Gelsenkirchen. Die Vorwürfe wiegen schwer. Ein 49 Jahre alter Anwalt ist wegen Untreue in 39 Fällen angeklagt. Die Verhandlung vor dem Amtsgericht Buer geht weiter. Dem Angeklagten droht eine mehrjährige Haftstrafe.

Die Vorwürfe wiegen schwer. Wegen Untreue in 39 Fällen zwischen 2007 und 2011 muss sich der Gelsenkirchener Rechtsanwalt N. vor dem Amtsgericht Buer verantworten. Sollte das Gericht von der Schuld des 49-Jährigen überzeugt sein, droht dem Anwalt eine mehrjährige Haftstrafe.

Mandanten hatten sich von dem Anwalt nach Verkehrsunfällen vertreten lassen. Die Versicherungen überwiesen nach der Schadensregulierung die Zahlungen jeweils an den Rechtsanwalt. Die Autobesitzer wunderten sich, dass das Geld angeblich nicht von der Versicherung geflossen war. Der einfache Grund: N. hatte die überwiesenen Summen nicht an seine Mandanten weitergeleitet. In einem anderen Fall beauftragte ein Mandant den Rechtsanwalt, Klage zu erheben. Den fälligen Vorschuss überwies der Kläger auch an N. Der aber erhob die Klage nicht und behielt das Geld.

Der 49-Jährige, der die Anklagevorwürfe einräumt, hatte einen Großteil seiner Mandanten immer wieder vertröstet. Er habe sich in seiner Arbeit überfordert gefühlt, gibt psychische Probleme als Grund für die Taten an. Das Gericht wollte sich ein Bild machen über den damaligen Zustand des Angeklagten und holte ein psychiatrisches Gutachten ein.

Bereits vor einigen Wochen wollte der Mediziner eine fachärztliche Stellungnahme vor Gericht abgeben. Der Anwalt des Angeklagten hatte jedoch vehement widersprochen, dass der Psychiater eine gutachterliche Stellungnahme allein auf Grund seiner Erkenntnisse aus der Hauptverhandlung abgibt. Für eine gutachterliche Beurteilung sei eine Exploration der Person unerlässlich. Die fand in der Zwischenzeit, nach der vierten Unterbrechung des Prozesses, auch statt. Im Gespräch mit Dr. Alfred Wehner, Facharzt für Psychiatrie, hatte der 49-Jährige Einblicke in seinen seelischen Zustand gegeben.

Einsichtsfähigkeit gestört

Er habe nach Differenzen mit seinem Kollegen ab 2004 die Kanzlei allein weitergeführt. Neben der erheblichen Überlastung habe ihn die Krankheit der kleinen Tochter und der Suizid einer Freundin der Familie mitgenommen. Er litt unter Schlafstörungen. Die hielt der Gutachter nicht für so ausgeprägt, dass sie seine Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt hätten. Es sei nicht im Geringsten zu erkennen, dass seine Einsichtsfähigkeit gestört gewesen sei. Aus psychiatrischer Sicht hält der Fachmediziner den Angeklagten für voll schuldfähig. Für den 27. April ist der nächste Termin vorgesehen. Bis dahin will sich der Verteidiger mit dem Gutachten befassen und auf Fragen vorbereiten.