Gelsenkirchen. Zum Auftakt der Veranstaltungsreihe „Kulturbiergarten“ in Gelsenkirchen-Buer begeistert Revier-Autor Frank Goosen das Publikum mit seiner Lesung.
Im „Kulturbiergarten“ ist Frank Goosen unumstrittener Stamm-Spieler. Zum vierten Mal steigt dieses Open-Air-Festival nun bereits vor dem Michaelshaus im Herzen von Buer. Und genauso oft ist der bekannte Ruhrgebiets-Autor und bekennende Fan des VfL Bochum dort aufgelaufen. In Fußballerkreisen nennt man Menschen wie ihn eine „treue Seele“.
Klar, dass es nach dem Abstieg der Königsblauen aus der Bundesliga gleich zu Beginn seines Auftritts ein paar freche Sprüche gibt. Neckereien unter Nachbarn eben. Aber Goosen gelingt das Kunststück, trotz aller sportlichen Rivalitäten eine geradezu heimelige Atmosphäre zu erzeugen – und sein Publikum verbal zu umarmen. Und das lässt seine Herzen bei usseligem November-Wetter mitten im Sommer gern erwärmen.
Im Vorjahr lockte der „Kulturbiergarten“ rund 4000 Besucher nach Gelsenkirchen
Ein gelungener Auftaktabend also für den „Kulturbiergarten“. Der erlebte seine Geburt in Corona-Zeiten – damals, als alle drinnen geplanten Veranstaltungen entweder komplett ausfallen mussten oder aber nach draußen verlagert wurden. Er diente als Ersatz für die etablierte Reihe „Rock am Dom“, die wegen der strengen Hygiene-Vorschriften für Massenansammlungen zwangspausieren musste. Trotzdem, oder gerade deshalb, entwickelte sich der „Kulturbiergarten“ sofort zum Publikumsliebling.
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„Im Vorjahr hatten wir insgesamt rund 4000 Zuschauer hier. Diese Zahl wollen wir diesmal möglichst wieder erreichen“, sagt Andreas Szepan vom Förderverein Rock am Dom. Der fungierte bislang immer auch als Veranstalter dieser dreiwöchigen Eventreihe mit über 15 Einzelveranstaltungen. Diesmal schlüpft Christoph „Kiki“ Klug, seines Zeichens buerscher Gastronom und FDP-Ratsherr, in diese Rolle.
Organisatoren bedanken sich für finanzielle Hilfe der Stadt Gelsenkirchen
Neu ist diesmal auch die Finanzierung des „Kulturbiergartens“. Bei den ersten Auflagen habe man für die Programmplanung das Geld verwendet, das eigentlich für „Rock im Dom“ eingeplant gewesen sei, erzählt Szepan. Danach seien Hilfen aus diversen Corona-Fördertöpfen hinzugekommen. In diesem Jahr sollen aber „Kulturbiergarten“ und „Rock am Dom“ stattfinden – und zwar nacheinander. Diese Doppelbelastung wäre aus Bordmitteln nicht zu stemmen gewesen, so Szepan. „Deshalb freuen wir uns sehr, dass das städtische Referat Kultur uns nun finanziell unterstützt.“
Dieses Lob nahm OB Karin Welge – gekleidet in Jeans, Regenjacke und mit kesser Mütze – in ihrer Begrüßungsrede gern auf. Sie bedankte sich für das große Engagement des Orga-Teams. Dreimal sei es hier bei dieser Reihe in Buer „schon magisch gewesen“. Und auch das vierte „Kulturbiergarten“-Jahr solle ein zauberhaftes werden, so die OB.
Frank Goosen war vier Jahre als Jugendtrainer bei Arminia Bochum im Einsatz
Dann macht sie dem Protagonisten des Abends Platz: Und Goosen hatte sich als Verstärkung sein neues Buch mitgebracht. In diesen Roman namens „Spiel ab!“ hat er all seine Erfahrungen einfließen lassen, die er in vier Jahren als Jugendtrainer bei der DJK Arminia Bochum 1926 sammeln durfte. Dort betreute Goosen „seine Jungs“ bei den E- und D-Junioren. Und erfuhr so hautnah, dass man auf dem Platz und in der Kabine nicht nur fürs Fußballspielen lernt. Sondern fürs Leben.
Die 300 Besucher auf den restlos ausverkauften Bierzelt-Holzbänken erkennen viele der folgenden Anekdoten, die Goosen frei vorträgt oder als ausgewählte Passage aus seinem Buch vorliest, sofort von ihrer eigenen „Karriere“ als Amateurfußballer wieder. Etwa, wenn man beim Betreten der Umkleide vor eine unsichtbare Wand aus abgestandenem Schweißgestank läuft. Oder dass eine Jugendmannschaft beim Umziehen für einen Trainer manchmal schwerer zu hüten und zu bändigen ist als ein Flohzirkus. Goosen hat all diese Erlebnisse genau beobachtet und schildert sie so plastisch und authentisch, dass alle Zuhörer glauben, mit in der Kabine zu stehen.
Fanfreundschaft seines VfL mit dem verhassten FC Bayern bedeutet Goosen nichts
Doch auch sein Plauder-Part zur allgemeinen Lage in Fußball-Deutschland spricht vielen aus der Seele. Vor allem dann, wenn die Branchen-Größen in die verbale Mangel genommen werden. „Ich gehöre nicht zu den VfL-Fans, die diese Kack-Fanfreundschaft zu den sch… Bayern pflegen“, keult er kräftig gen Süden aus. Überhaupt die Bayern: Deren Dauer-Meisterschaften seien inzwischen so ermüdend, dass er diesmal sogar dem ebenfalls ungeliebten BVB eher die Schale gegönnt hätte. Es erfolgt viel Zustimmung und wenig Widerspruch aus dem geballten Schalker Lager, das da vor ihm sitzt.
Die Schwarz-Gelben seien ihrerseits viel zu weinerlich gewesen, um den Titel zu holen. Hätten ständig reklamiert und nachgekartet, statt auf dem Platz abzuliefern, wo sie etliche Punkte leichtfertig verschenkt hätten. Auch für diese persönliche Analyse findet Goosen bei den Lauschenden nichts als Zustimmung.
In der Zugabe kommt auch der Musik-Liebhaber, der in Goosen ruht, noch ungezügelt zum Vorschein. So erzählt er von seinem allerersten Konzert (bei der deutschen Band Trio) und wie er es schaffte, sich ohne Karte in das Konzert von David Bowie 1983 ins Bochumer Ruhrstadion hineinzuschleichen. Alle, die das verpasst haben, brauchen sich nicht zu grämen. Denn Goosen hat versprochen, beim „Kulturbiergarten“ 2024 wieder am Start zu sein. Ein verlässlicher Stamm-Spieler eben...
Viel Applaus auch für die Musik im Vorprogramm
Zum Start des Auftaktabends stand Matthias Heselmann als Vorprogramm von Frank Goosen auf der Bühne des „Kulturbiergartens“. Im Berufsalltag schreibt er als Redakteur der WAZ-Redaktion Gelsenkirchen die Geschichten der Menschen in dieser Stadt auf. Nach Feierabend greift er gern zur Gitarre – und gibt Songs von Bob Dylan, Pink Floyd oder The Smashing Pumpkins zum Besten. Das Publikum dankte mit viel Applaus.