Gelsenkirchen.
Seit 1948 unterhält Gelsenkirchen eine Städtepartnerschaft mit Newcastle im Nordosten Englands. WAZ-Mitarbeiter Sebastian Konopka war einen Tag lang in der Partnerstadt an der Tyne unterwegs.
Morgens, halb zehn in Newcastle. Sollte der Brite beim zweiten Frühstück zur Schoko-Waffel greifen, tut er das im stillen Kämmerlein. Die Straßen sind am Morgen auf jeden Fall menschenleer. In den Cafés greifen eine handvoll Gäste zum Milchkaffee (von wegen Tee!), vor der jede Minute öffnenden Bank of Scotland hat sich schon eine kleine Schlange gebildet.
Der Autoverkehr ist allerdings schon beachtlich. Ungeachtet aller Geschwindigkeitsregeln fegen die Wagen über die Straße – linksseitig versteht sich. Nicht nur deshalb gut, dass an so ziemlich jeder Ecke eine Fußgängerampel steht, ordentlich ausgestattet mit Anforderungsbuttons. Obwohl dann an den meisten Lichtzeichen ein gut erkennbares „Wait“ blinkt, bis die Ampel auf Grün springt, wird das seitens der Einheimischen wohl eher als dezenter Hinweis gewertet. Kaum sind zwischen zwei Stoßstangen mal ein paar Meter Platz, stürmen die „Pedestrians“ über die Fahrbahn.
Altmodischer Bahnhof im viktorianischen Stil
Erster Halt des Rundgangs durch Gelsenkirchens Partnerstadt im Nordosten Englands ist der Hauptbahnhof. Der kommt abgesehen von den modernen Drehkreuzen am Eingang ausgesprochen altmodisch daher: Im viktorianischen Stil erheben sich dicke Steinmauern, die Fußgängerbrücke über die Gleise ist gar aus Holz gefertigt. Kein Vergleich zum neuen Bahnhofscenter in der Gelsenkirchener City. Und noch eine Besonderheit: Im Gegensatz zu anderen Bahnhöfen verlaufen die Gleise halbrund durch das mächtige Gebäude.
Ein Tag in Newcastle
Innenstadt. Direkt vor Grey’s Monument zu Ehren des britischen Premierministers von 1830 bis 1834 erhebt sich stolz das Theatre Royale. Zwischen den dicken Säulen hängen Banner des aktuellen Programms: Robin Hood wird gehuldigt. Gut, keine Anatevka, aber bestimmt lustig.
Und was ist mit Fußball? Da ist doch dieser Verein, der so sympathisch seit Jahren das stadteigene Bräu bewirbt. Richtig. Und direkt neben dem Eingang zur Monument Shopping Mall findet sich dann auch die Fan-Boutique, in der sich beim Ausverkauf die Anhängerschaft kostengünstig mit Devotionalien eindecken kann. Es gibt alles vom Schlüsselanhänger bis zum kompletten Mannschaftsoutfit. Der Tourist schlägt bei der schwarzen Krawatte mit dem Vereinslogo zu. 4,95 Pfund? Ein Schnäppchen.
Dialekt ist nicht immer einfach zu verstehen
Beim Bezahlen wird dann klar, dass man manchmal weder für die Schule noch für das Leben gelernt hat. Nach dem Weg zum Stadion gefragt, gibt die Verkäuferin eine zwar sicherlich detaillierte, aber leider im schlimmsten Geordie-Dialekt abgefasste Route preis. Das stand so nicht im Langenscheidt.
Aber dank der an jeder Ecke aufgestellten Wegweiser durch die Stadt an der Tyne findet auch der Ortsunkundige dann doch noch den St. James Park, in dem die Kicker von Newcastle das Leder bearbeiten. Trotz „Englischer Woche“ ist heute spielfrei, aber die Vorbereitungen für das Match gegen Manchester United am Montag laufen auf Hochtouren. Fässerweise wird das bereits erwähnte Newcastle Brown Ale ins Stadion gerollt. Glücklicherweise hatte es der Lieferant nicht so weit; das Stadion liegt direkt in der Innenstadt zwischen Pubs, Wohnhäusern, Bürogebäuden und einer Außenstelle der Universität. Und: Das Dach ist intakt.
Erlebnisse im Pub
Langsam wird es Zeit für eine Stärkung. Ab in den Pub, und ein zünftiges englisches Mittagessen bestellt: Chicken Tikka Massala und Fish’n’Chips. Am Nachbartisch sitzen deutsche Touristen mit leichten Sprachproblemen. Sie: „Frag’ doch mal, ob es Fisch’n’Chips auch mit Pommes gibt.“ Er: „Kann ich nicht. Ich weiß nicht was Pommes heißt.“
An der Theke kommt man dann noch mit Fotograf Frank ins Gespräch, dem die Kamera des Besuchs aus der Partnerstadt aufgefallen ist. Und siehe da: Der Rentner spricht fließend deutsch, schließlich hat er jahrelang in Frankfurt Jazz gespielt.
So klein ist die Welt.