Gelsenkirchen. Wirtschaftsförderung oder Luftnummer? Wie erfolgreich der Verzicht auf 50.000 Euro an drei Adventssamstagen in Gelsenkirchen war.
Freies Parken auf städtischen Stellplätzen an drei Adventssamstagen in Buer und in der Altstadt: Was auf Anregung der CDU-Ratsfraktion als Maßnahme zur Wirtschaftsförderung in den Haushalt 2023 eingestellt wurde, davon versprach sich auch die Verwaltung „signifikant frequenzsteigernde Effekte“. Doch hat sich der Verzicht auf rund 50.000 Euro an Parkgebühren tatsächlich gelohnt? Inwiefern hat die Aktion wirklich zu einer Belebung der beiden Innenstädte geführt? Die Redaktion hakte nach bei Händlern und der Stadt – und erhielt teils überraschende Antworten.
Es waren der 9., 16. und 23. Dezember, an denen die Parkschein-Automaten auf städtischen Plätzen nicht gefüttert zu werden brauchten. Wie Stadt-Sprecher Martin Schulmann auf Nachfrage erläutert, hatte die Verkehrsgesellschaft in den Wochen zuvor jedes Gerät mit einem Aufkleber versehen, auf dem über die Aktion informiert wurde.
Gelsenkirchener Verkehrsgesellschaft ließ Parkscheinautomaten mit Info-Aufkleber versehen
Teils seien auch die Münzschlitze verklebt worden. „Eine Abstellung der Automaten ist nicht erfolgt, da dies anschließend ein Hochfahren nötig gemacht hätte. Dies wäre viel zu aufwendig und teuer gewesen.“ Die städtischen Parkhäuser seien ausgenommen worden, weil der finanzielle Ausfall sonst zu hoch gewesen wäre, so Schulmann weiter. Auch privatwirtschaftlich betriebene Parkflächen und -häuser blieben außen vor.
Die Vertreter der Kaufleute in Süd und Nord beurteilen die Initiative unterschiedlich: Roman Schmitz, Vorsitzender der City-Initiative in der Altstadt, berichtet von „vereinzelt positiven Reaktionen“, die ihn persönlich erreicht hätten. Für das Weihnachtsgeschäft sei die Maßnahme positiv gewesen. „Alles, was den Standort Gelsenkirchen attraktiv macht und konkurrenzfähig hält, ist nur zu begrüßen.“ Von Kundinnen und Kunden, die nur aufgrund des Verzichts auf Parkgebühren in die City gefahren sind, habe er allerdings nichts gehört. „Das lässt sich ja schlecht nachhalten.“
Gelsenkirchener Citymanagerin: Positiver Beitrag zur Belebung
Auch Angela Bartelt, Citymanagerin in Gelsenkirchen, hat die Aktion in Gesprächen mit den Händlern vor Ort als positiven Beitrag zur Belebung wahrgenommen. „Sogar viele Filialisten haben die Plakate aufgehängt. Das ist eher selten und ein gutes Zeichen, dass die Idee gut angenommen wurde, obwohl der Erfolg natürlich nicht messbar ist.“ Vereinzelte Besucher hätten allerdings kritisiert, dass die städtischen Parkhäuser von der Aktion ausgenommen waren. „Falls eine Wiederholung geplant sein sollte, wäre es schon kundenfreundlicher, dort ebenfalls auf Parkgebühren zu verzichten.“
Insgesamt sei das Weihnachtsgeschäft zufriedenstellend verlaufen. „Aber natürlich war im Vergleich zum Vorjahr ein Frequenzrückgang festzustellen, weil Primark und Galeria Kaufhof nicht mehr geöffnet hatten“, so Bartelt weiter.
Händler-Chef in Gelsenkirchen-Buer bezweifelt Sinnhaftigigkeit der Aktion
Buers Werbegemeinschafts-Chef Dirk Niewöhner hingegen sieht bei der Aktion (finanziellen) Aufwand und Ertrag in keinem guten Verhältnis. „Ich habe keinerlei Feedback von Kunden bekommen, so als hätte keiner etwas davon gehört“, fragt er sich, ob die Ankündigung tatsächlich die Bevölkerung erreicht hat. Eine stärkere Belebung hat der Inhaber von Bücher Kottmann nicht wahrgenommen. „Das ist ja auch kein Wunder, schließlich fehlen uns Saturn, Sinn und H&M als starke Frequenzbringer von einst.“
Dass eine solche Aktion überhaupt den Handel vor Ort ankurbeln könnte, bezweifelt er. „Es ist doch das Angebot an Geschäften, das die Leute anlockt. Wenn das nicht interessant genug erscheint, hilft auch das freie Parken nicht“, meint er. Und: „Die Investitionssumme hätte man nachhaltiger in andere Projekte stecken können, allen voran ein öffentliches WC. Mit 50.000 Euro hätten wir in Buer auch einen richtig guten Weihnachtsmarkt veranstalten können.“
Gelsenkirchener Verwaltung: Erfolg ist nicht messbar
Ob und wie viele Pkw-Fahrer nur wegen des Verzichts auf Parkgebühren zum Weihnachtsshoppen nach Buer oder in die Gelsenkirchen City gefahren sind: „Das lässt sich nicht messen“, räumt Stadt-Sprecher Schulmann ebenfalls ein. Zwar liege eine abschließende Bilanz noch nicht vor. „Aber aufgrund von positiven Feedbacks von Kaufleuten und in den sozialen Medien geht die Wirtschaftsförderung davon aus, dass die Aktion grundsätzlich den Handel positiv beeinflusst und zu mehr Frequenz beigetragen hat.“
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Ähnlich positiv bewertet die Aktion auch CDU-Ratsfraktions-Vorsitzender Sascha Kurth, einer der Initiatoren. „Auch wenn sich die greifbaren Effekte nicht messen lassen und der abschließende Austausch über die Aktion im Wirtschaftsförderungsausschuss noch aussteht, so waren die Rückmeldungen von Kunden und Händlern doch positiv. Gerade für die City von Buer, deren Einzugsgebiet über die Stadtgrenzen hinausreicht, ist die imagefördernde Wirkung nicht zu unterschätzen.“ Wenn man die Kosten für so manche Image-Kampagne bedenke, dann seien die 50.000 Euro „doch ein Schnäppchen“ gewesen. Insofern könne sich die CDU eine Wiederholung durchaus vorstellen. „Wir würden darüber nachdenken“, heißt es.