Gelsenkirchen. Trotz extrem hoher bürokratischer Hürden bei erstklassiger Ausbildung: Am Bergmannsheil Gelsenkirchen haben es die ersten Zuwanderer geschafft.
Danka Aleksic (28) und Milan Golubovic (38) sind endgültig in Gelsenkirchen angekommen. Vor einem Jahr wagten sie den Wechsel aus dem heimischen Serbien nach Gelsenkirchen, um sich hier als Gesundheits- und Krankenpflegefachkraft zertifizieren zu lassen und zu arbeiten. Jetzt haben die beiden – als erste von 40 Gleichgesinnten – ihre Prüfungen bestanden und damit eine Festanstellung am Bergmannsheil Buer in der Tasche. Sie schwärmen von Gelsenkirchen, von ihrer Klinik, den Kollegen und versichern: „Wir sind gekommen, um zu bleiben.“
Vier Jahre Theorie plus ein halbes Jahr Praxis ist in der Heimat Pflicht
Das ist keineswegs selbstverständlich. Die Sprache ist für alle zugewanderten Pflegekräfte eine große Herausforderung, die Arbeit an Kliniken eine andere als in der serbischen Heimat. Dort hatten beide bereits vier Jahre in einer Pflegefachschule absolviert plus ein halbes Praxisjahr. Milan hatte längere Praxis, zuletzt aber in Serbien gekellnert, um überleben zu können. Obwohl es auch dort kein Überangebot an Pflegekräften gibt, ist es schwer, eine ordentlich bezahlte Anstellung zu finden, sagen sie. Jedenfalls für Menschen, die keine besonderen Beziehungen haben.
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Und so hatte Milan bereits vor sechs Jahren beschlossen, nach Deutschland zu wechseln. Dass hier Mangel in der Pflege herrscht, ist in Serbien bekannt. Doch die ersten Vermittlungsagenturen, an die er sich wendete, scheiterten, zum Teil an der überbordenden deutschen Bürokratie und mangelhaften Strukturen. Es funktionierte erst, als er Milos Vladic kennenlernte. Er arbeitet für die Agentur Vispero, die, unter anderem vom Bergmannsheil Buer, mit der Suche nach Pflegefachkräften aus dem Ausland mit dem Schwerpunkt Balkanländer/Nicht-EU-Länder beauftragt ist. Diese wirbt nicht aktiv, sondern berät und vermittelt kostenlos (die Kosten tragen die Kliniken) Interessierte, die sich bei der Agentur melden.
Botschaftskontakte inklusive Visaangelegenheiten, Sprachkurse auf Wunsch, Beratung über Konditionen in Deutschland, Möglichkeiten des Familiennachzugs, Unterkunftsfragen – bei all dem gab es Begleitung für die Bewerber. Milan war der allererste, der ans Bergmannsheil kam. Frau und drei Kinder (vier, sieben und zehn Jahre) mussten noch in Serbien bleiben: „Das war das Schwerste“, gesteht er. In der von der Klinik angemieteten Unterkunft war er allein – mittlerweile leben die nachgerückten Kollegen in Zweier- und Dreier-Wohngemeinschaften. Sehr anders sei auch der Schwerpunkt bei der Arbeit: „In Serbien übernehmen die Grundpflege oft die Angehörigen. Wir sind viel mehr mit medizinischer Pflege beschäftigt“, sagt Milan. Mittlerweile ist er im Kollegenkreis gut integriert, wird zu Hochzeiten eingeladen, verbringt Freizeit mit ihnen.
Selbst zertifiziertes Konzept zur Vorbereitung auf Prüfung entwickelt
Kollegin Danka, die einen Monat nach ihm nach Buer kam, war zunächst auch erstaunt über den hohen pflegerischen Anteil in der Arbeit. „Deshalb bildet in der von uns entwickelten, achtmonatigen Fortbildung in Theorie und Praxis für die Anerkennung der Ausbildung auch die Grundpflege einen Schwerpunkt. Medizinisch sind diese Mitarbeiter bereits bestens vorgebildet“, erläutert Pflegedirektorin Martina Koch.
Danka fiel es anfangs besonders schwer, sich nicht so ausdrücken zu können, wie sie es gewohnt war. „Die deutsche Sprache ist schön, aber schwer. Und oft konnte ich nicht so kommunizieren, wie ich wollte. Aber es wird besser und alle waren sehr nett zu mir.“ Überraschend sei für sie auch die Mentalität der Menschen hier gewesen. „Die Menschen sind sehr offen, freundlich, irgendwie ganz anders als bei uns. Am Anfang hat es mich irritiert, aber es gefällt mir“, strahlt die junge Frau. Sie will auf jeden Fall bleiben, sich hier beruflich weiter entwickeln, Karriere machen. Hilfreich beim Bleiben ist da sicher auch, dass ihr Freund – ein studierter Zahntechniker – jetzt nachkommt. Die Schwester ist bereits in der Schweiz tätig.
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Ende des Jahres, so hofft Milan, wird auch seine Familie nachkommen. Seine Frau muss vorher noch eine Sprachprüfung auf A1-Niveau absolvieren, er selbst brauchte zum Start das höhere B1-Niveau. Die Familie musste warten, weil er erst ein Einkommen vorweisen muss, das seine Familie ernähren kann. Die Kinder brauchen kein Sprachzertifikat – das gilt für bis zu 16-Jährige. Danach brauchen Jugendliche ein Zertifikat, das ihnen höchste Sprachkompetenz (C1) attestiert. Und das ist nur ein Beispiel für die komplizierten Bedingungen und bürokratischen Hürden, die Zuwanderungswillige mit Expertise benötigen. Lisette Baal, die sich als Bereichspflegedienstleitung um den bürokratischen Rahmen vor Ort gekümmert hat, stöhnt wissend, als Milos Vladic die komplexen Bestimmungen erläutert.