Gelsenkirchen. Die AfD-Fraktion Gelsenkirchen will das Hans-Sachs-Haus-Atrium für einen Bürgerdialog mieten. Emschertainment hat Bedenken; das sagt die Stadt.

Die Gelsenkirchener AfD will im Januar zu einem Bürgerdialog ins Atrium des Hans-Sachs-Hauses einladen. Die Emschertainment GmbH als Dienstleisterin der Stadt für die Vermietung des Sitzes der Oberbürgermeisterin sowie der Heilig Kreuz Kirche hatte bei der entsprechenden Anfrage der Partei Bedenken.

Helmut Hasenkox, Geschäftsführer der Emschertainment GmbH, verweist auf das Bundesamt für Verfassungsschutz sowie das Verwaltungsgericht Köln (13 K 326/21), welches am 8. März 2022 urteilte, dass „ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der Partei bestehen, die eine Einordnung der AfD als Verdachtsfall und deren Beobachtung erforderlich machen.“ Vor einer Zusage bat man daher seitens der Emschertainment das zuständige Liegenschaftsamt der Stadt um eine Beurteilung der Sachlage.

Emschertainment sieht Vermietung nicht durch Nutzungsordnung gedeckt

Dabei verwies man auf die Nutzungs- und Entgeltordnung für das HSH, in der es in Paragraf 2 Absatz 2 heißt: „Eine Überlassung der Räumlichkeiten ist ausgeschlossen, sofern die Räume zur Durchführung von Veranstaltungen genutzt werden sollen, auf denen rechtsextremes, rassistisches, antisemitisches, antidemokratisches oder anderes menschenfeindliches, verfassungsfeindliches Gedankengut dargestellt oder verbreitet werden soll, sei es von dem Nutzer selbst, seinen Mitgliedern oder von Besuchern der Veranstaltung.“

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Generell steht das Hans-Sachs-Haus allen Ratsfraktionen für Veranstaltungen zur Verfügung, sogar zu günstigeren Tarifen als für externe Veranstalter. Dennoch bestehe die Gefahr, dass sich unter den Rednern oder auch unter den Gästen ein AfD-Vertreter befindet, der dem rechtsextremen und vom Verfassungsschutz beobachteten Flügel angehört, fürchtet Emschertainment. Wer bei dem Dialog sprechen wird, steht laut AfD noch nicht fest. Geplant sind jedoch laut dem AfD-Ratsfraktionsvorsitzenden Jan-Hendrik Preuß auf jeden Fall Beiträge von Mitgliedern der Bundestagsfraktion.

Stadt sieht keine Ansatzpunkte, die Vermietung abzulehnen

Die Stadt Gelsenkirchen interpretiert die Rechtslage und die Nutzungsordnung anders als die Emschertainment GmbH. Für eine persönliche Stellungnahme stand die Oberbürgermeisterin als Verwaltungschefin trotz mehrfacher Nachfrage nicht zur Verfügung. Die offizielle Verwaltungs-Stellungnahme lautet auf Anfrage wie folgt: „Die Nutzungs- und Entgeltordnung für das Hans-Sachs-Haus gibt der Stadtverwaltung keinerlei Ansatzpunkte für eine Versagung der angesprochenen Veranstaltung, so dass diese nach heutigem Stand zu genehmigen ist. Weder handelt es sich bei der AfD-Bundestagsfraktion um eine vom Verfassungsschutz beobachtete Organisation, noch hat die Stadtverwaltung Kenntnis darüber, dass bei der angesprochenen Veranstaltung Personen auftreten werden, bei denen davon auszugehen ist, dass sie offen extremistische, verfassungsfeindliche Positionen verbreiten. Sollten sich im weiteren Fortgang für die Verwaltung dafür Anhaltspunkte ergeben, müsste die Genehmigungslage noch einmal überprüft werden und könnte ggf. widerrufen werden.“

Verwaltungsgericht urteilte 2019 in ähnlichem Fall zugunsten der AfD Bochum

Tatsächlich hat das Oberverwaltungsgericht Münster im April 2019 etwa entschieden, dass die AfD-Fraktion in Bochum ein Recht hat, die Gebläsehalle der Jahrhunderthalle anzumieten. Auch in Bochum ging es um einen „Bürgerdialog“ der Partei. Die Stadt hatte für die Miete 93.000 Euro plus 300.000 Euro als Kaution verlangt mit der Begründung, dass die anderen Räumlichkeiten der Jahrhunderthalle aus Sicherheitsgründen während der Veranstaltung nicht vermietbar seien. Das Gericht befand die von der Stadt angeführte „Gefährdungslage“ aber für nicht konkret begründet.