Gelsenkirchen. Es sieht so aus, als ob es in wenigen Wochen keine E-Scooter zum Leihen mehr in Gelsenkirchen gibt. Die Fronten sind verhärtet: Darum geht es.
Seit 2019 fahren sie durch Gelsenkirchen – und sie polarisieren: Für die einen sind sie ein praktisches Verkehrsmittel für den kurzen Weg, für die anderen ein ärgerliches Hindernis und potenziell gefährlich. Die Rede ist von E-Scootern, die man mieten kann. Deren Zeit in Gelsenkirchen könnte allerdings in wenigen Wochen abgelaufen sein.
Das bekräftigte Hans-Joachim Olbering, Leiter des städtischen Ordnungsreferats, jetzt noch einmal im Verkehrsausschuss. Hintergrund ist eine Auseinandersetzung zwischen der Stadt Gelsenkirchen und den beiden im Stadtgebiet tätigen Anbietern der E-Scooter, den Firmen Tier und Bolt. Die Stadt verlangt nämlich von den Anbietern, die Fahrzeuge nur Kunden zur Verfügung zu stellen, die zuvor einmalig ihren Personalausweis oder Führerschein hochgeladen haben, deren Identität also den Verleihern bekannt ist. Die beiden Firmen wehren sich allerdings dagegen.
Stadt Gelsenkirchen will Identität der Nutzer feststellen
Für die Stadt geht es nach Aussage von Olbering schlicht um mehr Sicherheit. In der Praxis käme es nämlich viel zu oft vor, dass Personen Schindluder mit den E-Scootern trieben: Immer wieder kommt es zu teils schweren Unfällen mit den Rollern. Im Mai 2022 etwa kam ein E-Bike-Fahrer ums Leben, weil er im Dunklen über einen Scooter gestürzt war, der auf dem Fahrradweg lag. Vor allem das achtlose Abstellen der Fahrzeuge stellt ein Ärgernis bei vielen Bürgerinnen und Bürger dar.
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Daher pocht die Stadt jetzt darauf, die Identität der Scooter-Nutzer besser feststellen zu können. „Bislang müssen die Nutzer nicht ihren Personalausweis hinterlegen, da kann die Polizei keinen Verursacher feststellen, wenn ein Unfall passiert und der Fahrer flüchtet“, so Olbering. Er berichtete, dass die Stadt schon seit längerem mit den Roller-Anbietern zu diesem Thema im Gespräch sei, bislang aber ohne Ergebnis. Jetzt wolle sich die Stadt nicht mehr länger hinhalten lassen. „Wir haben den Kooperationsvertrag mit Bolt und Tier zum 31. März gekündigt“, so Olbering. „Ab dem 1. April müssen die Firmen ihre Roller aus dem Stadtgebiet entfernen.“
London, Amsterdam – und Gelsenkirchen?
Die Stadt habe den Anbietern eine neue Kooperationsvereinbarung vorgelegt, in der ein Passus enthalten ist, der die Firmen dazu zwingt, die Identität ihrer Nutzer festzustellen, etwa durch das Hochladen von Personalausweis oder Führerschein. „Den wollen die Anbieter aber nicht unterschreiben“, so Olbering.
Es wäre auch ein deutschlandweit einmaliger Vorgang: Bei der Aufzählung von Städten, die so eine Regelung beim Verleih von Rollern schon umsetzen, musste Olbering ins Ausland blicken. „London und Amsterdam machen das so“, schmunzelte er: „In einem Atemzug mit diesen Städten genannt zu werden, wäre ja für Gelsenkirchen auch nicht schlecht.“ Er hofft auf eine Vorbildfunktion. „Ich könnte mir vorstellen, dass andere Städte in Deutschland nachziehen würden.“
Breite Rückendeckung von der Kommunalpolitik
Olbering wollte sich im Verkehrsausschuss die Rückendeckung der politischen Parteien holen – und die bekam er. Widerspruch kam von keiner Seite, im Gegenteil. „Wir wollen bei diesem Weg bleiben, die Sicherheit auf den Wegen ist uns wichtig“, sagte etwa Axel Barton (SPD), Laura Rosen von der CDU stimmte ihm zu: „Das Sicherheitsrisiko muss beseitigt werden.“
Auch die Grünen stellten sich hinter Olbering – Bernd Rudde blickte aber schon einmal sorgenvoll einige Monate weiter. „Im Juni ist Europameisterschaft: Ich mag mir nicht vorstellen, was passiert, wenn tausende Menschen in der Stadt sind und Scooter fahren wollen“, so der Grünen-Politiker. Dass es der Stadt bis dahin gelänge, Verträge mit neuen Anbietern abzuschließen, die die entsprechende Klausel umsetzen, bezweifelte Olbering aber. „Wir sind weiter gesprächsbereit, auch mit anderen Anbietern als Bolt und Tier. Wir können aber nicht gewährleisten, dass wir die Fahrzeuge bis zur EM haben.“