Gelsenkirchen-Buer. Zu viel „Druck“ und „Drohung“: Wieso die Händler jetzt um die Attraktivität des Wochenmarkts in Gelsenkirchen-Buer fürchten.
Sehr früh aufstehen, harte körperliche Arbeit und das bei Wind und Wetter: Eine Komfortzone ist der buersche Wochenmarkt nicht gerade für die Händler. Trotzdem lieben viele ihren Job. Seit rund drei Wochen ist aber Schluss mit lustig: Gelsendienste habe sämtliche Beschicker ermahnt, die Fläche pünktlich um 14 Uhr besenrein zu räumen, „sonst droht uns eine 500-Euro-Strafe“, so Marktsprecher Marvin Tidili. Er fürchtet nun Umsatzeinbußen – und dass ältere Kollegen dem zeitlichen Druck nicht standhalten und ganz aufgeben.
„Wenn wir diese neue Auflage einhalten wollen, müssen wir uns richtig abhetzen, erst recht beim Samstags-Wochenmarkt, wenn wir bis 13.30 Uhr verkaufen. Das ist kaum zu schaffen“, ärgert sich der Fisch-Somelier aus Bismarck.
Marktsprecher von Gelsenkirchen-Buer: „Vorgabe macht Geschäft der Händler kaputt“
Dabei sei es seit Jahrzehnten Gewohnheitsrecht, dass der Wochenmarkt nur dienstags und donnerstags bis 13 Uhr stattfindet, die Kunden aber samstags bis 13.30 Uhr einkaufen können. Als er Gelsendienste darauf hinwies, habe es nur geheißen, „dass wir auch samstags nur bis 13 Uhr bedienen sollen.“
„Ich kann doch nicht eine langjährige Stammkundin, die Fisch für 100 Euro kauft, um 13.02 Uhr wegschicken. Damit mache ich mir doch mein Geschäft kaputt“, schimpft Tidili. Für gewöhnlich bräuchten die Händler bis zu 90 Minuten, um die Waren aus ihren Ständen oder Fahrzeug-Auslagen zu räumen und den Bereich besenrein zu hinterlassen.
Sorge, dass ältere Markthändler in Gelsenkirchen-Buer dem Druck nicht gewachsen sind
Besondere Sorgen macht sich der Marktsprecher um ältere Händler, die dem höheren Arbeitstempo am Ende eines langen Tages womöglich nicht gewachsen seien. „Nicht dass sie ihren Stand früher als geplant aufgeben?!“
Gelsendienste-Sprecher Tobias Heyne rechtfertigt auf Nachfrage der Redaktion die Anordnung mit Verweis auf die für ganz Gelsenkirchen geltende Marktordnung, die die Verkaufszeiten unabhängig vom Wochentag auf 8 bis 13 Uhr und eine Räumung bis 14 Uhr festsetzt.
Gelsendienste: Verspätung führt zu Problemen in der Arbeitsorganisation
Weil sich „einige wenige Händler“ nicht daran hielten, könne Gelsendienste „erst mit deutlicher Verspätung, in Einzelfällen gar erst um 15.30 Uhr“ mit den Reinigungsarbeiten beginnen. Dies führe zu Problemen bei der Arbeitsorganisation, da die Mitarbeitenden im Anschluss noch in anderen Bereichen im Einsatz seien. „Außerdem kann die Fläche erst nach Abschluss der Reinigung wieder für die Nutzung als Parkplatz freigegeben werden.“ [Lesen Sie auch:Große Sorge um Zukunft der Märkte in Gelsenkirchen]
Die entsprechenden Händler seien „schon mehrfach“ darauf angesprochen worden, ohne dass sich die Situation gebessert habe, heißt es in der Stellungnahme von Ende August. Deshalb habe man bei dem erneuten Gespräch vor rund drei Wochen darauf hingewiesen, „dass die andauernden Verspätungen nicht länger toleriert werden können und zukünftig die Verursacher für die Wartezeit, in der unsere Teams nicht arbeiten können, aufkommen müssen.“ Eine konkrete Summe sei dabei nicht genannt worden. Die Marktordnung sieht bei Fehlverhalten eine Konventionalstrafe von 500 Euro vor.
Auf dem Robinienhof in Gelsenkirchen-Buer reinigen Blumenhändler fortan selbst
Warum Gelsendienste nach vielen Jahren anderer Praxis so plötzlich auf einen Samstags-Wochenmarkt-Schluss von 13 Uhr pocht und wie rigide die Einhaltung sanktioniert wird, bleibt trotz entsprechender Nachfragen unklar.
Wie Heyne aber Anfang September hervorhebt, sei mittlerweile „bei einem klärenden Gespräch mit allen Beteiligten etwas Druck aus dem Kessel genommen“ worden. „Wir sind mit den Blumenmarkt-Händlern auf dem Robinienhof überein gekommen, dass diese den Bereich selbst reinigen. Damit ist man zeitlich flexibler, und wir können dem Händler-Wunsch entsprechen, den Markt dort bis 13.30 Uhr zu verlängern.“
Gelsendienste will bei Verstößen künftig „mit Augenmaß“ reagieren
Was ähnliche Öffnungszeiten auf dem zentralen Marktplatz angeht, so sieht Gelsendienste dies jetzt „grundsätzlich positiv“. Dass Marktsprecher Tidili im Mai eine Verschiebung der Zeiten um zwei Stunden nach hinten angeregt hatte, dass Blumenhändler Frank Tiemann vor einigen Wochen in einem schriftlich formulierten Antrag eine Verlängerung donnerstags auf 14 und samstags auf 14.30 Uhr vorgeschlagen hatte: Dazu wollte sich Heyne (noch) nicht konkret äußern.
„Es gibt einige Punkte, die dazu vorher intern geklärt werden müssen. Die Frage ist auch, ob die Stadt auf Einnahmen aus den Parkgebühren verzichten kann und ob dem stationären Handel nicht Parkplätze für die Kunden fehlen.“
Ob Gelsendienste bis zur endgültigen Klärung dieser Fragen auf dem zentralen Marktplatz Konventionalstrafen verhängt bzw. Wartezeiten der Reinigungsteams in Rechnung stellen will: Auch dazu mochte sich Heyne nicht konkret äußern. „Wir werden die Sache weiterhin mit Augenmaß so handhaben wie in der Vergangenheit.“