Gelsenkirchen. . Seit 2008 führen Petra Schlüter und Regina Klein von der Projektwerkstatt 50plus Schüler auf die Spuren von Knigge. Zum Abschluss Gala-Essen mit Grillo-Hauptschülern im Heiner’s.
Dass mindestens eine Regel in den Köpfen der Zehntklässler haften geblieben ist, konnte Petra Schlüter bereits vor dem 3-Gänge-Menü im Heiner’s feststellen. „Die Schüler haben als erstes überprüft, ob Teller und Besteck denn auch wirklich mit einer Fingerbreite Abstand zur Tischkante gedeckt worden sind“, lacht die selbstständige Versicherungskauffrau, die gemeinsam mit der Buchbindermeisterin Regina Klein die Projektwerkstatt 50plus gründete.
Die Initiative setzt sich für die Belange älterer Menschen ein. Was hat das also mit Jugendlichen zu tun? „Die Idee ist entstanden, nachdem ältere Herrschaften sich darüber beschwert haben, dass sich Jugendliche nicht mehr benehmen können“, erklärt Petra Schlüter. Seit 2008 bietet das Duo Benimm-Kurse für in erster Linie Hauptschüler der 8. Klasse an, die kurz vor ihrem Praktikum stehen. „Wir waren aber auch schon in einer Schule für lernbehinderte Kinder“, sagt Regina Klein.
"Eine Linie am Tisch sieht appetitlicher aus"
Vier Wochen lang besuchten die beiden „Anstandsdamen“ ehrenamtlich jeden Mittwoch für zwei Schulstunden die Klasse 10 der Hauptschule Grillostraße. In diesem Jahrgang hätten die Jugendlichen das Praktikum zwar schon hinter sich, aber sie würden bald in eine wichtige Phase kommen: Beruf, bzw. weiterführende Schule.
Im ersten Block lernten die Schüler die richtige Begrüßung kennen. Schlüter: „Wie gibt man eine Hand? Welche ist die richtige Körperhaltung?“ Als nächstes waren Bekleidung, Rollenspiele (Chef - Angestellter) und schließlich Tischmanieren an der Reihe. Und die beginnen mit dem Tischdecken. In dieser Lektion lernten die Schüler auch die Faustregel mit dem Fingerbreit Abstand. „So hat man eine Linie am Tisch. Und das sieht appetitlicher aus“, sagt Petra Schlüter, die gemeinsam mit Regina Klein Esskultur, Kommunikation und Toleranz für unerlässliche Bausteine des Miteinanders halten. Die gehobenen Gastronomien, in denen sie ihre Kurse immer bewusst zu Ende gehen lassen, kommen ihnen „preislich sehr entgegen“.
Gemeinschaft und Vertrauen
Klassenlehrerin Elke Weiß ist bereits zum dritten Mal mit einer Klasse dabei. Zwar seien einige Schüler zu Beginn vorsichtig, aber sperren würde sich niemand. „Was die Schüler lernen, können sie später anwenden, auch im Privaten“, so Weiß. Die Schüler würden sich durch die Benimmkurse vertrauter.
Am Verhalten im Unterricht würde sich indes nichts ändern. „Ich wusste das alles schon vorher. Meine Familie hat mir das beigebracht“, versichert der 17-jährige Maseh. „Es hat aber der Klasse was gebracht.“ Giosue (18) schätzt am Benimmkurs besonders, dass die Klasse alles zusammen gemacht hat. Benimm ist wohl in...