Gelsenkirchen. . „Lauf Inka, lauf!“ Vor allem in der zweiten Halbzeit, als die deutsche Mannschaft im Minutentakt auf das Tor der Nordamerikanerinnen stürmt, werden die Rufe lauter. Die Evangelische Apostel-Gemeinde Gelsenkirchen hatte zum Public Viewing eingeladen.

„Mit Abseits habe ich Schwierigkeiten“, gibt die 88-Jährige zu. „Dabei haben schon alle versucht, mir das beizubringen.“ Die Fußball-Omi, die partout ihren Namen nicht verraten will, ansonsten aber gerne Auskunft gibt, ist am Sonntagabend eine von rund 40 mitfiebernden Zuschauern beim Public Viewing zur Frauenfußball-WM im Gemeindehaus der Evangelischen Apostel-Gemeinde in Bismarck. Das Spiel gegen die kanadische Elf gewannen die deutschen Frauen bekanntlich 2:1.

„Lauf, Inka, lauf!“ - vor allem in der zweiten Halbzeit, als die deutsche Mannschaft im Minutentakt auf das Tor der Nordamerikanerinnen stürmt, werden die Rufe in dem kleinen Saal und auf der angeschlossenen Terrasse lauter. Als Kerstin Garefrekes in der 66. Minute eine Groß-Chance vergibt und den Ball vor dem Tor frei stehend drübersemmelt, raunen die Zuschauer laut „Neiiiiiin!“, schlagen sich vor die Stirn oder hauen empört mit der Hand auf den Tisch. Auch Frauen werden solche Fehler nicht verziehen. Nicht, wenn es um Fußball geht.

Schon als die deutschen Männer 2006, 2008 und 2010 um die Welt- und den Europameister-Titel kickten, hatte die Gemeinde zum Rudelgucken eingeladen. Damals kamen zwar doppelt so viele Leute zum Grieseplatz, aber das tut der Stimmung am Sonntag keinen Abbruch. Wirklich jede Generation ist vertreten. Einen Unterschied zwischen Frauen- und Herren-WM scheint hier niemand zu machen. Die Hälfte der Zuschauer, die gebannt auf die Leinwand schauen, sind Frauen, die andere Hälfte Männer.

Der Saal ist mit National-Wimpeln (Überbleibsel der WM) geschmückt, auf den Tischen liegen Fußball-Servietten und fast jeder zweite ist in ein Deutschland-Shirt geschlüpft. Und sogar ein Hund ist in WM-Laune: Jack-Russell-Mischling Stella trägt ein National-Halstuch auf dem Fell.

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Pfarrer Norbert Deka gefällt Frauenfußball besser als Männerfußball: „Ich finde, die Frauen spielen klarer und ruppen nicht so.“ Das Vorurteil, dass die Damen langsamer spielen als die Herren, kann er nicht bestätigen. Mit Blick auf die 2:0-Führung sagt auch die Fußball-Omi: „Da sieht man, dass die Frauen auch was können.“

Als wahre Fußball-Expertin entpuppt sich ihre Tisch-Nachbarin Anne (83): „Wir haben ja noch nie gegen Kanada verloren, habe ich gelesen. Ob ein Unentschieden dabei war, kann ich allerdings nicht sagen.“ Warum sie nicht zu Hause schaut? „Hier kann man sich entladen, hier kann man ein Wort sagen. Das ist doch spannend“, sagt Anne und schlägt sich auf den Schenkel.

Als die Kanadierinnen den Anschlusstreffer erzielen, gibt es auch jemanden, der sich leise freut: Henrike (10) hat das Endergebnis richtig getippt. Als Preis gibt’s einen Fußball. Und den probiert sie mit ihren Freundinnen Inken (10) und Alessa (9) sofort aus. Von Jungs keine Spur...