Gelsenkirchen-Altstadt. Diese Maßnahmen sollen für Abkühlung auf dem Heinrich-König-Platz in Gelsenkirchen sorgen. Warum die Stadt damit selbst unzufrieden ist.

Hohe Temperaturen und kaum Schatten: Der 2017 fertiggestellte Heinrich-König-Platz (HKP) ist als Hitzeinsel berüchtigt. (Auch) dort für Abkühlung zu sorgen, hat sich eine vor rund zwei Jahren gegründete städtische Arbeitsgruppe vorgenommen, die immer wieder betont: Regelmäßige Veranstaltungen sowie U-Bahn-Einbauten, Leitungen, Rettungswege und Fußgängerleitsysteme engen die Möglichkeiten für festinstallierte Lösungen ein. Nach häufiger Kritik aus der Politik hat die AG nun ein erstes Maßnahmenpaket zum Beschluss vorgelegt - mit dem sie auch selbst nicht wirklich zufrieden ist.

Geplant ist, drei sogenannte Pergolabänke für die drei Monate Juli bis September anzumieten. Dabei handelt es sich um Sitzmöglichkeiten aus Kiefernholz, zwischen denen sich ein Edelstahlgerüst befindet, an dem unterschiedliche, teils essbare Pflanzen vertikal hochranken. Überspannt sind die Bänke laut Stadt von einem Sonnensegel, das zusätzlichen Schatten spendet.

Wasservernebler soll in Gelsenkirchen für Luftabkühlung von zwölf Grad sorgen

Eine der Bänke ist mit einem zusätzlichen Wasser-Vernebler ausgestattet, was im direkten Umfeld für eine zusätzliche Luftabkühlung von bis zu zwölf Grad sorgen soll. Über einen integrierten Wassertank, der einerseits Niederschlagswasser sammelt und andererseits durch Gelsendienste aufgefüllt werden kann, sei rund um die Uhr für genügend Wasser gesorgt. Insgesamt 31.000 Euro willl die Stadt in die Anmietung, Aufstellung, Pflege und Wartung investieren.

40 Grad Hitze und kein Schatten in Sicht: Der Heinrich-König-Platz in Gelsenkirchen-City ist als Hitzeinsel berüchtigt.
40 Grad Hitze und kein Schatten in Sicht: Der Heinrich-König-Platz in Gelsenkirchen-City ist als Hitzeinsel berüchtigt. © FUNKE Foto Services | Jörg Schimmel

Mit dem Start der Maßnahme im Juli ist die Arbeitsgruppe nur mäßig glücklich. „Wünschenswert“ wäre eher ein Zeitraum von Juni bis August. Doch die Fußball-Europameisterschaft im Juni lasse keine andere Wahl: Wegen des Fanpoints, der auf der Fläche des Street-Food-Festivals aufgebaut ist, sei eine Aufstellung der Bänke kaum möglich. Hinzu komme der Abreiseverkehr über den HKP. Konkret fürchtet man in dieser Zeit mit Tausenden auswärtigen Besucherinnen und Besuchern überdies eine erhöhte Vandalismus-Gefahr.

„Cooler Stadtplan“ soll kühle Gebäude und Freiflächen zum Abkühlen in Gelsenkirchen auflisten

Platziert werden sollen zwei der Pergolabänke zwischen der Fläche für den Feierabendmarkt und der für den Fanpoint bzw. das Street-Food-Festival. Eine Bank mit Vernebler soll im östlicheren Bereich des Platzes gegenüber dem Neumarkt aufgestellt werden.

Bei diesen Maßnahmen soll‘s allerdings nicht bleiben: Die Arbeitsgruppe mit Mitarbeitenden der Referate Stadtplanung und Umwelt, Verkehr und Wirtschaftsförderung, von Feuerwehr, EURO-Büro und City-Initiative bereiten gerade ein Konzept für einen „coolen Stadtplan“ vor. Ziel ist es, kühle Gebäude oder Freiflächen zugänglich zu machen, um sich an heißen Tagen abzukühlen. Für das Umfeld des HKP werden derzeit zwei Standorte geprüft.

Kostenloses Trinkwasser an fünf Refill-Stationen im Gelsenkirchener Stadtgebiet

Darüber hinaus verweist die AG auf fünf sogenannte „Refill-Stationen“ zur kostenlosen Trinkwasserversorgung. Sie befinden sich in Buer am Rathaus- und St.-Urbanus-Kirchplatz, in Erle an der Cranger Straße/Borgswiese, in Horst an der Essener/Hippolytusstraße und in der Altstadt auf dem Neumarkt. „Daneben können Menschen unterwegs in allen sechs Stadtteilbüros innerhalb der Öffnungszeiten eigene Behältnisse kostenlos mit Trinkwasser auffüllen“, betont Stadtsprecher Martin Schulmann.

Bei weiteren Maßnahmen hat die AG ausdrücklich die EM-Besucher im Blick: So seien weitere fest installierte Trinkwasserbrunnen und mobile Wasserspender in Planung, die in der Fan-Zone zum Public Viewing und am Hauptbahnhof aufgestellt werden sollen.

Welche Nachteile Gelsenkirchen an ihrem Maßnahmen-Katalog sieht

Buchstäblich heiße Luft rausnehmen sollen auch Dach- und Fassadenbegrünungen sowie die Entsiegelung von Flächen. Die Stadt bewerbe entsprechende Fördermöglichkeiten bei anliegenden Immobilien-Besitzern, heißt es. Besonders im Fokus hat man dabei die Gebäude zur U-Bahn, die der Bogestra gehören, und den leerstehenden Pavillon auf dem HKP.

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Dass bei dem Vorschlagspaket, dem die Bezirksvertretung-Mitte jetzt zugestimmt hat, durchaus noch Luft nach oben ist, räumt die Stadt selbst ein: „Die vorgeschlagenen Pergolabänke sind hinsichtlich der Barrierefreiheit nicht ideal. Die Sitzhöhe ist niedrig und Arm- und Rückenlehnen für mobilitätseingeschränkte Personen fehlen. Insbesondere diese Personengruppen sollten aber auch von schattigen Sitzplätzen auf dem HKP profitieren“, heißt es durchaus selbstkritisch in der Verwaltungsvorlage. Auch wirkten die Pergolen, vom lokal begrenzten Schatten abgesehen, kaum über sich hinaus.

Selbstkritik hin oder her: Nun will die Stadt aus der Not eine Tugend machen. Es gelte, die Pergolabänke samt Vernebler als kurzfristige und vorübergehende Maßnahmen auszuprobieren und Erfahrungen zu sammeln in Sachen Kühlwirkung, Pflegeaufwand und Vandalismus-Prävention. Anschließend sollen Stadt, Politik und Bürgerschaft Bilanz ziehen, welche langfristigen Maßnahmen sich auf dem HKP realisieren lassen. Womöglich können sie auch Vorbild sein für die Hitzeinsel auf Platz 2 der Gelsenkirchener Liste: die Domplatte in Buer.