Gelsenkirchen.

Wenn die Schüler der Lessing-Realschule den Schulhof längst verlassen haben, die meisten ihre Hausaufgaben lange erledigt haben dürften, gehen in dem Gebäude an der Grenzstraße noch einmal die Lichter an und es wird wieder fleißig gebüffelt. Denn nicht nur die Lessing-Realschule ist an der Grenzstraße zu Hause, auch die Abendrealschule hat ihren Sitz in Schalke.

Mechthild Benter ist seit 2010 Leiterin der Einrichtung des zweiten Bildungsweges, seit 2003 ist sie schon stellvertretende Schulleiterin. Dass die 55-jährige Münsteranerin an der Abendrealschule gelandet ist, war reiner Zufall. „Ich habe 1982 mein zweites Staatsexamen gemacht und das war der Jahrgang, der komplett nicht eingestellt worden ist“, sagt Benter. Erst Jahre später, als die Kinder größer waren, bemühte sie sich wieder um den Einstieg ins Berufsleben. „Ich habe mich 1996 bei der Landesregierung beworben und die Stelle an der Abendrealschule wurde mir angeboten“, erinnert sich Benter.

Es war ihre erste Begegnung mit einer Einrichtung des zweiten Bildungsweges und, wie sich schnell herausstellte, ein echter Glückstreffer. „Ich bin rundum glücklich und möchte es nicht mehr missen, für eine solche Schule zu arbeiten.“

Besonders stolze Absolventen

650 Studierende zählt die Abendrealschule im Schnitt. Die Fluktuation ist relativ hoch, aber diejenigen, die sich, oft neben der Tätigkeit in einem normalen Beschäftigungsverhältnis, durchbeißen, sind dafür umso stolzer auf ihre Leistung. „Das sehen wir oft bei den Abschlussfeiern, wenn die Studierenden mit großen Augen ihre Zeugnisse entgegennehmen und sich besonders herausputzen“, sagt die Schulleiterin und lacht.

Den Hauptschulabschluss nach Klasse neun oder zehn, die Fachoberschulreife und die Qualifikation fürs Gymnasium und Berufskolleg können Absolventen der Abendrealschule erreichen. 32 Lehrer kümmern sich in den Fächern Mathematik, Deutsch, Englisch, Geschichte, Physik, Biologie, Niederländisch, Französisch, Sport, Kunst, Erdkunde, Sozialwissenschaften und Informatik um die Belange der Wissbegierigen.

Neue Wege aufzeigen

Die reine fachliche Wissensvermittlung reicht aber bei weitem nicht aus. „Viele unserer Studierenden sind Bildungsbenachteiligte und haben auch im Privatleben Probleme, mit denen sie auch zu uns kommen“, weiß Benter, denn trotz Leitungsfunktion steht sie noch immer vor den Klassen und unterrichtet Mathe und Erdkunde. „Man darf den Bezug zum Schulalltag nicht verlieren.“ Und so gibt es zwei Mal pro Semester einen Beratungstag. „Wir sind ständig mit Schicksalen konfrontiert. Man muss sich auch als Lehrer auf das Anforderungsprofil einer solchen Einrichtung einlassen wollen“, erklärt die Schulleiterin.

Unterrichtet wird immer von 17.10 bis 22 Uhr und so kommt die Schulleiterin erst spät wieder in ihre Heimat Münster zurück. „Das macht aber nichts, denn es ist immer wieder unglaublich toll, junge Erwachsene, die keine Orientierung und Perspektive hatten, zum Schulabschluss zu führen und ihnen damit ganz neue Wege aufzeigen zu können.“