Gelsenkirchen. Gelsenkirchens Marktbetreuer Panteleit wünscht sich, dass die Generation Greta Wochenmärkte für sich entdeckt – aber verfolgt auch eigene Ideen.

Siegbert Panteleit, Gelsendienste-Verantwortlicher für die Wochenmärkte in Gelsenkirchen, bangt um die Zukunft der Marktangebote in der Stadt. „Ich mache mir große Sorgen um die Überalterung der Markthändler“, sagte Panteleit im vergangenen Wirtschaftsausschuss. „Wir werden in den nächsten fünf Jahren ungefähr 30 Prozent unserer Händler verlieren – wenn nicht mehr. Die Leute bekommen kein Personal“, betonte der Standort- und Projektentwickler – und verknüpfte seine Worte mit einem deutlichen Appell.

„Ich würde mir wünschen, dass wir es gemeinsam schaffen, den Beruf des Markthändlers so attraktiv zu machen, dass wir die junge Generation dazu kriegen, nicht nur mit akademischen Abschlüssen, sondern auch in solchen Berufen das Berufsglück zu suchen“, so Panteleit. „Man kann auch studieren, um auf dem Markt zu stehen.“ Gerade die klimabewusste „Fridays for Future“-Generation müsste Panteleits Auffassung nach für die Märkte und ihre lokalen Produktionsketten zu begeistern sein.

Marktangebot in Gelsenkirchen ist in den letzten Jahren immer vielfältiger geworden

Um sich den aktuellen Gegebenheiten anzupassen und sich breiter aufzustellen, versucht Gelsendienste bei der Gestaltung der Markstandorte in Gelsenkirchen mehr und mehr auf bürgerschaftliches Engagement, Vereine und Vor-Ort-Initiativen zu setzen. So entstehen in Gelsenkirchen immer mehr sogenannte Quartiersmärkte. Die Politik hatte für die Weiterentwicklung solcher Märkte 15.000 Euro Personalkosten in den Haushalt 2022 einstellen lassen und will sie auch 2023 weiter fördern.

Siegbert Panteleit ist Ansprechpartner für die Märkte in Gelsenkirchen. Er macht sich große Sorgen um die Zukunft der Branche: „Wir werden in den nächsten fünf Jahren ungefähr 30 Prozent unserer Händler verlieren – wenn nicht mehr.“
Siegbert Panteleit ist Ansprechpartner für die Märkte in Gelsenkirchen. Er macht sich große Sorgen um die Zukunft der Branche: „Wir werden in den nächsten fünf Jahren ungefähr 30 Prozent unserer Händler verlieren – wenn nicht mehr.“ © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Seit einigen Jahren ist die Entwicklung der Märkte in Gelsenkirchen sehr vielfältig. Neben den klassischen Wochenmärkten (8 bis 13 oder 14 Uhr) sind die Feierabendmärkte in der Altstadt und in Buer hinzugekommen, laut Panteleit „mittlerweile die sozialen Treffpunkte schlechthin“. Aber auch mit den sogenannten regionalen Märkten, bei denen Selbsterzeuger aus benachbarten Gebieten verkaufen sollen, wurde versucht zu experimentieren. „Das ist uns nicht ganz gelungen“, gestand Panteleit ein. Erfolgreicher seien da die Versuche mit den Quartiersmärkten.

„Graswurzelbewegung“: Wo in Gelsenkirchen Quartiersmärkte etabliert werden sollen

Diese bezeichnet Panteleit als „eine Graswurzelbewegung aus den Vereinen und den Quartiersnetzwerken“. Sie sind eine Art Vertriebsplattform für Selbsterzeuger – aus urbanen Gärten, Kleingärten, Privatgärten oder kommunalen Streuobstwiesen, die nicht wöchentlich, sondern saisonal stattfinden. Heißt: „In der Urlaubszeit oder im Winter funktionieren sie nicht“, merkte Panteleit an. Die Idee: „Die Stadt bietet die Bühne, den Platz, die Infrastruktur, das Personal für die Technik“ – und der Rest kommt aus der Bevölkerung.

