Mülheim. .
Deutsch, Naturwissenschaften, Bewegung, Gesundheit, Medien. Hausaufgaben, Klausuren, Examen. Was irgendwie nach Abi oder Studium klingt, kommt auf 21 Kinderpflegerinnen noch zum regulären Job hinzu.
Seit August 2008 heißt es für sie dreimal pro Woche: weiter zur Abendschule. Dort qualifizieren sie sich zur staatlich geprüften Erzieherin – die Änderungen durch das Kinderbildungsgesetz (Kibiz) machen es nötig.
„Das Ziel ist die bessere Qualifikation“, erklärt Silke Nocker, Bildungsgangkoordinatorin und Lehrerin für Sozialpädagogische Thematik und Praxis an der Fachschule für Sozialpädagogik am Berufskolleg Stadtmitte. Erreicht ist dieses Ziel für die Teilnehmerinnen, wenn alles gut geht, mit den Prüfungen im nächsten Jahr. Bis dahin heißt es weiter lernen und spielen, Neues ausprobieren und diskutieren – gern auch mal im Stuhlkreis. Schließlich soll die Ausbildung möglichst praxisnah sein.
„Wir nehmen die ein oder andere Spielidee gern mit zur Arbeit“, sagt Yvonne Brosche (26). Erklärt aber auch gleich, warum der Hintergrund der Weiterqualifizierung keinesfalls ein Spiel ist: „So haben wir in drei Jahren einfach bessere Chancen.“
Als geprüfte Erzieherin können die Frauen, zwischen 21 und 47 Jahren alt und mit Berufserfahrung von drei bis 19 Jahren, in deutlich mehr Bereichen arbeiten – etwa als Gruppenleiterin im Kindergarten, in Heimen, im Offenen Ganztag der Grundschulen, in der Ergo- oder Logotherapie. Zunächst einmal lautet allerdings das vorrangige Ziel: Erhalt des Arbeitsplatzes.
„Mit Kibiz sind die Anforderungen an die Kräfte in Kindertageseinrichtungen stark gestiegen“, erklärt Silke Nocker. So könne sich niemand wirklich sicher sein, dass der Job noch da sei, wenn 2013 die Übergangsfrist für Qualifizierungsmaßnahmen ausläuft, und damit auch die ersten Verträge. „Lieber Abendschule als Arbeitsamt“, da sind sich alle im Kurs einig.
Und vergessen dabei auch völlig, dass etwa Andrea Küperkoch (38) schon so einige Jahre länger im Beruf steht als Verena Rasche (21). Alle wollen sie auch weiterhin mit Kindern arbeiten. Und sich voll dafür einsetzen. „Wenn der Arbeitgeber Engagement und echtes Interesse am Beruf feststellt, ist das sicher schon ein gutes Zeichen“ – davon ist die Lehrerin überzeugt.
Wer dreimal pro Woche in die Abendschule kommt, will sich nicht von der Zukunft überraschen lassen – im Februar begann am Berufskolleg noch ein zweiter Erzieherinnen-Kurs. Ein positiver Nebeneffekt zum oft spielerischen Lernen: In der Abendschule können die Frauen eine Zeit lang ihre ungewisse Zukunft vergessen. Und im praktischen Unterrichtsteil mit großen Stoffpuppen und bunten Tüllbändern fast mal wieder Kind sein.