Gelsenkirchen. Ein Umzug der WH könnte Gelsenkirchen sehr guttun, meint die CDU, die SPD sieht nur „Luftschlösser“. Und wie stehen Grüne, FDP und AfD dazu?

In der Debatte, um eine mögliche Umsiedlung der Westfälischen Hochschule, die bisher isoliert und fernab von jedem Stadtteilzentrum im Norden Gelsenkirchens liegt, könnten die Meinungen bei den Gelsenkirchener Parteien kaum unterschiedlicher sein. Ein Umzug der Hochschule auf das ehemalige Zentralbadgelände sowie möglicherweise in die leerstehenden Filialen von Kaufhof und Primark oder auf andere Flächen in der Innenstadt, könnte kulturell und aus Stadtentwicklungssicht eine historische Chance sein, negativen Entwicklungen im Stadtzentrum entgegenzuwirken.

Während die CDU etwa erklärt, dass sie bereits in Kontakt mit Landesbildungsministerin Ina Brandes stehe, um möglichst wahr zu machen, was in Gelsenkirchen schon vor etlichen Jahren von vielen gewünscht wurde, nämlich mit einer zumindest teilweisen Umsiedlung der Westfälischen Hochschule die Rahmenbedingungen für echtes studentisches Leben in der Stadt zu schaffen, spricht die SPD von einem „Luftschloss“, so lange die WH nicht signalisiere, dass für solche Pläne eine Perspektive zu sehen (wir berichteten).

„Lange Planungszeit, kaum Personal, nicht gegen den Willen der Westfälischen Hochschule“ - Gelsenkirchener Grüne zeigen wenig Interesse an Umsiedlung

Und fragt man die Grünen, dann antwortet die wirtschaftspolitische Sprecherin der Ratsfraktion, Franziska Schwinge, dass „jede kreative und innovative Überlegung zur Belebung unserer Zentren sowie zur Aufwertung studentischen Lebens in Gelsenkirchen zu begrüßen ist“.

Doch gegen das Eigeninteresse der Westfälischen Hochschule würden die Grünen eine solche Debatte nicht führen wollen. Stattdessen hält die größte Oppositionspartei im Stadtrat auch die „Ansiedlung von Grund- und weiterführenden Schulen in der City für denkbar“. Welchen spürbaren Mehrwert dies für die Gesamtentwicklung der Innenstadt haben soll, erklären die Grünen indes nicht. Vor allem aber warte man noch auf die von Oberbürgermeisterin Karin Welge angekündigte Vorlage zum Sport- und Bildungscampus. Dann würden sich die Grünen mit den verschiedenen Aspekten und möglichen Optionen der Planung auseinandersetzen. Visionen, die WH umzusiedeln, sehen die Grünen außerdem skeptisch, weil „vermutlich mit einem ganz anderen Planungszeitraum gerechnet werden müsste, was angesichts des Personalmangels in der Bauverwaltung kaum kurzfristig umzusetzen wäre.“

AfD und FDP wollen die WH nicht anrühren, aber wenn es sein müsste, dann könnte laut AfD eine Flüchtlingsunterkunft in den bisherigen WH-Standort

Und auch die AfD sowie die FDP wollen am liebsten nicht am bisherigen WH-Standort rütteln. Zwar sehen die Liberalen den von der Verwaltung gewünschten Berufskollegs-Campus mit neuem Zentralbad an etwa alter Stelle „eher skeptisch“. Die Verlagerung der WH in den Stadtsüden lehnt die FDP aber gleichzeitig „kategorisch ab“. Es sei „kontraproduktiv“ stünde die Westfälische Hochschule auf einer direkten Schiene zwischen Uni Bochum und Essen/Duisburg, meint die FDP. Schließlich kämen die Studenten der WH größtenteils aus dem nördlichen Ruhrgebiet bzw. dem Münsterland. Für eine stärkere Präsenz der Hochschule in der Buerschen Innenstadt hingegen, würde sich die FDP gerne einsetzen und begründen dies wie folgt: „Wir sind gegen einen weiteren Ausverkauf der Stadtnordens“, so Fraktionschefin Susanne Cichos.

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Die Vorstellung eines großen Berufskollegzentrums auf dem ehemaligen Zentralbadgelände gefällt der FDP aber auch nicht. Zum einen fragen sich die Liberalen, „wo die heraufbeschworenen Synergieeffekte bei den unterschiedlichen Ausrichtungen der Berufskollegs konkret sein sollen“. Zum anderen mache sich die Partei Sorgen um die Verkehrssituation, wenn zu Stoßzeiten Tausende Schüler oder Studenten sowie Lehrer und Dozenten anlanden.

„In Bildung zu investieren ist richtig. Transformation ein wichtiges Stichwort“, sagt Susanne Cichos. Doch ginge es nach der FDP, würde es weder den einen (Berufskollegszentrum) noch den anderen großen Wurf (WH-Umsiedlung) geben. Übrig bliebe: „Die durchaus charmante Idee, VHS und Bücherei in einem neuen gemeinsamen Gebäude unterzubringen, um langfristig Platz zu schaffen für einen neuen attraktiven Eingangsbereich der Gelsenkirchener Innenstadt. Wir möchten über dem wirklich tollen neuen Schwimmbad ein Haus für alle Gelsenkirchener schaffen, ein modernes Begegnungszentrum mit einer zukunftsweisenden Architektur.“ Was das genau sein soll, erklärt die FDP nicht.

Ähnlich argumentiert auch die Gelsenkirchener AfD, warum sie einem Umzug der WH in den Stadtsüden skeptisch gegenüber steht. Da sei zum einen die Verkehrsbelastung, die zu befürchten wäre und zum anderen solle „endlich“ ein neues Zentralbad mit „diversen Bildungseinrichtungen“ gebaut werden. „Ewiger Debatten über immer neue Vorschläge bedarf es da nicht“, so Fraktionschef Jan Preuß.

Sollte die Hochschule aber doch umgesiedelt werden, so fürchtet die AfD, dass das Land NRW die Stadt Gelsenkirchen drängen könnte, den dann leergezogenen Campus als Flüchtlingsunterkunft zu nutzen. Hintergrund für diese Annahme der AfD ist die aktuelle Debatte um mangelnde Kapazitäten in den Landeserstaufnahmeeinrichtungen für Geflüchtete.