Gelsenkirchen-Buer. Fünf Monate Pop-Up-Biergarten in Gelsenkirchen-Buer waren ab Mai geplant. Zuletzt stand er gar auf der Kippe. Wer ihn nun rettet, wann er kommt.

„Autos runter, Menschen und Kultur rauf“: So lautete das Motto des „Urbanus-Herbsts“ Ende 2022, für den die untere Hagenstraße extra gesperrt wurde, jedenfalls für Autos. Stattdessen avancierte der Bereich vor den Lokalen „L.ON“ und „Domgold“ zu möblierten „Stadtterrassen“. Diese hätten – in abgespeckter Form – 2023 längst zum „Urbanus-Kiez“ werden sollen. Doch der Pop-Up-Biergarten wird seit Wochen immer wieder verschoben, stand gar vollends auf der Kippe. Nun kam die überraschende Wende.

Ende 2022 war der „Urbanus-Kiez“ noch für einen Zeitraum von Mai bis September angedacht. Anliegen war und ist es, den öffentlichen Verkehrsraum erneut für Außengastronomie zu nutzen, allerdings ohne großes kulturelles Rahmenprogramm. Nicht nur „L.ON“-Chef Christoph Klug, auch andere Wirte sollten den Open-Air-Biergarten in der Sackgasse gegenüber vom Spielplatz an der Freiheit bespielen.

Seither hielten Stadt und Gastronom Klug zwar an den Plänen fest, standen dazu auch seit vielen Monaten im Austausch. Wie sich auf Nachfrage der Redaktion herausstellte, hakte es jedoch an der Veranstalter-Frage. Den schwarzen Peter dafür schoben sich Stadt und Klug gegenseitig zu.

„Herr Klug hat uns vor einem Jahr zugesagt, als Veranstalter für den ,Urbanus-Kiez’ aufzutreten. Jetzt ist er dazu doch nicht mehr bereit“, teilte Stadtsprecher Martin Schulmann noch am Dienstagmittag mit. Die Wirtschaftsförderung habe ihn in den vergangenen Wochen mehrfach aufgefordert, entsprechende Anträge einzureichen, vergeblich.

Gelsenkirchener Gastronom Klug will nicht das Haftungsrisiko übernehmen

Will als Gastronom den „Urbanus-Kiez“ vor der Tür seiner Kneipen „L.ON“ und „Domgold“ in Gelsenkirchen-Buer zwar bespielen, aber nicht als Veranstalter auftreten: Christoph Klug.
Will als Gastronom den „Urbanus-Kiez“ vor der Tür seiner Kneipen „L.ON“ und „Domgold“ in Gelsenkirchen-Buer zwar bespielen, aber nicht als Veranstalter auftreten: Christoph Klug. © FUNKE Foto Services | Joachim Kleine-Büning

Klug selbst begründete seine Absage, als Veranstalter aufzutreten, mit dem Haftungsrisiko und dem damit verbundenen finanziellen Aufwand. An der Bewirtung der Besucherinnen und Besucher beteiligen will Klug sich aber nach wie vor.

Auch sei er bereit, mindestens 16 Bierzeltgarnituren und -bänke mit insgesamt etwa 160 Sitzplätzen zur Verfügung zu stellen, „bei Bedarf auch gerne mehr“. Nur eben den „Veranstaltungshut“ mochte Klug nicht tragen. Hat er doch aktuell die Organisation und Logistik für das mehrwöchige Festival Kulturbiergarten am Michaelshaus übernommen und ist in dieser Funktion oft bis in die Nacht im Einsatz.

An Veranstalter-Frage drohte der „Urbanus-Kiez“ in Gelsenkirchen-Buer zu scheitern

Wer den Part des Veranstalters für den „Urbanus-Kiez“ übernehmen könnte, war völlig unklar. „Vielleicht könnte die Stadtmarketing (SMG) ja einspringen“, schlug Bezirksbürgermeister Dominic Schneider (SPD) vor, der ebenfalls in die Vorbereitungsgespräche eingebunden ist. „Womöglich können sich auch mehrere Wirte die Versicherungssumme teilen?“

Dass die SMG den Veranstalter-Hut auffängt, hielt Stadtsprecher Schulmann für „nicht vorstellbar“. Sie habe dafür „nicht ausreichend Manpower“ und sei „dafür nicht aufgestellt“. Eventuell finde sich ja auch ein anderer Gastronom. „Die Wirtschaftsförderung ist jedenfalls wild entschlossen, dieses Format durchzuführen. Wir werden sehen, ob es dann am Ende auch klappt“, zeigte sich Schulmann Dienstagmittag eher skeptisch denn optimistisch.

Gelsenkirchener Verein „Insane Urban Cowboys“ übernimmt nun den Veranstalter-Part

Nach einem Redaktions-Anruf bei dem gemeinnützigen Verein Insane Urban Cowboys (IUC) am Nachmittag kam schließlich die Wende. Dieser Zusammenschluss von Kunstschaffenden und Unternehmenden war 2022 von der Stadt damit beauftragt worden, den „Urbanus-Herbst“ zu organisieren – nicht nur als Kultur- und Außengastronomie-, sondern auch als Stadtentwicklungs-Projekt. Und in dieser Ex-Funktion fühlt sich der Verein auch für „die zweite Testphase“ mitverantwortlich. Sprich: Er übernimmt nun den Veranstalter-Part samt Haftpflichtversicherung – der „Urbanus-Kiez“ 2023 ist damit gerettet.

Wie Roman Milenski von den IUC auf Nachfrage mitteilte, soll das Format nun „von Ende August bis Ende September“ auf der unteren Hagenstraße stattfinden. Als beteiligte Gastronomen stehen Klug und Yalcin Yildiz („Buerno“) fest, weitere sind angefragt. „Darüber hinaus können sich auch noch andere Wirte bei der Wirtschaftsförderung melden“, so Schulmann.

Realisiert werden vier Wochen „Urbanus-Kiez“ – geplant waren anfangs fünf Monate

Dass statt des ursprünglich geplanten Zeitraums von rund fünf Monaten nach derzeitigem Stand nur vier Wochen realisiert werden, in denen die Sackgasse Hagenstraße samt 15 Parkplätze gesperrt wird, ist offenbar den – so IUC – „Missverständnissen“ zwischen Stadt und Gastronomen geschuldet. Milenski jedenfalls zeigte sich froh und erleichtert, dass der „Urbanus-Kiez“ überhaupt zustande kommt.

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„Für uns handelt es sich schließlich nicht nur um eine temporäre einmalige Veranstaltung, sondern um ein Format, das noch einmal austestet, wie man die Aufenthaltsqualität vor Ort verbessern kann, wenn öffentlicher Raum nicht für Autos genutzt wird. Unser aller Ziel ist und bleibt, den Bereich mit niedrigschwelliger Infrastruktur so umzubauen, dass kleinere Kultur-Events und Außengastronomie ohne großen Aufwand kurzfristig machbar sind“, betonte er.

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Dass auch die Stadt an diesem Vorhaben festhält, bestätigte auch Schulmann. Wann es zu einem Umbau kommen könnte, dazu wollte er sich nicht äußern. „Die Bauprojekte an den Schulen haben derzeit oberste Priorität. Aber wir behalten den Urbanus-Kiez im Auge“, versprach er.