Gelsenkirchen. Ein Gelsenkirchener berät Schulen zum Umgang mit Antisemitismus und dem Terror in Nahost. Das sagt er zu möglichen Wissensdefiziten von Lehrern.

Die „Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit Beratung bei Rassismus und Antisemitismus“ – kurz SABRA – bietet Beratung zum Umgang mit dem Nahost-Konflikt in der Schule. Der Lehrer am Gelsenkirchener Weiterbildungskolleg Emscher Lippe, Florian Beer, ist mit einer halben Stelle freigestellt für diese Arbeit, die in Zusammenarbeit mit der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf und im Auftrag des Bildungsministeriums läuft. Im Kurz-Interview antwortet er auf die wichtigsten Fragen.

Herr Beer, wer bittet bei SABRA um Beratung?

Florian Beer: Wir beraten unter anderem Schulen und Betroffene, wie sie mit Antisemitismus umgehen können; per Telefon, Videokonferenz und Mail, aber auch vor Ort. Seit Beginn des Terrors gibt es eine merklich gestiegene Anzahl von Anfragen bei uns, aber auch bei anderen Beratungsstellen im Land.

Wenden sich auch jüdische Bürger jenseits von Schule an Sie?

Ein Schwerpunkt unserer Arbeit liegt auf der Beratung von und Unterstützung für Schulen. Es melden sich aber auch Menschen aus anderen Bereichen bei uns, die Diskriminierungserfahrungen machen.

Mit welchen Problemen kommen die Lehrkräfte? Geht es um Schlichtung von gewaltsamen Konflikten?

Das ist ein breites Spektrum. Es geht um konkrete Vorfälle, aber vielfach auch um Prävention. Schulen suchen von sich aus aktiv Unterstützung, um sich noch stärker gegen Antisemitismus einzusetzen.

Ist die Stimmung seit dem Überfall aggressiver geworden an den Schulen?

So kurz nach den Ferien sind wir mit einer Lagebewertung noch zurückhaltend. Man kann aber sagen, dass jüdische Eltern ebenso wie jüdische Schülerinnen und Schüler in größter Sorge sind. Es ist gut, dass Schulministerin Feller angekündigt hat, die weitere Entwicklung in den Schulen aufmerksam zu verfolgen.

Wie groß ist das Wissensdefizit zum Israel Gaza-Konflikt bei Lehrkräften?

Der Angriff der Hamas auf Israel hat den Nahost-Konflikt in seiner Komplexität mit ganzer Kraft ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. In der Folge wird auch sehr viel mehr über Antisemitismus gesprochen. Es ist nicht überraschend, wenn Lehrkräfte sich vor diesem Hintergrund fragen, wie sie damit im Unterricht umgehen sollen.

SABRA steht explizit für die Wahrnehmung der jüdischen Perspektive: Wie sehr ist auch die Perspektive der nichtterroristischen Palästinenser ein Thema?

Um Pauschalisierungen vorzubeugen, ist es wichtig, die Perspektiven all derer zu berücksichtigen, die den Terror verurteilen. Selbstverständlich gehören dazu auch palästinensische Perspektiven.

Auch Eltern und Schüler dürfen sich an Sie wenden. Worum geht es Eltern besonders?

Jüdische Eltern sind in großer Sorge um die Sicherheit ihrer Kinder. Es ist deshalb richtig, dass die Landesregierung den Schutz jüdischer Einrichtungen verstärkt hat. Jüdinnen und Juden müssen sich in diesem Land sicher fühlen!

Gibt es Kontakte zu muslimischen Gemeinden?

Es bestehen vielfältige Kontakte zu anderen religiösen und gesellschaftlichen Gruppen. Es geht dabei zum Beispiel um gegenseitigen Erfahrungsaustausch. Mitglieder muslimischer Gemeinden besuchen regelmäßig Veranstaltungen von SABRA.

Beratungstermine bei SABRA gibt es nach vorheriger Anmeldung unter 0211 46912626 oder per E-Mail an sabra.beratung@jgdus.de