Gelsenkirchen. Erneut haben Gelsenkirchener Gymnasien und Realschulen extrem viele Kinder abgeschult. Wo die „weitergereichten“ Schülern nun lernen.

152 Jungen und Mädchen mussten nach den Sommerferien in Gelsenkirchen auf eine andere Schule wechseln, weil Sie laut Bewertung der Schule die notwendigen Leistungen nicht erbringen konnten. 58 dieser „Abgeschulten“ – davon die allermeisten nach dem Jahrgang sechs, also nach der Erprobungsstufe – mussten die Realschule Richtung Hauptschule verlassen. In vier Fällen allerdings schafften Hauptschüler genau anders herum den Sprung von der Haupt- zur Realschule.

Die übrigen 94 wurden von Gymnasien an eine Realschule verwiesen, meist nach Klasse sechs. Eine Zuweisung der Kinder auf eine Gesamtschule ist nicht zulässig, zumal Gesamtschulen ohnehin schon besonders stark belastet sind.

Nicht alle angekündigten Kinder sind in der neuen Schule angekommen

Im Juni waren nach den Zeugniskonferenzen sogar mehr Schulformwechsler, wie es offiziell heißt, gemeldet worden. 71 sollten es von den Realschulen sein, 104 von den Gymnasien. Die Zahl 152 nennt nun die Zahl der Kinder, die an den ihnen im Juni zugewiesenen Schulen im September wirklich angekommen sind. Einigen ist noch eine Versetzung dank Nachprüfung gelungen, wodurch sie bleiben konnten, andere könnten weggezogen oder an einer Berufsschule untergekommen sein. Was aus den nicht in der zugewiesenen Schule angekommenen Schülern wurde, ist der Verwaltung nach eigenen Angaben nicht bekannt. Diese Einzelfälle zu nachzuverfolgen ist Aufgabe der abgebenden und aufnehmenden Schulen.

Abgeschult haben vor allem Gymnasien im Stadtsüden (61), darunter 28 vom Ricarda-Huch-Gymnasium, 19 vom Grillo, acht vom Schalker und sechs vom Gauß-Gymnasium. Im Norden waren es am Leibniz 31, am Max-Planck sieben und am Annette-von-Droste_Hülshoff fünf Schülerinnen und Schüler, die gehen mussten.

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Die meisten ehemaligen Realschülerinnen und -schüler haben die Hauptschule Schwalbenstraße (26) und die Hauptschule Grillostraße (20) aufgenommen. Die Lessing- (46) und die Realschule Mühlenstraße (25) nahmen die meisten abgewiesenen Gymnasiasten auf. Im Gegenzug reichten die Lessing-Realschule 25, die Gertrud Bäumer 23, die Mühlenstraße 15 und die Mulvany Realschule acht ihrer Schülerinnen und Schüler an eine Hauptschule weiter.

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In den Gesamtzahlen enthalten sind Schulformwechsler nach Klasse sechs, sieben, acht und neun. Nach Klasse acht waren es diesmal ebenfalls erstaunlich viele Betroffene, vor allem Gymnasialabgänger (27). Sie wären bereits von der Umstellung auf G9 betroffen gewesen, hätten bis zum Abitur also bereits ein Jahr mehr Zeit gehabt als etwa die diesjährigen Abiturienten.

Im Sommer 2022 war die Zahl der Kinder, die bereits in jungen Jahren mit einem ersten Scheitern konfrontiert wurden, sogar noch höher gewesen: 194 Gymnasiasten und Realschüler waren betroffen. Allerdings kann die extrem hohe Zahl im Vorjahr dadurch bedingt gewesen sein, dass 2021 – dem Jahr der Corona-Lockdowns – ein Sitzenbleiben laut Schulministerium gar nicht vorgesehen war. Vor Corona lag die Zahl der Schulformwechsler in der aktuellen Größenordnung in Gelsenkirchen. 2017 waren es 146 Kinder, 2018 148, davon die meisten Gymnasiasten.

Schulen argumentieren mit nicht befolgten Grundschulempfehlungen

2019 hatte die Verwaltung angekündigt, den Gründen für die hohe Zahl von Abschulungen nach der Erprobungsstufe nachzugehen. Schulpolitiker mahnten eine Politik des Behaltens statt Abgebens an, Gespräche mit Schulleitungen wurden von der damaligen Dezernentin Annette Berg angekündigt. Diese Gespräche sollen auch stattgefunden haben.

Die Schulen argumentierten mit Eltern, die ihr Kind entgegen der Grundschulempfehlung und auch dem Rat von Schulleitungen unbedingt an Gymnasium oder Realschule anmelden wollten. Und die Schulen müssen sie laut Schulgesetz tatsächlich aufnehmen, wenn es noch freie Plätze gibt. Immerhin reduzierte sich in dem Jahr nach den Appellen die ursprüngliche Zahl der Abschulungen von 293 auf 174.

Auch die obere Schulaufsicht in Münster wurde ins Boot genommen, um den Schulen ins Gewissen zu reden, sie von einer Politik des „Behaltens“ zu überzeugen. Bisher jedoch mit kaum spürbarem Effekt. 2021 beschloss der Fachausschuss für Bildung, für das Jahr 2022 10.000 Euro in den Haushalt einzustellen für eine Analyse der Gründe von Abschulungen, um dies Schülern künftig ersparen zu können. Die wissenschaftliche Begleitung durch die Ruhr-Universität Bochum und Osnabrück läuft aktuell, allerdings werden die Kosten dafür deutlich höher liegen, erklärte Dezernentin Anne Heselhaus dem Ausschuss. Sollte eine eingehende zweite Teilanalyse erwünscht sein, müssten dafür weitere 35.000 Euro zur Verfügung gestellt werden.