Gelsenkirchen. Im Stadtrat Gelsenkirchen startete es nach der turbulenten Sitzung im Februar durchaus gemäßigter. Verbal zurückgehalten wurde sich aber nicht.

Nach der turbulenten Ratssitzung im Februar, bei der es fast zu einer körperlichen Auseinandersetzung kam, hat sich der Rat der Stadt in einer (zumindest in den ersten Stunden) wesentlich ruhigeren Sitzung am Donnerstag (21. März) eine neue Geschäftsordnung gegeben. Aufgrund von technischen Störungen wurde die Debatte nicht live im Internet ausgestrahlt.

Die neue Geschäftsordnung regelt im Kern eine Verkürzung der Redezeiten sowie eine Verschlankung der Tagesordnung. Den Antrag hatten die Fraktionen von SPD, CDU, Grünen und FDP bereits vor der letzten Ratssitzung ausgearbeitet, in den letzten Wochen passierte er alle Gremien, Linke, AfD und WIN votierten jetzt dagegen.

„Sprechen Sie doch einfach kürzer!“ - Appell zur neuen Geschäftsordnung des Gelsenkirchener Rats

Für die antragstellenden Fraktionen ist die neue Geschäftsordnung ein „moderater Weg“ (Peter Tertocha, Grüne), um die langen Sitzungen in Gelsenkirchen „planbarer zu machen“ (Sascha Kurth, CDU), die „Vereinbarkeit von beruflicher Tätigkeit und Ausübung des politischen Mandats“ (Axel Barton, SPD) zu verbessern und der „Profilierungssucht einiger Stadtverordneter“ (Susanne Cichos, FDP) weniger Raum zu geben.

Die geplanten Änderungen unter dem Label Demokratieförderung zu verkaufen, verhöhne das Parlament, argumentierte dagegen Linken-Fraktionschef Gatzemeier. AfD-Fraktionschef Jan Preuß bezeichnete den Antrag gar als „Anschlag auf die Demokratie“ und „Vorwand, um unbequeme Stimmen zu unterdrücken.“ Dieser sei in einem „Geheimtreffen“ ausgearbeitet worden. Peter Tertocha dagegen betonte, es habe sich lediglich um ein „interfraktionelles Treffen“ gehandelt. „Das sind doch keine Geheimtreffen, in welcher Welt leben Sie eigentlich?“

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Dass eine Verkürzung der Redezeit am Ende nur bedeute, seinen Standpunkt etwas knackiger auf den Punkt bringen zu müssen, betonten dagegen die Satiriker der „PARTEI“. „Die meisten Reden hören sich hier an wie dreiseitige Wikipedia-Artikel“, argumentierte Ratsmitglied Gregor Stein, nicht ohne zur Veranschaulichung vorher selbst Teile eines Wikipedia-Artikels vorzutragen. „Sprechen Sie doch einfach kürzer!“

Nach Eklat: Rat der Stadt Gelsenkirchen stimmt für erneuten Ausschluss von Ali-Riza Akyol

Bevor über die neue Geschäftsordnung diskutiert wurde, galt es zunächst zu entscheiden, ob Ali-Riza Akyol, Fraktionsgeschäftsführer der WIN-Fraktion, nach seinem Ausschluss während der letzten Sitzung tatsächlich auch von der aktuellen Sitzung ausgeschlossen werden sollte. Wie die WAZ berichtete, hatte dies die Stadtverwaltung vorgeschlagen, weil sich Akyol bei der Sitzung im Februar respektlos gegenüber Oberbürgermeisterin Karin Welge geäußert und sich fast eine körperliche Auseinandersetzung mit CDU-Chef Sascha Kurth geleistet hatte. Während Akyol die Sitzung von der Zuschauerloge aus verfolgte und seine WIN-Fraktion lediglich durch Gökhan Yilmaz repräsentiert wurde, stimmte der Rat mehrheitlich für seinen erneuten Ausschluss.

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Einverstanden waren damit aber nicht alle. Bettina Peipe von den Linken etwa meinte, dass Akyol von der Verwaltung als „einziger bad guy“ dargestellt werde, auch das Verhalten von CDU-Mitgliedern sei nicht angemessen gewesen. CDU-Chef Sascha Kurth, der im Februar fast in eine Auseinandersetzung mit Akyol geriet, billigte ihm zu, „für Themen zu brennen“, die Emotionalität dürfe jedoch nicht in die falsche Bahn geraten. „Die Debatte darf nicht ins Aggressive, ins Persönliche umschlagen“, appellierte Kurth. „Wir hoffen, dass die Eskalationsspirale jetzt im Keim erstickt wird.“