Gelsenkirchen. Hitzige Sprüche statt sachlicher Argumente vergiften das Miteinander. Was tut Gelsenkirchen für die Demokratiebildung bei Jung und Alt?

In einer Demokratie darf und muss gestritten werden. Was aktuell in politischen Diskussionen daheim, in politischen Gremien und in der Öffentlichkeit geschieht, hat allerdings mit inhaltlicher Auseinandersetzung oft nur noch wenig zu tun. Sprüche und simple Schuldzuweisungen ersetzen Argumente und heizen so die Stimmung auf. Das aber spaltet die Gesellschaft und gefährdet die Demokratie, gerade auch in Gelsenkirchen. Was aber tut die Stadt, um das verändern? Welche Angebote gibt es für Gelsenkirchens Heranwachsende und Erwachsene, zielführendes Argumentieren einzuüben?

Außerhalb von Schule gibt es aktuell kaum Angebote

Generell gibt es zwei potenzielle Anbieter solcher Schulungen und Fortbildungen neben den Aktionen der Demokratischen Initiative. Eine ist das 2020 gegründete Netzwerk „Demokratieförderung, Gewalt- und Extremismus-Prävention an Gelsenkirchener Schulen“, das regelmäßige Angebote zur Demokratiebildung macht. Alle zwei Jahre wird an einem Fachtag für Multiplikatoren das gesamte Programm samt deren Anbietern vorgestellt, das nächste Mal erst in 2025. Behörden wie die Regionale Schulberatung der Stadt, die Dokumentationsstätte „Gelsenkirchen im Nationalsozialismus“, die Fachstelle „Demokratie.bewegen“, das Aktuelle Forum, die Manuel Neuer Kids Foundation, REinit, Caritas, Wegweiser, das Jugendreferat der Stadt, der Jugendrat, Polizei und die Bezirksregierung sind eingebunden. Themen der Fortbildungen, die sich vorwiegend an Lehrkräfte, Sozialarbeiter und ähnliche Multiplikatoren richten, sind Gewalt-, Extremismus- und Rassismusprävention, Demokratieförderung sowie Antisemitismus. Auch Mobbing ist hier ein Dauerthema.

Die Demonstration gegen die erstarkende Rechte und den Bürgerdialog der AfD im Hans-Sachs-Haus war vom Aktionsbündnis organisiert. Dass nicht die Demokratische Initiative federführend war, kritisierten CDU und FDP im Nachgang.
Die Demonstration gegen die erstarkende Rechte und den Bürgerdialog der AfD im Hans-Sachs-Haus war vom Aktionsbündnis organisiert. Dass nicht die Demokratische Initiative federführend war, kritisierten CDU und FDP im Nachgang. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Maritta Regen kümmert sich bei der Regionalen Schulberatungsstelle, die in dem Bereich die meisten Angebote macht, um diese Schulungen und Workshops. „Aktuell gibt es besonders viele Anfragen zum Umgang mit rechtsextremen Tendenzen, zu demokratiefördernden Möglichkeiten und auch zum Umgang mit Gewalt“, erklärt Regen. Bis Ostern ist sie mit Veranstaltungen dazu ausgebucht, dabei geht es um zum Teil mehrere Termine pro Woche. Die Anfragen kommen laut Regen von allen Schulformen, von Grundschulen bis hin zu Berufskollegs.

Vorstand der Stadtschülerschaft fit gemacht für gutes Debattieren

Aktuell haben soeben die Vertreter der Gelsenkirchener Stadtschülerschaft über den Verein „Schule ein Gesicht geben“ eine Fortbildung rund um faires Streiten und gutes Debattieren absolviert, um für ihre Aufgaben als demokratisch gewählte Vertreter der Schülerschaft in der Stadt demokratische Argumentationsstrategien einzuüben.

Die Falken und der Bauverein Falkenjugend bieten laufend Gruppenstunden und Projekte in den eigenen Einrichtungen rund um Demokratiebildung und Diskriminierung an. Anfragen des Jugendreferates als Kooperationspartner zur Durchführung von Angeboten an Schulen im Rahmen der Netzwerkarbeit gibt es aktuell keine, erklärt der Vorsitzende der Falken, Sebastian Kolkau.

Viele Angebote bei den Wochen gegen Rassismus im März

Ein weiteres konzentriertes Angebotspaket soll es auch in diesem Jahr im größeren Rahmen bei den Internationalen Wochen gegen Rassismus im März geben, die von der Stiftung gegen Rassismus und dem Bundes-Innenministerium gefördert werden. Das konkrete Programm dazu soll in Gelsenkirchen Ende Februar vorgestellt werden.

Federführend bei der Organisation und inhaltlichen Ausgestaltung sind zum einen Dr. Daniel Schmidt, Leiter des Instituts für Stadtgeschichte und Teil der Geschäftsführung der Demokratischen Initiative in Gelsenkirchen, sowie die Fachstelle für Demokratie und politische Bildung der Stadt. Letztere allerdings ist wegen einer Langzeiterkrankung aktuell nicht besetzt.

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Möglicherweise auch deshalb herrscht aktuell jenseits der Schulen eher Schweigen im Bereich Demokratiebildung in Gelsenkirchen. Erst im Rahmen der Antirassismus-Wochen ist mit weiteren Angeboten wie „Argumentationstrainings gegen Rechts“ zu rechnen, in denen Strategien zum Umgang und Entlarven von hohlen Parolen vermittelt werden.