Gelsenkirchen. Standesamts-Leiter Achim Alfs erlaubt einen Blick hinter die Kulissen von Schloss Horst, wo das Standesamt seit 1999 beheimatet ist und zeigt auch die Archive, die bis 1902 zurückgehen.

Bürokratie kann so schön sein – manchmal zumindest. Ein Standesamt hat davon eine ganze Palette Facetten zu bieten. Von der Anmeldung eines Neugeborenen, über die Eheschließung bis hin zur Sterbeurkunde. In Gelsenkirchen ist in jedem Fall das Ambiente immer besonders schön, denn seit 1999 ist das Zuhause des Standesamtes Schloss Horst an der Turfstraße.

Achim Alfs ist seit 2007, als er aus dem Referat Kultur zum Standesamt wechselte, der Leiter und noch heute jeden Tag begeistert von seinem Arbeitsplatz. „Es gibt viele Städte, bei denen man eine Trauung in einer Burg oder einem Schloss vornehmen kann. Das geht dann aber nur zu bestimmten Terminen oder mit viel organisatorischem Aufwand. Bei uns ist Ambiente Standard“, sagt Alfs nicht ohne Stolz.

Aber Trauungen sind bei weitem nicht das einzige, was im Schloss Horst den Dienstalltag der zwölf Standesbeamten und sieben Angestellten bestimmt. Aufgeteilt sind sie in drei Teams. So gibt es neben dem Team „Eheschließungen“ auch die Experten für Geburt und Sterbefälle, sowie die Fachleute für alle Art von Dokumenten, die beim Standesamt anfallen (z.B. Adoptionen und Namensänderungen).

Ampel lässt die Nächsten zum Standesbeamten vor

Und so ist es schon etwas bizarr, dass neben den stolzen und freudestrahlenden Eltern von Neugeborenen nicht selten Bestatter sitzen und darauf warten, dass eine der kleinen Ampeln über den Dienstzimmern im Erdgeschoss des Turmes auf Grün umspringt und ein Standesbeamter den Nächsten hereinbittet. „Es kommt aber nur ganz selten vor, dass fröhliche Eltern neben trauernden Angehörigen im Wartebereich sitzen, weil in aller Regel die Bestatter damit beauftragt werden, die notwendigen Dokumente einzureichen“, erklärt Standesbeamtin Nina Redepennig.

Sie ist auch für alles rund um die Namensgebung von neuen kleinen Gelsenkirchenern zuständig. Abgelehnt hat sie bisher erst einen Namensvorschlag. „Da wollten Eltern einen gewöhnlichen Namen rückwärts schreiben. Das ging natürlich nicht.“ Für kritische Fragen gibt es ein Vornamensbuch und jede Menge Lektüre in Sachen ausländischer Vornamen. Königsblau spielt da auch eine Rolle. „Jermaine“ und „Raul“ waren in letzter Zeit ziemlich beliebt.

Mehr als 1000 Eheschließungen hat Ulrich Schleich schon vorgenommen, seit er 1984 seinen Dienst im Standesamt aufgenommen hat. Heute ist er der Experte in Sachen Dokumente. „Natürlich sind Trauungen das Schönste an dem Job. Der Charakter ist meist sehr feierlich. Die wirkliche Arbeit mit Prüfungen und Dokumenten ist ohnehin im Voraus schon gemacht“, erklärt Schleich.

Hochzeitsgesellschaft kam in Jogging-Anzügen

Und trotzdem kommt es zu unvorhergesehenen Momenten. „Man begrüßt die Brautleute und die Trauzeugen freuen sich besonders, weil sie sich erinnern, dass man auch sie schon getraut hat. Da muss man dann bei der Rede improvisieren.“ Aber vier unterschiedliche hat Schleich immer auf Lager, so dass ihn auch das nicht aus der Ruhe bringen kann. Auch eine Hochzeit, als die gesamte Gesellschaft zwecks Mottoparty in Jogging-Anzügen ins Trauzimmer kam raubte ihm nicht die Fassung.

Außerdem lagern in den oberen Etagen des Turms die Register für Geburten Eheschließungen und Sterbefälle. Manche gehen zurück bis ins Jahr 1902 und werden z.B. für Erbenermittlung noch immer gebraucht. Immer was los „auf Horst“.