Gelsenkirchen-Buer. Petra Röber ist Schaustellerin aus Gelsenkirchen-Buer. Sie hat in einer Schausteller-Familie eingeheiratet und sich für den Beruf entschieden.

„Ich bin wahrscheinlich schon bei meinem Schwiegervater als Kind auf den Ponys geritten“, sagt Petra Röber. Denn das Oktoberfest in ihrer Heimat, in Lünen-Süd, das war für die Familie Röber schon immer ein fester Termin im Kalender. Jahre später lernt sie 1997 durch eine gemeinsame Freundin den Schausteller-Sohn Andreas Röber kennen. „Mein erster Gedanke war: Was ist das für einer? Also, Liebe auf den ersten Blick war es nicht“, sagt die 46-Jährige und lacht herzlich. Denn es dauert nicht lange, da ist sie ein Teil der Schausteller-Familie – und des Gelsenkirchener Familienunternehmens.

„Als wir uns kennenlernten, da haben viele Menschen aus meinem Umfeld gesagt: Überlege dir das gut. Du gibst dein ganzes Leben auf. Ich selbst habe da gar nicht so drüber nachgedacht.“ Damals arbeitet Petra Röber in ihrem gelernten Beruf als Erzieherin. Als sie nach einem Jahr mit Andreas zusammen kommt, ist sie unter der Woche weiterhin im Kindergarten tätig. „Und am Wochenende bin ich mitgefahren auf die Feste, um Andreas dort zu helfen. So ging das drei Jahre lang, bis ich schwanger wurde. Da habe ich gesagt, hopp oder topp. Diese Doppelbelastung, das ging nicht mehr.“

Die Gelsenkirchenerin brauchte ein paar Monate Bedenkzeit

Schaustellerin Petra Röber: „Es ist einfach unsere Leidenschaft.“
Schaustellerin Petra Röber: „Es ist einfach unsere Leidenschaft.“ © FUNKE Foto Services | Michael Dahlke

Allerdings nimmt sich Petra Röber eine Bedenkzeit. Die Jahre des Mutterschutzes dienen quasi als Probezeit. „Ab und zu habe ich im Hinterkopf gehabt, ich kann nach dem Erziehungsurlaub zurück in meinen Job. Aber eigentlich war mir immer klar, ich bleibe im Familienunternehmen.“ Die wichtigsten Dinge lernt sie nach und nach. „Man wächst da so rein. Erst habe ich gelernt, wie man Mandeln von Hand brennt.“

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Wenige Wochen nach der Geburt ihres Sohnes geht Petra Röber in den Verkaufswagen des Familienunternehmens Röber, das mehrere fahrende Geschäfte umfasst. Dort bringt sie süße Leckereien an den Mann und an die Frau. „Den kleinen Maxi hatte ich immer dabei. Das wurde erst schwierig, als er anfing zu laufen.“ Aber man wachse ja mit seinen Aufgaben, sagt die Geschäftsfrau, die damals mehr und mehr auch andere Tätigkeiten übernimmt. Etwa den „Papierkram“. Bald schon eröffnet das junge Paar einen eigenen Waffel-Wagen. „Wir mussten ja auch ein bisschen eigenes Einkommen haben.“

Warum der Job so viel vom Wetter abhängt

Die große Herausforderung: Nichts ist planbar. „Du kannst nie Geld im Voraus ausgeben. Weil du nie weißt, wie eine Veranstaltung wirklich läuft.“ Es müsse ja nur regnen, und schon seien die Einnahmen weniger gut als erhofft. „Das war anfänglich schwierig für mich. Aber ich konnte immer gut mit wenig Geld wirtschaften.“ Dennoch: Man lebe auf Sicht. Krisen inklusive. „Ich erinnere mich noch gut, wir hatten mal in Buer einen so verschneiten Weihnachtsmarkt, dass fast nichts möglich war. Ich hatte an meinem Wagen wenig Gäste. Und Andreas, der noch die Ponyreitbahn betrieben hat, konnte an der Hälfte der Tage mit den Pferden gar nicht auf die Domplatte kommen. Die Einnahmen waren so schlecht, da haben wir ganze zwei Wochen von Leben können.“ Die Winterpause jedoch ist viel länger. Irgendwie meistert das Paar auch diese Herausforderung. „Das schweißt zusammen.“

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Wie genau ihr Arbeitsalltag aussieht? „Es gibt Geschäftstage und Vorbereitungstage. An denen werden die Wagen geputzt, wird Ware eingeladen, geschaut, was fehlt und eingekauft. Einen Tag vor der Veranstaltung wird aufgebaut und die letzte frische Ware eingekauft. Am Geschäftstag kann man nochmal eine Stunde länger schlafen. Und dann geht es abends bis Mitternacht – oder auch länger. Am nächsten Tag geht es dann wieder um elf Uhr auf den Platz, bis die Veranstaltung zu Ende ist und man abends noch abbaut.“

Die Welt der Schausteller ist noch immer eine Männerdomäne

Während der Events ist Petra Röber meistens allein in ihrem Verkaufswagen, zuweilen unterstützt von Sohn Maxi und dessen Freundin. Denn Andreas Röber betreibt ein weiteres fahrendes Geschäft. Sonst reicht es nicht. „Am Tag danach heißt es dann erst einmal: Geschäftswäsche waschen. Und dann geht es von vorne los. Und wenn wir ganz viel Glück haben, haben wir mal einen Tag frei. Aber das kommt selten vor.“

In der Winterpause muss alles überholt werden, werden Reparaturen vorgenommen und Routen geplant. „Das machen wir gemeinsam.“ Mittlerweile. „Ich habe Wert darauf gelegt, eingebunden zu sein, auch zu Versammlungen der Schausteller mitzugehen. Einfach um präsent zu sein. Das tun aber längst nicht alle Frauen.“ Überhaupt sei die Welt der Schausteller prozentual betrachtet noch eine echte Männerdomäne.

Die Pandemie war für die Schausteller eine harte Zeit

Es ist ein hartes Arbeitsleben, das Petra Röber führt. Sie liebt es dennoch. Darin bestärkt sie ausgerechnet die dramatische Zeit der Pandemie mit den für Schausteller so schmerzhaften Lockdowns. „Damals sind wir bei einer Zeitarbeitsfirma untergekommen. Wir mussten ja unseren Lebensunterhalt verdienen.“ Geregelte Arbeitszeit, Schichtarbeit, das ist ganz ungewohnt für das Unternehmer-Paar. „Da haben wir unseren Job noch einmal richtig schätzen gelernt. Das ist Außenstehenden manchmal schwierig zu vermitteln. Menschen sagen: Warum macht ihr das, diese viele Arbeit? Aber es ist einfach unsere Leidenschaft.“