Fest etabliert und ausgebaut werden sollen Quartiersmärkte in Scholven, Horst-Süd, Horst-Nord, Heßler, Erle, Resse und Ückendorf – in Zusammenarbeit mit ganz unterschiedlichen Akteuren aus den jeweiligen Nachbarschaften.

Das sind die Wochenmärkte und (geplanten) Quartiersmärkte in Gelsenkirchen.
Das sind die Wochenmärkte und (geplanten) Quartiersmärkte in Gelsenkirchen. © funkegrafik nrw | Anda Sinn

In Scholven ist der Initiator das Quartiersprojekt Scholven der Caritas, das jetzt den Marktplatz in Scholven revitalisieren möchte. Hier sei man derzeit in inhaltlichen Gesprächen über die Umsetzung, so Panteleit. Gespräche fänden aktuell außerdem mit der Werbegemeinschaft in Horst zur Realisierung eines Quartiersmarktes in Horst-Nord statt. Zudem stehe man in Kontakt mit der „Heidelbürger“-Wohnungsbaugenossenschaft in Ückendorf, die ein entsprechendes Format im Innenhof des „Hier ist nicht da“ ins Leben rufen wolle.

Bezirksbürgermeister Heidl über Quartiersmärkte: „Wir wollen die Plätze wiederbeleben“

Neue Angebote soll es auch im Westen geben: Wie Bezirksbürgermeister Wilfried Heidl (SPD) verrät, soll im nächsten Jahr einmal im Monat an der Marktstraße in Erle zur Feierabendzeit ein Quartiersmarkt organisiert werden – über Vereine wie die örtliche ZWAR-Gruppe, Karnevalisten oder Kleingärtner, die vor Ort „beispielsweise ihre selbst gemachte Marmelade verkaufen können.“ Ein ähnliches Format ist 2023 am Markt in Resse geplant. „Wir wollen die Plätze wiederbeleben!“, sagt Heidl.

Der Feierabendmarkt in Buer ist eines der Formate, mit denen das Marktleben in Gelsenkirchen vielfältiger gestaltet werden soll.
Der Feierabendmarkt in Buer ist eines der Formate, mit denen das Marktleben in Gelsenkirchen vielfältiger gestaltet werden soll. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Bereits etabliert ist, aber weiter ausgebaut werden soll ein Quartiersmarkt in Horst-Süd, der allerdings eher unter dem Namen „Mobiles Markt-Bistro“ bekannt ist. Über Ehrenamtler aus dem „Runden Tisch Horst“ ist das Angebot entstanden, ursprünglich mit dem Gedanken, dem Wochenmarkt an der Harthorststraße dadurch neues Leben einzuhauchen. „Die Idee war, ein zusätzliches Angebot zu schaffen, indem man Marktbesucher mit einem Stück Kuchen und Gebäckteilchen anlockt“, erklärt Tomas Grohé vom „Runden Tisch“. Jeden ersten Freitag im Monat sind er und seine Mitstreiter vor Ort, bauen Tische, Stühle, gegebenenfalls einen Pavillon auf.

Auch in Heßler ist der Begriff „Quartiersmarkt“ weniger gebräuchlich. Hier trifft man sich unter dem Motto „Nach dem Wochenmarkt ist vor dem Feierabend-Treff“ ein Mal im Monat um 17 Uhr bei Würstchen und Getränken zu kleinen Preisen auf dem Marktplatz. Organisator ist hier das „Netzwerk GE-Heßler“.

Gelsendienste-Marktbetreuer Panteleit: „Das holen wir jetzt auf“

Gelsendienste kommt ins Spiel, um für all diese Marktangebote die Infrastruktur, das Material, den Service zu bieten. Allerdings geht das nicht mal eben von heute auf morgen, wie Siegbert Panteleit im Wirtschaftsausschuss einräumen musste. Abstell- oder Aufbaugenehmigungen, Arbeiten der Isolierer, Installations- oder Tiefbauunternehmen und und und: „Alleine ein Toilettenanschluss kostet ein Jahr.“

Sobald die Marktstandorte wieder besser ausgestattet sind, so hofft Panteleit, könnten diese aber auch für den Nachwuchs interessanter werden: „Denn dass sich die jungen Leute nicht als Markthändler selbstständig machen, das hat auch mit der unzureichenden Ausstattung zu tun. Das holen wir jetzt auf.“