Gelsenkirchen. Im Gelsenkirchener Rat kochen abermals die Emotionen hoch, es kommt fast zu einer Schlägerei, und zum Ausschluss eines Politikers. Ein Tiefpunkt.

Einmal mehr kochen die Emotionen im Rat der Stadt Gelsenkirchen hoch. Einmal mehr geht es dabei aber in erster Linie um persönliche Befindlichkeiten, um Egos, den Umgang der gewählten Volksvertreter miteinander bzw. gegeneinander, und nicht um Inhalte. Dabei gibt es freilich mehr als genug Themen in Gelsenkirchen, über die es sich sachlich zu streiten lohnt.

Doch seit der Zusammensetzung dieses Rates nach der letzten Kommunalwahl bietet dieses Gremium einen Tiefpunkt nach dem anderen. Und immer wenn man dachte, peinlicher geht’s nicht, wurde es beim nächsten Mal noch unwürdiger. Jetzt gipfelte das Trauerspiel sogar beinahe in einer Schlägerei, in verbalen Entgleisungen und dem Rauswurf des Stadtverordneten Ali Riza Akyol.

Zuvor kochten die Emotionen im Rat nicht etwa bei einem Thema hoch, das für die Bürger Gelsenkirchens von Belang gewesen wäre. Es ging nicht etwa um ein neues Einzelhandelskonzept, um die massiven Probleme, mit denen Gelsenkirchen zweifelsohne konfrontiert ist, es ging mal wieder um eine „Resolution“ - in diesem Fall um die sogenannte Trierer Erklärung des Deutschen Städtetags.

 „Immer wenn man dachte, peinlicher geht’s nicht, wurde es beim nächsten Mal noch unwürdiger“, sagt Sinan Sat, Redaktionsleiter der WAZ Gelsenkirchen, zu den Ratsdebatten in Gelsenkirchen.
 „Immer wenn man dachte, peinlicher geht’s nicht, wurde es beim nächsten Mal noch unwürdiger“, sagt Sinan Sat, Redaktionsleiter der WAZ Gelsenkirchen, zu den Ratsdebatten in Gelsenkirchen. © funkegrafik nrw | Selina Sielaff

Darin Resolutionen zu allen möglichen Themen in der Welt zu verabschieden, sind die Fraktionen im Gelsenkirchener Stadtrat ganz groß. Ohne Zweifel handelt es sich dabei in der Regel um wichtige nationale oder globale Ereignisse, zu denen die Stadtverordneten dort Stellung beziehen, wie auch in dem Konsens gegen Rechtsextremismus. Doch inwiefern sich durch die stundenlang debattierten Resolutionen im Hans-Sachs-Haus irgendwas in der Welt, und vor allem in der Stadt, ändert, bleibt das Geheimnis dieses Stadtrates, der auch sonst schwer zu ertragen ist. Das verhehlt hinter vorgehaltener Hand auch kaum ein Stadtverordneter.

Parallelen zwischen Gelsenkirchener Stadtrat und FC Schalke 04

Bei dem Gelsenkirchener Schmierentheater spielen von Anfang diverse Akteure eine besondere Rolle. Da ist zum einen die AfD, die die Regeln des Rates mit immer wieder neuen Einfällen ausreizt und die Sitzungen damit quälend in die Länge zieht. Da ist der temperamentvolle Ali Riza Akyol (WIN), der sich schon lange eine Art Privatfehde mit Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) zu liefern scheint, da sind die kleineren Gruppen ganz links im politischen Spektrum, die gern im Rathaus die große Weltpolitik verhandeln wollen, und die größeren Fraktionen von SPD, CDU, Grünen sowie der FDP, die so oft über jedes Stöckchen gesprungen sind, das ihnen als Provokation hingehalten wurde, sodass sich bereits so viele Sitzungen bis in die Nacht gezogen haben, wobei viel gestritten und nicht allzu viel bewegt wurde.

Dass die Nerven der Stadtverordneten bisweilen schon vor Beginn einer jeden Ratssitzung angespannt sind und ein kleines Wortgefecht wie in diesem Fall reicht, um die Emotionen überkochen zu lassen, überrascht eigentlich nicht weiter. Die Ratssitzungen in Gelsenkirchen haben zunehmend Ähnlichkeit mit den Spielen des FC Schalke 04 - immer wenn man denkt, schlimmer geht es nicht, wird man eines Schlechteren belehrt.