Gelsenkirchen. Ein Fall – zwei Sichtweisen: Ein Hausbesitzer sorgt sich nach dem Auszug seiner Mieterin aus ihrer vermüllten Wohnung um das Wohlergehen ihrer Kinder. Dass Jugendamt hingegen kann “eine Gefährdung des Kindeswohls ausschließen“. Der Zustand der Räume lasse keinen Rückschluss auf auf eine Verwahrlosung der Kinder zu.

Herunter gekommene Möbelteile, dreckige Klamottenreste in allen Ecken, bemalte Wände. eine Matratze mit Brandlöchern und eine fast leere Küche, in der sich der Mensch nicht unbedingt ein Süppchen kochen möchte ... Wenn ihre Ex-Mieterin keine Kinder hätte, das Hausbesitzer-Ehepaar Recep und Ayten Eroglu hätte diesen knapp 60 Quadratmeter großen Saustall wahrscheinlich zähneknirschend wie stillschweigend gereinigt, saniert und dann versucht, die Wohnung neu zu vermieten.

Doch: Die Kinder seien häufiger krank gewesen, sagen die Eroglus. Und die arbeitslose Mutter hätte die Drei auch schon mal allein gelassen. Anfang 2011 habe die Ele das Gas abgestellt. Auch der Strom für die Wohnung sei zwischenzeitlich abgedreht gewesen. Mietrückstände reihen sich in die Aufzählung auch noch ein. Jetzt sorgt sich das Ehepaar allerdings, wie es sagt, in erster Linie um den Nachwuchs der Ex-Mieterin.

Recep Eroglu war in der vergangenen Woche beim Jugendamt. Mit dem „Erfolg“, dass er abends telefonisch – offensichtlich von einer Person aus dem Dunstkreis der Ex-Mieterin – bedroht wurde. Das werde nicht ohne Konsequenzen bleiben, habe eine verfremdete Stimme gesagt. Der Vermieter will sich indes nicht einschüchtern lassen. Vor Ort schilderte er der WAZ, was er schon alles entsorgt habe. Einfach „ekelhaft“ sagen er und Ehefrau Ayten unisono.

Jugendamt ist seit März in der Familie

Nach einem Anruf der WAZ bei Alfons Wissmann, städtischer Referatsleiter Erziehung und Bildung, fackelte dieser nicht lange und entsandte einen Jugendamtsmitarbeiter zur Wohnung an der Schalker Straße. Anhand der ihm anschließend vorgelegten Fotos könne er, so Wissmann, die Einschätzung allerdings nicht teilen, dass der Zustand der Räume den Rückschluss auf eine Verwahrlosung zulasse. Soll wohl heißen, dass man beim Jugendamt schon Schlimmeres gesehen hat. Wohnungen, die der Rubrik „Messie“ zugeordnet werden können.

„Wir können eine Gefährdung des Kindeswohls ausschließen“, sagte Wissmann zum konkreten Fall. Ja, man kenne die Familie und es gebe Probleme. Weshalb die Jugendschützer auch tätig geworden sind. Eine Mitarbeiterin des Jugendamts sei alle sechs Wochen in der Familie, eine sozialpädagogische Familienhilfe kümmere sich seit März dieses Jahres mehrere Stunden in der Woche um Kinder und Mutter. Aus der Kindertagesstätte und der Schule gebe es ebenfalls keinerlei Hinweise, die zur Sorge Anlass geben würden.