Gelsenkirchen-Buer. Wieso ein Stand-Betreiber die Lösung beim Streit um Wochenmarkt-Zeiten in Gelsenkirchen-Buer als Verschlechterung sieht. Sorge um Händler.
Ein „Anker“ für die buersche Innenstadt, eine „Wucht“ gar und „Attraktion“: Jede Menge Lob von Seiten der Politik gab’s jetzt für den Wochenmarkt im Wirtschaftsförderungsausschuss, als auf Dringlichkeitsantrag von SPD und CDU der Ärger um die Verkaufszeiten (wir berichteten) thematisiert wurde. Harmonie pur war trotzdem nicht zu besichtigen: Die Stadt stellte ihre aktuelle Änderung der Marktordnung zwar als Entgegenkommen dar. Doch so manch einer sieht diese schlicht als Verschlechterung der Ist-Situation.
Wie dramatisch sich die Lage der Wochenmarkt-Händler seit der Corona-Pandemie entwickelt habe, wie dringend sie Unterstützung auch von der Stadt benötigten: Das veranschaulichte Dr. Siegbert Panteleit, bei Gelsendienste als Marktobermeister zuständig für die Organisation der Wochenmärkte: Ohne Hilfe „gehen uns die Beschicker in die Knie!“
Gelsenkirchener Marktobermeister: Längere Verkaufszeiten seit Jahren gelebte Praxis
Um 2 Uhr aufstehen, um 4 Uhr zum Großmarkt, um 6 Uhr Stand aufbauen auf dem Wochenmarkt Buer, der dienstags, donnerstags und samstags offiziell von 8 bis 13 Uhr läuft: „Das ist schon ein harter Arbeitstag, der mit der Abfahrt um 15 oder 15.30 Uhr noch nicht endet, weil die unverkauften Waren gegen 16 Uhr erst einmal ausgepackt, sortiert und eingelagert werden müssen. Feierabend haben die Händler erst gegen 18.30 Uhr, Bettruhe gegen 20.30 Uhr, denn am nächsten Morgen klingelt der Wecker ja wieder um 2 Uhr.“
Und er machte klar: „Viele Kunden halten sich nicht an die offiziellen Verkaufszeiten, etliche kommen schon um 6.30 Uhr oder samstags erst nach 13.30 Uhr. Das hat bislang auch niemanden gestört, das ist eine lange Jahre gelebte Praxis.“ Wie berichtet, hatte Gelsendienste vor einigen Wochen auf die Einhaltung der Marktsatzung gepocht und bei Wartezeiten für die Reinigungsteams mit Ausgleichszahlungen gedroht.
Warum sich die Situation der Gelsenkirchener Markt-Beschicker verschlechtert hat
Seit einiger Zeit litten die Händler nun unter sinkenden Umsätzen („die Zahlen in 2023 liegen weit unter denen von 2020“), Großmarkt-Schließungen, die sie zur Suche neuer Anlaufstellen und Umwegen zwängen, Aushilfs- und Nachwuchsmangel. Auch der Klimawandel mit seinen heißen Sommern und dem Starkregen setze ihnen zu.
Als Maßnahme hatte Gelsendienste schon letzte Woche verkündet, die Verkaufszeiten auf dem zentralen Platz in diesem Jahr – auch für die Gastro-Zone – um eine halbe Stunde von 13 auf 13.30 Uhr verlängern zu wollen. „Betriebszeit“ sei dann bis 14.30 Uhr, „Reinigungszeit“ von 14.30 bis 15.30 Uhr. „Damit sind alle Händler einverstanden“, betonte Panteleit im Ausschuss, verbunden mit der Hoffnung, die Verkaufszeiten bei Bedarf schrittweise jedes Jahr um 30 Minuten zu erweitern bis auf 16 Uhr im Jahr 2026.
Auf dem Gelsenkirchener Robinienhof können Händler ihre Blumen länger verkaufen
Was vergangene Woche noch für „denkbar“ gehalten wurde, soll nun tatsächlich bis Ende des Jahres umgesetzt werden: Auf dem Blumenmarkt im Robinienhof können die Händler ihre Waren ab sofort so lange verkaufen, wie sie wollen – sogar bis abends. Ärger mit Gelsendienste wegen der Reinigung sei dort nicht (mehr) zu erwarten, weil die Beschicker die Flächen selbst fegen, so die Absprache.
Verdruss gab’s trotzdem im Zuschauerbereich: Frank Tiemann, Inhaber der Horster „Flower Company“ und damit Beschicker auf dem buerschen Wochenmarkt, geißelte die neue Regelung der Marktzeiten auf dem zentralen Platz als Mogelpackung: „Tatsächlich handelt es sich um eine Verkürzung der gelebten Praxis, weil bislang ein Verkauf bis 14 Uhr geduldet wurde. Auf Münsters Wochenmarkt pulsiert bis 14.30 Uhr das Leben, und bei uns wird schon so früh abgebaut.“
Gelsenkirchener Marktobermeister: Überdachung soll privat finanziert werden
Stadtrat Nowack versuchte zu beschwichtigen: „Auch wenn die Verkaufszeit offiziell um 13.30 Uhr endet, so ist die Betriebszeit bis 14.30 Uhr doch so etwas wie eine Kulanzzeit.“
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Was Marktobermeister Panteleit durch private Sponsoren in Angriff nehmen möchte, um die Rahmenbedingungen für die Händler vor Ort zu verbessern, ist ein Wetterschutz: Drei Leichtbaudächer mit Solarpaneelen könnten Beschicker, Waren und Kundschaft vor Sonneneinstrahlung und Regen schützen. Die produzierte Energie könnte in Elektroladestationen fließen.
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Als Komplettüberdachung wie auf dem Düsseldorfer Karlsplatz – so die Nachfrage von Frank-Norbert Oehlert (CDU) sei dies aber nicht gedacht. „Die Händler sollen ihre Stände auch immer wieder abbauen, weil der Platz ja auch zum Parken genutzt wird.“