Gelsenkirchen-Schalke. Mit einem Standortbekenntnis startet die Vermarktung des Business Park Schalke. Investor verspricht Handwerk günstige Mieten. Hoffnungen geweckt.

Gekommen, um zu bleiben, denn „Schalke bietet hervorragende Chancen“: Das ist die Botschaft, die vom Bürgerfest auf dem ehemaligen Drahtwerk von ThyssenKrupp ausgeht, das einem millionenschweren und nachhaltigem Business Park weicht. Im Herbst beginnt der Abriss der alten Werkshallen, zum EM-Sommer 2024 soll mit dem Hochbau für das 55 Millionen Euro teure Vorzeigeprojekt im Schlagschatten der Schalker Meile in der ehemaligen industriellen Herzkammer von Gelsenkirchen begonnen werden.

Bekenntnis zum Standort Schalke: „Wir bauen nicht, um gleich wieder zu verkaufen“

„Wir bauen nicht, um gleich wieder zu verkaufen. Wir haben eine soziale, ökologische und ökonomische Verantwortung. Mindestens 15 Jahre wollen wir am Standort Schalke bleiben und uns auch um das Immobilienmanagement selbst kümmern, wenn der Park in Betrieb geht.“ Der, der das sagt, ist Andreas Bertsch, technischer Projektmanager bei der MLP Group. Das börsennotierte Unternehmen ist seit zehn Jahren auch auf dem deutschen Markt tätig und realisiert als Investor das Vorhaben. Für den Stadtteil bedeutet das einen großen Schritt in Richtung Moderne.

Freitagmittag lassen Wind und Schauer Anwohnerschaft und Interessierte zunächst verzögert den Weg auf das alte, 120.000 Quadratmeter umfassende Industriegelände finden. Es sind vor allem ehemalige Werksangehörige, die sich informieren wollen, was mit der Arbeitsstätte passiert, an der sie einen Großteil ihres Lebens verbracht haben. Bei Pommes und Currywurst, Limo oder Bier wird darüber diskutiert, was einst war, warum der Stillstand so lange währte und was nun in Zukunft werden soll.

Wünsche von Ex-Arbeitern: eine Heimstatt fürs Handwerk – 400 Arbeitsplätze angepeilt

Reinhard Bojahr (v.l.), Berthold Schlifka, Rainer Wenzel, Werner Zint und Benno Ruhl sind ehemalige Mitarbeiter von Thyssen-Draht, beim Familien- und Nachbarschaftsfest im künftigen „Business Park Schalke“ informieren sie sich über das 55- Millionen-Euro-Projekt. Sie sagen: „Endlich passiert etwas, gut für Schalke, gut für Gelsenkirchen.“
Reinhard Bojahr (v.l.), Berthold Schlifka, Rainer Wenzel, Werner Zint und Benno Ruhl sind ehemalige Mitarbeiter von Thyssen-Draht, beim Familien- und Nachbarschaftsfest im künftigen „Business Park Schalke“ informieren sie sich über das 55- Millionen-Euro-Projekt. Sie sagen: „Endlich passiert etwas, gut für Schalke, gut für Gelsenkirchen.“ © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Reinhold Bojahr ist mit 92 Jahren der mit Abstand Älteste in der launigen Runde neben Benno Ruhl (64), Bertold Schlifka (70), Werner Zint (82) und Rainer Wenzel (66). Bojahr schwärmt von alten Zeiten: „1949 haben hier 2080 Mitarbeiter geschafft, 1965 waren es noch 800, kurz vor dem Aus in den 2000er-Jahren noch etwa 400.“

Da half es auch nicht, dass der Pastor von der Gabel eines Staplers aus die Gebete in Richtung Himmel schickte. Das sagt auch Hans-Michael Michalski (84): „Gutes Projekt, aber 20 Jahre zu spät.“ Vorbei, Zeit in die Zukunft zu schauen, nachdem „Politik und Verwaltung viele Jahre hier nichts hinbekommen haben“.

