Gelsenkirchen. Wer an drei Adventstagen per Auto Gelsenkirchens Innenstädte besucht, spart Parkgebühren. Was Besucher anlocken will, kostet die Stadt viel Geld.
Als Lukas Günther, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten in Gelsenkirchen, bei einer Diskussionsrunde mit SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert kürzlich gefragt wurde, wie es denn so sei, mit der CDU in der Emscherstadt zu koalieren, da sagte er zwar, mit der Union funktioniere es ganz gut. „Aber es gibt eben auch Sachen, die mit der CDU nicht zu machen sind.“ Während die SPD beispielsweise mehr Geld in Jugendzentren stecken würde, habe die CDU bei den letzten Haushaltsberatungen fünf parkgebührenfreie Tage gefordert. „Das sind Momente, wo man merkt: Das ist der CDU sehr wichtig. Ich habe dafür ein relativ beschränktes Verständnis, aber das ist das Zusammenleben in der Koalition – ein Geben und ein Nehmen.“
Parkgebühren in Gelsenkirchen: „Dieses Thema triggert viele Leute“
Nun jedenfalls soll Günthers Negativ-Beispiel für unterschiedliche Interessen in der Koalition tatsächlich in die Praxis umgesetzt werden: Wie die Stadt über einen Sachstandsbericht im Wirtschaftsausschuss mitteilte, sollen mit 50.000 Euro die Parkscheinautomaten in den beiden Hauptzentren (Buer und Altstadt) an insgesamt drei Adventstagen abgeschaltet werden. Am 9., 16. und 23. Dezember sollen alle Besucher der Innenstädte also kostenlos dort parken können. Allerdings nicht auf privatwirtschaftlich betriebenen, beschrankten Parkplätzen. Hier ist eine Freistellung laut Stadt nicht möglich.
„Durch die Abschaltung der Parkscheinautomaten an den drei Adventssamstagen werden aus Sicht der Verwaltung signifikant frequenzsteigernde Effekte in den beiden Hauptzentren erzielt“, heißt es. Diese Erwartung hat natürlich auch die ideengebende CDU: „Das Thema triggert viele Leute“, sagte Andreas Batzel, Ratsmitglied der CDU und Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses. Die Fraktionsmitglieder würden immer wieder gespiegelt bekommen, dass die Parkgebühren in den Zentren ärgerlich seien, auch wenn diese im Vergleich zu anderen Städten nicht besonders hoch seien.
Mit den wegfallenden Gebühren wolle man daher die Leute in die Innenstadt locken sowie den Handel und auch die Gastronomen in den Zentren stärken. „Wenn die Leute nicht daran denken müssen, dass ihr Parkticket abläuft, laden wir sie dazu ein, noch länger in den Innenstädten zu verweilen.“
Stadt will deaktivierte Parkautomaten in Gelsenkirchen „öffentlichkeitswirksam“ kommunizieren
Damit das Lockmittel überhaupt greifen kann, müssen die potenziellen Kunden aber überhaupt erst einmal mitbekommen, dass es die gebührenfreien Tage auch gibt. „Wir wollen in die Offensive als Partei gehen und auch andere Akteure anregen, das nach außen zu tragen“, kündigte Batzel an. Auch die Stadt verspricht, die Abschaltung der Parkscheinautomaten zeitnah „öffentlichkeitswirksam“ zu kommunizieren.
Anna-Lena Karl, Mitglied der SPD im Wirtschaftsausschuss, glaubt hingegen, dass die Gebührenfreiheit eher ein „schönes Schmankerl obendrauf“ für die Leute sein könnte, die sich ohnehin bereits entschieden haben, die Innenstädte zu besuchen. Sie sei „ein kleines Rädchen“, um die Attraktivität der Zentren zu erhöhen. „Wir sind aber auch dabei, das große Rad zu drehen“, formuliert es Karl mit ebenso großen Worten. So habe die SPD für den Haushalt 2024 eine „Potentialanalyse Außengastronomie“ eingebracht, mit der „neue Ideen entwickelt, Formen und Flächen identifiziert sowie Kooperationen gefunden werden, um die Innenstadt zu beleben und die Gastronomie zu stärken.“
So will Gelsenkirchen nachhalten, wie erfolgreich die parkgebührenfreien Tage werden
AfD kritisiert CDU
Auch die AfD Gelsenkirchen hat sich zu den parkfreien Tagen geäußert. Fraktionsgeschäftsführer Tobias Obernyer bezeichnet sie als „Schaufensterpolitik der CDU-Fraktion.“ Auch die AfD wolle zwar den Individualverkehr mit einer verbesserten Parksituation stärken, um den Einzelhandel zu unterstützen. „Was bei der CDU jedoch fehlt, ist der dauerhafte Ansatz“, meint Obernyer.
Die AfD selbst fordert in einem Haushaltsantrag, dass kostenlose Parkzeiten von einer Stunde auf allen städtischen Parkplätzen eingeführt werden – verbunden mit der Etablierung von Parksensoren. Auch wurde gefordert, weitere kostenfreie Dauerparkmöglichkeiten in den Zentren zu schaffen. Da die anderen Fraktionen eine Kooperation mit der Rechtsaußen-Fraktion ablehnen, wurden gegen die Anträge gestimmt.
Dass das wesentlich „kleinere Rädchen“, die parkfreien Tage eben, mit 50.000 Euro ganz schön teuer ist, darauf weist Franziska Schwinge von den Grünen hin. „Ich halte das Projekt nicht für sinnvoll und glaube nicht, dass es einen Mehrwert bringt“, sagt die Wirtschaftspolitikerin. Wenn man es schon umsetze, müsse man zumindest evaluieren, ob es wirklich zum „signifikanten Effekt“ kommt, den die Stadt sich erhofft. Nur fragt sich Schwinge: Wie genau soll das überhaupt überprüft werden?
Stadtrat Simon Nowack, verantwortlich für die Wirtschaftsförderung in der Stadt, erläutert auf WAZ-Nachfrage, dass es nach den Adventstagen eine „Nachbetrachtungsrunde“ mit den Händlern geben werde, um zu erfahren, wie zufrieden diese mit dem Umsatz waren. Eine qualitative Untersuchung, etwa eine Frequenzmessung, werde es jedoch nicht geben, um den Erfolg der parkgebührenfreien Tage zu evaluieren.
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