Gelsenkirchen-Bismarck. Kanuten schlagen sich mit Müllbergen herum: Letztes „Hickhack“ um Zuständigkeiten dauerte Wochen. Verzweifelter Club versucht nun diese Lösung.
Nur die vereinseigenen Bienen dürften öfter zu Gast sein im Kanu-Club Gelsenkirchen als Peter Lindtner. Zwischen der preisgekrönten „Grimberger Sichel“ und dem Vorzeigequartier Graf Bismarck mit seinen Luxus-Lofts, Eigenheimen und bald auch einem schicken Hotel an der Marina, hat der Verein sein Domizil direkt am Rhein-Herne-Kanal. Hier verbringt der Wanderwart viel Zeit am und auf dem Wasser. Ein Wohlfühlort – wenn Peter Lindtner und die anderen Vereinsmitglieder sich nicht ständig mit hässlichen Müllbergen herumschlagen müssten, die nachts und in aller Heimlichkeit irgendjemand den Wassersportlern praktisch vor die Haustür kippt.
Gelsenkirchener Kanu-Club: Gelände im Schutzgebiet wird zur illegalen Mülldeponie
Viermal haben Umweltsünder den Club seit Jahresbeginn heimgesucht. Ende Januar waren es vorwiegend alte Glasfenster, Farbe und Türen, die das Grün rechts und links der Zufahrt zu Vereinsgelände im Landschaftsschutzgebiet übel verschandelten. Anfang April kamen jede Menge Sperrmüll und Altreifen hinzu. Von denen gab’s just dieser Tage noch einen großen Nachschlag, sodass sich jetzt ein „ganzer Berg abgenutzter Gummis“ an der Münsterstraße 38 auftürmt.
Lindtner hat schon oft Alarm geschlagen, den Behörden Willen und Mut abgesprochen, die Täter auch wirklich erwischen zu wollen. Dieses Mal bringt den Gelsenkirchener die „schier endlos lange Bearbeitungszeit“ und „das Hickhack um Zuständigkeiten“ auf die Palme. Wie viele andere Bürger nutzt der Wassersportler die „City App“ mit integriertem Mängelmelder, die die Nachrichten direkt an Gelsendienste weiterleitet. Trotzdem hat es sehr lange gedauert, bis fleißige Hände begannen, die Abfallberge nach seinem App-Hinweis Ende Januar abzutragen. „Genauer gesagt: zehn Wochen“, klagt Lindtner.
Der städtische Entsorgungsbetrieb hat sich der Sache nach Aussage von Sprecher Tobias Heyne auch angenommen, musste aber feststellen, dass Grund und Boden dem Land NRW gehören, genauer gesagt, dass der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB) für dieses ansonsten so schöne Fleckchen Gelsenkirchen zuständig ist. „Wir haben direkt nach der Meldung von Herrn Lindtner Kontakt dorthin aufgenommen. Bedauerlicherweise hat sich die weitere Klärung der dortigen Zuständigkeit verzögert“, sagt der Sprecher. Und: Gelsendienste musste nach Begehung der Örtlichkeit auch Tage später noch feststellen, dass sich nichts getan hatte und den BLB ein zweites Mal zur Beseitigung des Mülls auffordern.
Lindtner erkennt dies an, er hat aber wenig Verständnis für „diese wochenlange Hinhaltetaktik“. Da werfe einer dem anderen den Ball zu und wieder zurück. „Warum geht so etwas über den kurzen Dienstweg nicht schneller, Behörden und Ämter kennen sich doch und auch den Beritt des jeweils anderen?“, fragt der Gelsenkirchener. Immerhin handele es sich um ein hartnäckig wiederkehrendes Problem. Eine Antwort darauf haben weder er noch diese Zeitung bekommen. Der BLB teilte mit, dass es sich „tatsächlich um die erste Anfrage zu diesem Thema“ handele. Erst nächste Woche könne man daher eine Rückmeldung geben.
Polizeistreifen rund um Gelsenkirchener Kanu-Club, Deponie und Münsterstraße bislang ohne Erfolg
Der Polizei sind Abfallablagestellen rund um das Gebiet am Rhein-Herne-Kanal, an der Münsterstraße oder am Emscherradweg bekannt. Der Behörde zufolge ist es „seit April 2023 wiederholt zu Meldungen zu Umweltdelikten gekommen, denen wir umgehend nachgegangen sind.“ Zuständigkeitshalber seien diese an die Stadt weitergegeben worden. Bei wiederholten „Streifen“ seien allerdings keine Feststellungen gemacht worden. „Wir werden neuralgische Punkte im Stadtgebiet noch intensiver im Auge behalten“, kündigte das Präsidium aber an.
Eine Kameraüberwachung des öffentlichen Raumes scheitert am (Datenschutz-)Gesetz und an der Hürde, dass sich solche Stellen dafür als „kriminogene Orte“ hervortun müssen – heißt: dort müssen oft viel schwerere Straftaten passieren. Lindtner zufolge denkt der Wassersportverein über die Anbringung von Wildtierkameras auf dem weitläufigen Gelände mit den Bienenstöcken nach. Ob diese Aufnahmen als Beweismittel eingebracht und zugelassen werden, entscheiden im Einzelfall die zuständigen Staatsanwaltschaften und Gerichte.
Lindtners vage Hoffnung: Vielleicht nehmen die Geräte bei der Insektenbeobachtung noch andere dicke Brummer auf. Nicht mit Honig im Gepäck, sondern mit Müll.