und lasse die Eindrücke auf mich wirken.

Entspannung garantiert

Hier habe ich nun das Treffen mit mir. Viel Nachdenken kann ich allerdings nicht. Das liegt nicht daran, dass ich nichts zum Nachdenken habe, sondern an der friedlichen Stimmung. Diese möchte ich mir nicht durch grübeln zerstören. Ich fühle mich gerade frei. Frei von Problemen, Sorgen und allem, was mich sonst noch beschäftigt. Ein tolles Gefühl. So definiere ich echte Entspannung. Einfach dasitzen und die Aussicht genießen.

Und dafür muss ich nicht mal in ferne Länder reisen. Das gibt es quasi vor der Haustür. Bei dem heutigen Wetter könnte ich hier den ganzen Tag verbringen. Aha, denke ich. Wenn ich hier alleine stundenlang sitzen könnte, dann bin ich zufrieden mit mir. Diese Erkenntnis bringt mich ein ganzes Stück weiter. Das ist schließlich eine Grundvoraussetzung für ein glückliches Leben.

Der höchste Punkt des Ruhrgebiets

Ich schaue mir die Himmelstreppe mal genauer an. Da ich von Kunst nicht die geringste Ahnung habe, sagt mir die Skulptur leider nichts. Beeindruckend ist es aber schon, was der Künstler Herman Prigann aus der Halde gemacht hat. Die Himmelstreppe bildet nur den Abschluss des Skulpturenwaldes, in dem einige Kunstwerke aus altem Industriegerät aufgebaut wurden.

Trotz meiner Unkenntnis glaube ich zu verstehen, wie sie zu dem Namen gekommen ist. Ich habe das Gefühl, am höchsten Punkt im Ruhrgebiet zu sein. So gesehen hat mich mein Empfinden beim Aufstieg nicht getrübt: Ich habe die Zugspitze des Ruhrgebietes bestiegen. Die Erkenntnisse, welche die Besucher hier oben erwarten, können natürlich unterschiedlich sein, aber ich glaube in einem Punkt sind sich alle einig: Entspannen kann man hier sehr gut.