Hans-Michael Michalski (84). 45 Jahre hat er bei Thyssen-Draht gearbeitet. Der neue Business Park Schalke sei für den Stadtteil endlich ein Fortschritt, glaubt der Ruheständler.
Hans-Michael Michalski (84). 45 Jahre hat er bei Thyssen-Draht gearbeitet. Der neue Business Park Schalke sei für den Stadtteil endlich ein Fortschritt, glaubt der Ruheständler. © FUNKE Foto Services | Olaf Fuhrmann

Klassische Handwerksbetriebe wünschen sich die fünf Kumpel für den neuen Gewerbepark. „Schlosserei, Schreinerei, Sanitär, Elektro – und bezahlbare Mieten, damit die Betriebe auch eine sichere Zukunft am Standort haben.“ Nur bitte nicht wieder Logistiker, von denen habe Gelsenkirchen schon genug. Das Quintett sagt auch gleich warum: „Die brauchen wegen der riesigen Lager große Flächen, bieten im Gegensatz dazu aber nur wenig Arbeitsplätze.“

Für MLP-Manager Andreas Bertsch und Stadtrat Simon Nowack nur wenige Stunden vor dem Bundesligaauftakt der Knappen im Hamburger Volkspark eine willkommene Vorlage, passt die Auswahl auch zu ihren Vorstellungen, ergänzt um „Zulieferbetriebe“. Die Stadt kalkuliert mit gut 400 Arbeitsplätzen, die hier an der Berliner Brücke neu entstehen können.

Business Park Schalke: Gewerbemiete bleibt unter sieben Euro pro Quadratmeter

Mit dem Bürgerfest, das zugleich auch zur Information der Anwohnerschaft diente, hat die MLP-Group die Vermarktung der Gewerbeeinheiten gestartet. Und sie verspricht: „Wir werden bei einem Mietpreis von unter sieben Euro pro Quadratmeter bleiben“. Damit liegt der Business Park Schalke noch unterhalb des Preisniveaus des Öko-Gewerbeparks, dessen Bau gerade am Schalker Verein auf dem ehemaligen Exarchos-Gelände angelaufen ist. Dort wird die Sieben-Euro-Marke nach Unternehmensangaben durchbrochen.

Zur Verfügung stehen künftig modulare Flächen für eine flexible und kleinteilige Vermietung, teilbar von 495 bis 30.000 Quadratmetern.

Bei der ohnehin hohen Nachfrage nach Gewerbeflächen könnte ein günstiger Mietpreis die Vermarktung beflügeln – im Berlin, wo ein kleinerer MLP-Gewerbepark (rund 18.000 Quadratmeter) entsteht, meldete die Gruppe Vollvermietung noch vor endgültiger Fertigstellung.

Gewerbepark an Berliner Brücke: mit Photovoltaik, Fassaden-Grün und Fitnesszone

Das ehemalige Thyssen-Gelände an der Berliner Brücke in Gelsenkirchen wird radikal verändert. Noch prägen alte Industriehallen das Bild vor Ort – so soll es nach dem Baustart zum Sommer 2024 aussehen. In der Bildmitte links: das Callcenter „Amevida“ direkt an der Kurt-Schumacher-Straße.
Das ehemalige Thyssen-Gelände an der Berliner Brücke in Gelsenkirchen wird radikal verändert. Noch prägen alte Industriehallen das Bild vor Ort – so soll es nach dem Baustart zum Sommer 2024 aussehen. In der Bildmitte links: das Callcenter „Amevida“ direkt an der Kurt-Schumacher-Straße. © Foto: MLP-Group

Nachhaltig und klimafreundlich gestaltet sich der Business Park Schalke dennoch: Photovoltaikanlage, begrünte Dachflächen und Fassaden für eine effiziente Ressourcennutzung und nachhaltige Wärmeerzeugung sind inbegriffen. Dazu begrünte Außenbereiche mit Fitness- und Begegnungszonen für die ansässigen Mitarbeitenden. Stadtrat Nowack brachte es auf den Punkt: „Goldstandard für und in Schalke“.

Denn die MLP-Group will nicht nur auf dem Gelände wirken, sondern auch darüber hinaus. Bertsch kündigte an, entlang der Hochkampstraße neue Bäume und neues Grün zu pflanzen – damit auch über den Park hinaus das Umfeld ein neues Erscheinungsbild erhält und aufgewertet wird – und das ist mehr als nötig, noch ist eher Beton-Tristesse vorherrschend. Der Verkehr zum und vom Gewerbepark fließt von und zur A42 künftig über die Alfred-Zingler-Straße – die mit gut 30.000 Fahrzeugen täglich belastete Kurt-Schumacher-Allee, soll so nicht noch weiter belastet werden.