Gelsenkirchen. Auf kleinen Mauer-Stelen entwerfen Schüler des Schalker Gymnasiums Bilder der Krisen. Der Anspruch: Street Art als politisches Statement.

Graffiti und Street Art als gesellschaftliches und politisches Statement, aber nicht minder auch als ernstzunehmende Kunstform: Das ist die Idee hinter dem Projekt, das die Künstlerin und derzeitige Kunstlehrerin am Schalker Gymnasium, Claudia Lüke, angestoßen hat. Es ist eine in Berlin zum 25-jährigen Mauerfall-Jubiläum ins Leben gerufene Initiative, deren Themen „Mauer, Grenze und Abschottung“ bis heute aktuell sind.

Es geht auch um die neuen Mauern in der Welt

Die weltweiten Krisen berühren auch die Heranwachsenden im formal längst zusammengewachsenen Deutschland, die die Mauer selbst gar nicht mehr erlebt haben. Das gilt auch für die Schülerschaft am Schalker Gymnasium. Es ist die eigene Familiengeschichte, die etwa die Eltern von Mohammed, kurdische Iraker, nach Gelsenkirchen führten. Oder die Erlebnisse der Familien von Iva und Michaela, die als Kroaten im ehemaligen Jugoslawien ihre Wurzeln hatten, wo ein Schnitt mitten durch die Bevölkerung ging.

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Für die „Kunst gegen Mauern“ setzten sich Schülerinnen und Schüler des neunten bis elften Jahrgangs mit dem Thema auseinander. Auf kleinen Mauer-Rohlingen, die mit Unterstützung der Gelsenkirchener Sparkasse vom Berliner Projekt gekauft werden konnten, entwarfen und gestalteten die Schüler im Kunstunterricht künstlerische Motive mit zum Thema, die aktuelle Krisensituationen in der Ukraine, in China bei den Uiguren, aber auch die gesellschaftliche Spaltung in Deutschland in den Blick nehmen.

Einer der Beiträge beim Mauer-Projekt im Schalker Gymnasium.
Einer der Beiträge beim Mauer-Projekt im Schalker Gymnasium. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

Entstanden sind bereits zig kleinformatige Entwürfe, deren Motive sich um Verfolgung, Flucht, kriegerische Zerstörung, Frieden, um Gefängnisse drehen, um Kontakte, die Mauern und Zäune durchbrechen. Ein Panzer mit ukrainischer Flagge, eine Zeitreihe mit Stadtentwicklung von 1930 bis 1970 mit den Stationen Industrialisierung, Zerstörung und Wiederaufbau. Vor allem geht es in den Arbeiten aber um Freiheit, Zuversicht und Respekt. Im Gegensatz zur Berliner Mauer, auf der Graffiti bis zu ihrem Fall nur einseitig möglich waren, haben die Kunst-Entwürfe der Schülerinnen und Schüler zwei Seiten, nicht selten eine anklagende und eine Mut machende.

Workshop für Wettbewerbssieger mit Sponk setzt beste Entwürfe um

Talia, Efsa, Iva und Varen setzten dieses Zeichen der Hoffnung gegen die Mauern in der Welt, an denen soviele Menschen scheitern.
Talia, Efsa, Iva und Varen setzten dieses Zeichen der Hoffnung gegen die Mauern in der Welt, an denen soviele Menschen scheitern. © FUNKE Foto Services | Oliver Mengedoht

In einem Wettbewerb sollen nun bis zum Frühjahr die Entwürfe von 20 Schülerinnen und Schülern ausgewählt werden, deren Motive dann in einem dreitägigen Workshop gemeinsam mit dem Graffiti-Künstler Sponk auf großen Holzleinwänden im Garten der Schule großformatig gesprayt werden sollen. Sponk, dessen Kunst-Graffiti im öffentlichen Auftrag bereits zahlreiche Wände in Gelsenkirchen aufwerten, gibt zweimal im Jahr solche Workshops, um sein Können zu vermitteln.

Aktuell ist es zu feucht für Sprühaktionen im Außenbereich

Dass die großformatige Umsetzung bis zum Frühjahr warten muss, hat praktische Gründe. Bei den aktuellen Temperaturen und der hohen Luftfeuchtigkeit ist Sprayen im Außenbereich wenig sinnvoll, die Werke wären kaum haltbar. Das gilt auch für Sponks aktuelle Außenprojekte für die Stadt wie im Tunnel an der Bismarckstraße, wo gegenüber der Seite mit Afrika-Motiven nun eine Alaska-Landschaft schrittweise entsteht.

Für die Realisierung der Arbeiten in dem Workshop, die in der Schule einen dauerhaften Platz finden sollen, hat die Schule städtische Unterstützung beantragt. Sichtbar sein werden die Arbeiten am Ende aber auch weltweit auf der Homepage der Initiative www.kunst-gegen-mauern.de