Gelsenkirchen. Für Christiane Pohlig ähnelt das Schalker in Gelsenkirchen ihrem bisherigen Gymnasium in Dortmund sehr. Was die neue Schulleiterin hier vorhat.
Christiane Pohlig kommt aus der Stadt, deren Namen man in Gelsenkirchen nicht so gern ausspricht: aus Dortmund. Dass sie ausgerechnet am Schalker Gymnasium die Leitung übernimmt, ist für sie überhaupt kein Widerspruch. „Ich habe in Dortmund 23 Jahre lang am Heisenberg-Gymnasium unterrichtet, habe dort den Bereich individuelle Förderung geleitet. Die Situation am Schalker Gymnasium und auch das Umfeld ist der an meiner alten Schule sehr ähnlich, auch die Schülerinnen und Schüler und die Eltern“, versichert die 51-Jährige Mutter eines 16-jährigen Sohnes.
Besonders wichtig war ihr bei der Entscheidung, sich für dieses älteste Gymnasium der Stadt (gegründet 1876) zu bewerben, dass hier schon lange Gemeinsames Lernen und individuelle Förderung eine große Rolle spielen. Für ein Gymnasium eine Besonderheit. Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal des Schalker Gymnasiums ist der Verbleib im G9-Betrieb als Modellversuch, der dazu führt, dass es nun das einzige Gymnasium ist, das nicht die Rolle rückwärts antreten und Lehrpläne erneut umstellen muss.
Individuelle Förderung als klarer Schwerpunkt
Seit August ist Pohlig als neue Leiterin vor Ort, hat seither mit allen aus dem Kollegium Einzelgespräche geführt, sich in allen Klassen und bei allen Elternpflegschaftssitzungen vorgestellt. Trotz vieler Leitungs-verpflichtungen war ihr wichtig, auch selbst weiter unterrichten zu können. Das tut sie nun in einer fünften Klasse, der „a“, die am Schalker die Klasse mit Gemeinsamem Lernen ist. In der Regel läuft dieser Unterricht in Doppelbesetzung. Stärken sehen und fördern statt Defizite zu suchen – das ist ihr Ansatz. Um diesen voranzutreiben, hat sie auch Kontakt mit dem Talentzentrum zwecks Kooperation aufgenommen.
Die Stimmung am Schalker Gymnasium empfinde sie als sehr positiv. „Die Schülerinnen und Schüler grüßen, sie klopfen, wenn sie ins Sekretariat kommen. Das Miteinander ist allgemein sehr von Regeln mitgetragen und das ist auch wichtig fürs Sicherheitsgefühl“, erklärt Pohlig. „Ich habe allen gesagt: Meine Tür steht immer auf, jeder kann zu mir kommen. Ich möchte so transparent wie möglich kommunizieren“, erläutert sie ihren Leitungsstil.
Schüler lernen, Gefühle in Worte zu fassen, um Konflikte gewaltfrei zu lösen
An der Wand ihres Büros hängt ein großes Plakat mit Tipps zum Aufbau von Resilienz. Das Wohlergehen der Kolleginnen und Kollegen liegt ihr am Herzen. „Ich habe ein sehr junges, engagiertes und sehr digital-affines Team“ freut sie sich über die Arbeitsbedingungen. Soziales Lernen soll an ihrer Schule über den Unterricht hinausgehen. In den fünften Klassen wird mit dem Bensberger Modell gearbeitet, einem Herzenskreis, bei dem geübt wird, Gefühle in Worte zu fassen. „Das ist ein wichtiger Baustein, um Konflikte gewaltfrei lösen zu können. Gerade jetzt“, betont sie. Wer seine Wut und die Gründe dafür in Worte fassen kann, sei in der Lage, Konflikte auch mit Worten zu lösen oder zumindest deeskalieren, so die Idee.
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Was sie nicht beklagt, bei der Arbeit aber dennoch fehlt, sind Differenzierungsräume für die individuelle Förderung. Seit 2017 ist deren Einrichtung vom Rat beschlossen, wegen mangelnder Baukapazitäten aber bis heute nicht ausgebaut. Immerhin sind Turnhalle und (fast auch) Schulhof fertig saniert.
Bei der Kulturnacht öffnet die Schule sich erstmals in den Stadtteil
Neben dem sozialen Lernen hat das Schalker bislang kein spezielles Profil. Ob und – falls ja – wie sich das ändern soll, will sie in der nächsten Zeit mit ihrem Team besprechen. Sicher ist, dass auch kulturelle Bildung ein Schwerpunkt bleiben soll. In dem Rahmen ist zum Schuljahresende eine Kunst- und Kulturnacht an der Schule geplant, zu der auch die Menschen aus dem Stadtteil eingeladen sind. Unter dem Motto „Nacht Blau“ sollen in dem Rahmen künftig alle zwei Jahre thematisch gebündelte Ergebnisse einer Projektwoche präsentiert werden bei einer gemeinsamen Feiernacht. Das Motto bei der Premiere am 3. Juli 2024 lautet im Europameisterschaftsjahr nicht ganz zufällig „Anstoß“. Allerdings geht es nicht nur um Fußball, sondern auch Theater, Performances, Filme, Musik und mehr rund ums Thema Anstoß.
Der Tag der offenen Tür für interessierte Viertklässler und deren Eltern läuft am Schalker Gymnasium diesmal am 25. November von 9 bis 13 Uhr.