Gelsenkirchen. Heiligabend griff er Kneipengäste in Erle mit Beil und Messer an und verletzte zwei Männer. Nun muss sich ein 23-Jähriger dafür vor Gericht verantworten. Er soll psychisch krank sein – und fühlte sich bei früheren Gewalttaten im „Auftrag des Islam unterwegs“.

Ein religiöser Hintergrund? „Nein“, davon will der 23-jährige Somalier aus Gelsenkirchen nichts wissen. Zwei Messer hatte er dabei, eine Axt und einen Koran, als er am Heiligabend 2011 auf dem Fahrrad zu einer Gaststätte an der Cranger Straße fuhr. In der erhobenen rechten Hand hielt er ein 39,5 cm langes Fleischermesser als er in der Kneipe erschien. Er stach von hinten unvermittelt auf zwei Gäste ein und verbreitete totale Panik. Mit Barhockern drängten sie ihn aus der Gaststätte und verriegelten die Tür. Wenig später attackierte er draußen einen Radfahrer mit der Axt. Die Männer wurden zum Glück nicht schwer verletzt. Das waren nur drei von mehreren Angriffen des 23-Jährigen, der sich in einem Sicherungsverfahren vor dem Essener Landgericht verantworten muss. Es geht um seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus, denn er ist psychisch krank, leidet an einer schizophrenen Psychose.

Angst, Angst, immer wieder Angst, nennt der 23-Jährige als Anlass für seine Taten. „Ich habe versucht, mich zu verteidigen“, übersetzt der Dolmetscher die mit leiser, schleppender Stimme vorgetragene Aussage des jungen Mannes, der offensichtlich unter Medikamenten-Einfluss steht. „Ich bin davon ausgegangen, dass die Leute in der Gaststätte mich aus dem Weg räumen wollten“, versucht er zu erklären, was nicht zu erklären ist. „Seltsam“ meint Richter Andreas Labentz, warum er denn überhaupt zur Gaststätte gefahren sei. „Den Grund“ kann der Beschuldigte nicht nennen. Seine „Werkzeuge“, wie er Messer und Axt nennt, habe er wenige Tage vor Heiligabend auf einem Flohmarkt gekauft.

„Ich dachte, er wollte mich umbringen“

Beil schwingend empfing er damals auch die Polizei. Mehrere Warnschüsse mussten sie Beamten abgeben, bevor der Mann seine Waffen fallen ließ. Er kam in Untersuchungshaft in die JVA in Essen. In eine Gemeinschaftszelle. Weiterhin, so erinnert er sich, beherrschte Angst sein Leben. Mehrere Tage holte er nicht mal seine Mahlzeiten ab, fürchtete er doch vergiftet zu werden. Bis zum 28. Dezember. Gegen 17.25 Uhr stellte er sich an zur Abendkostausgaben und griff den Vollzugsbeamten überraschend mit einer Glasteekanne an. Der 23-Jährige weiß das noch und erklärt: „Ich dachte, er wollte mich umbringen.“ Einen zweiten Beamten verletzte er mit einem Anstaltsmesser. Am 31. Januar schließlich verlegte man den Somalier in eine psychiatrische Klinik. Dort soll er Pfleger angegriffen und verletzt haben.

Der Somalier kam 2009 nach Deutschland. Sein Asylantrag wurde ein Jahr später abgelehnt. In dem Jahr verbrachte er auch dreimal wegen seiner psychischen Probleme einige Wochen im Elisabeth-Krankenhaus in Gelsenkirchen. Beim dritten Aufenthalt soll er über die Klinik Mauer geklettert und geflüchtet sein. Im November 2011 leistete er Widerstand, als Polizeibeamte ihn am Kölner Bahnhof kontrollieren wollte. Er sei „im Auftrag des Islam unterwegs“, ließ er sie wissen. Der Prozess wird fortgesetzt.