Gelsenkirchen. Ein Förderprogramm des Bundes soll vor allem Schulen mit benachteiligter Schülerschaft zugute kommen. Womit Gelsenkirchen rechnen kann.
Es ist ein ziemlich dickes Osterei, das die Bundesregierung gezielt Schulen mit sozial benachteiligter Schülerschaft ins Nest gelegt hat: knapp 97 Millionen Euro pro Jahr dürfen NRW-Kommunen in den nächsten zehn Jahren aus dem Startchancenpaket des Bundes allein in ein zeitgemäßes, gutes Lernumfeld, also Räume und Schulgebäude, investieren.
Und da der Maßstab für die Verteilung dieses Mal tatsächlich allein die Zahl der bedürftigen Schulen ist, dürfte Gelsenkirchen einen stattlichen Anteil abbekommen. Gefördert werden sollen Grundschulen in den Sozialindexstufen 6 bis 9 und weiterführende Schulen der Stufen 7 bis 9. Das betrifft in Gelsenkirchen allein 36 Schulen. In die Förderung einbezogen werden sollen zudem die Ausbildungsvorbereitungsklassen der Berufskollegs und Förderschulen, für die kein Index errechnet wurde.
Schulsozialindex als einziges Kriterium statt Verteilung nach Gießkannenprinzip
70 Prozent der Förderung für Investitionen in ein zeitgemäßes Lernumfeld übernimmt der Bund, 30 Prozent sollen von Land und Gemeinden kommen. Das Geld darf zeitlich binnen zehn Jahre beliebig aufgeteilt werden, bei Bedarf also auch ohne Verluste überwiegend erst gegen Ende der Frist eingesetzt werden. Wieviel Geld wirklich konkret nach Gelsenkirchen fließen wird, ist aktuell offen. Sicher ist nur: Es wird nicht wenig sein. Denn der alleinige Maßstab in NRW ist der neue Schulsozialindex. Und demnach ist Gelsenkirchen ganz besonders förderfähig, besser gesagt: bedürftig.
Wie sich das Land an den 30 Prozent jenseits der Bundesförderung beteiligen wird, ist noch ungeklärt. Im Startchancengesetz heißt es: „Die Länder prüfen Optionen, die auch schwachen Kommune die Teilnahme ermöglichen“, zitiert Gelsenkirchens Bildungsdezernentin Anne Heselhaus. Konkrete Ansagen der Landesregierung beziehungsweise des Ministeriums dazu gibt es noch nicht. Woher eine Stadt wie Gelsenkirchen allerdings alleine die zusätzlichen Millionen Euro nehmen soll, die Voraussetzung für die Förderung sind, steht in den Sternen.
Neben diesem Investitions-Anteil gibt es zwei weitere Fördersäulen über das Gesetz von Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger: Das „Herzstück“, wie Anne Heselhaus es nennt, sind Finanzhilfen des Bundes für die Unterrichtsentwicklung in Gelsenkirchen, ein Chancen-Budget mit pädagogischer und systemischer Beratung. Dabei soll es vor allem um die Förderung der Basiskompetenzen in den Fächern Deutsch und Mathematik gehen, bei denen Studien gerade in NRW zuletzt große Defizite bei Schülern dokumentierten.
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Finanzielle Unterstützung gibt es zudem für den Ausbau multiprofessioneller Teams an den förderfähigen Schulen, also mehr Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Psychologen und Ergotherapeuten zum Beispiel. Insgesamt eine Milliarde Euro jeweils von Bund und Land über die zehn Jahre verteilt sind für diese beiden Säulen vorgesehen. Wieviel davon in NRW und in Gelsenkirchen ankommt, ist noch unklar. Auch hier ist die Frage, welchen Finanzierungsanteil letztlich die Kommune übernehmen muss.
Anteil extrem belasteter Schulen doppelt so hoch wie in anderen NRW-Kommunen
920 Schulen erfüllen in NRW die Förderkriterien, 36 sind es in Gelsenkirchen, plus förderfähige Förderschulen und Berufsvorbereitung an Berufkollegs. Die Zuteilung der Gelder soll in zwei Etappen erfolgen: Die ersten 400 Schulen sollen bereits ab Sommer 2024 bedacht werden, die übrigen ab 2025. Wie hoch der Anteil Gelsenkirchener Schulen mit einer Schülerschaft, die besonders armutsgefährdet ist und/oder einen Migrationshintergrund aufweist, im Verhältnis zu anderen Städten ist, zeigt der prozentuale Anteil der als hochbelastet eingestuften Schulen: Insgesamt stellt Gelsenkirchen nur gut 1,6 Prozent aller Schulen in NRW. Bei den als besonders belasteten Schulen aber liegt der Anteil bei fast vier Prozent.
In den nächsten Tagen hofft die Dezernentin auf konkretere Aussagen von der oberen Schulaufsicht zu den Schulen in Gelsenkirchen, die bereits ab dem neuen Schuljahr mit Unterstützung rechnen können. Den Kommunen wurde vom Ministerium ein „transparenter Auswahlprozess“ versprochen. Inwieweit die Stadt als Schulträger bei der Priorisierung ein Mitspracherecht hat, ist nicht eindeutig formuliert.