Gelsenkirchen.

Gibt man Ernst Otto Glasmeier in der Internet-Suchmaschine ein, landet man schnell auf den üblichen Branchenforen. Und bei der Kurz-Information: „Deutscher Architekt, tätig in Gelsenkirchen“. Heute wird Glasmeier 90 Jahre alt.

Der Zweizeiler wird dem Schaffen dieses Mannes kaum gerecht. Glasmeier hat das Bild der Stadt mitgeprägt, zusammen mit seinen frühen Partnern Hubert Halfmann und Egbert Drengwitz hat er Bauten kreiert und realisiert, die aus dem baulichen Einerlei herausragen. Die Liste ist lang: Für die AWO, die Sparkasse oder das Sozialwerk St. Georg, für ggw und Veba Wohnstätten wurde Glasmeier tätig, das Schalker Gymnasium und die Gerhart-Hauptmann-Realschule wurden nach seinen Entwürfen gebaut, die Wohnblöcke am Musiktheater hat er (mit Eising und Wittig) ebenso gestaltet wie den Klinkerbau an der Von-der-Recke-Straße.

Aktiv wie eh und jeh

Klar, licht und unprätentiös sind diese Gebäude angelegt. Glasmeiers Stil ist geprägt von niederländischer Baukunst und dem Ansinnen, auch auf kleiner Grundfläche Großes zu schaffen. Architekturpreise für etliche Entwürfe zeugen von fachlicher Anerkennung.

Sein Büro hat er längst geschlossen. Aber aktiv wie eh und je, sagen Bekannte, sei Glasmeier. Und auch diskussionsfreudig, ja streitbar. Sein Engagement ging immer über die Baukunst hinaus. Über zwei Wahlperioden hat Glasmeier für die SPD im Rat gesessen, sich in den 60er und 70er Jahren kommunal- und kulturpolitisch engagiert, lange war er auch lokaler Vorsitzender des Bundes Deutscher Architekten (BDA) und der Bezirksgruppe Ruhrgebiet.

Nach der Ausbildung in München und Aachen und Startjahren im Finanzbauwesen machte sich Ernst-Otto Glasmeier 1954 zusammen mit Halfmann und Drengwitz selbstständig. Wie der Essener Werner Ruhnau, der für das zeitlos schöne Musiktheater im Revier verantwortlich zeichnet, legte Glasmeier Wert auf die Integration von Bau und Kunst.

Familiäre Verbindung

Mit Ruhnau, dem damaligen Kulturdezernenten Hubert Lichte und anderen gehörte er zu einer Szene, „die Avantgarde war und es schaffte, das damals neureiche, etwas verschwitzte Gelsenkirchen für eine Weile an dem Herzschlagrhythmus der großen Welt teilnehmen zu lassen“, würdigte der BDA Glasmeier zum Achtzigsten und spekulierte: „Ohne diese Zeitgenossen hätten Uecker, Klein, Fluxus wohl nicht in Gelsenkirchen angedockt.“

Ernst Otto Glasmeier und die Kunst – das ist auch eine ganz besondere, familiäre Verbindung. Rolf, einer seiner beiden Söhne, zählt zu den bekanntesten Gelsenkirchener Künstlern. Für ihn baute der Vater ein Stadthaus an der Beckeradsdelle, das seine Vorstellungen von Architektur verkörpert. Dorthin zog Rolf Glasmeier von seiner Atelierwohnung an der Horster Straße 13, die eine Zeit lang Treffpunkt der internationalen Avantgarde war. 2003 ist der Künstler gestorben. Der Vater hat die Erinnerung an ihn an seiner alten Wirkungsstätte wach gehalten.