Gelsenkirchen. Seit 2018 gibt es die Option, sich als „divers“ eintragen zu lassen. Genutzt hat das nur ein Gelsenkirchener. Mögliche Gründe nennen die Grünen.

  • Nur eine Person in Gelsenkirchen hat bislang nach Angaben der Stadt offiziell das „dritte Geschlecht“ gewählt.
  • Die Grünen erklären, warum sie es dennoch für wichtig halten, das Thema LSBTIQ* politisch zu besetzen.
  • Mögliche Hürden bei der Eintragung sollen durch das neue Selbstbestimmungsgesetz gesenkt werden.

Seit 2018 gibt es in Deutschland die Möglichkeit, beim Eintrag ins Personenstandsregister außer den Geschlechtern „männlich“ und „weiblich“ auch die Option „divers“ zu wählen. Intergeschlechtliche Menschen, also Personen, die sich nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen lassen, haben seitdem die Möglichkeit, diese „dritte Option“ zu wählen. In Gelsenkirchen haben das bislang allerdings nur sehr wenige Leute getan: „Beim Standesamt Gelsenkirchen gibt es genau einen Eintrag mit der Geschlechtsangabe ,divers’“, teilte Stadtsprecher Martin Schulmann mit.

Während die Gruppe der tatsächlich diversen Menschen in Gelsenkirchen also offenbar sehr klein zu sein scheint, nimmt die Sichtbarkeit von LSBTIQ*-Personen, also lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*- und intergeschlechtlichen sowie queeren Menschen, auch in der Kommunalpolitik eine durchaus viel diskutierte Stellung ein. Vor allem die Grünen-Fraktion hat in dieser Wahlperiode mehrere Initiativen gestartet, um die Rechte von queeren Menschen zu stärken – etwa einen Antrag zur gendergerechten Verwaltungssprache oder die Forderung nach „Regenbogen-Zebrastreifen“.

Auf Ablehnung der anderen Fraktionen wie der SPD und CDU traf das auch deshalb, weil man dort der Ansicht war, die Stadt tue selbst bereits genug. Tatsächlich wurde bereits im Februar 2021 ein LSBTIQ*-Aktionsplan mit 62 Maßnahmen für die Akzeptanz von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt vorgelegt, der schrittweise von der Gleichstellungsstelle umgesetzt wird – aus Sicht mancher queerer Menschen zwar zu langsam, aber bespielt wird das Thema von der Verwaltung zweifelsohne.

Grüne Gelsenkirchen: Bei queeren Menschen geht es nicht nur um „Diverse“

Adrianna Gorczyk, Co-Fraktionschefin der Grünen-Fraktion, findet dennoch, dass die Ideen ihrer Fraktion eine „wichtige Konkretisierung oder Ergänzung“ des Plans gewesen seien. „Es ist üblich und auch unsere Aufgabe, dass sich Kommunalpolitik bei solchen Konzepten aktiv einbringt oder Prioritäten formuliert und nicht nur eine passive, abwartende Haltung einnimmt“, sagt sie.

Adrianna Gorczyk, Co-Fraktionschefin der Grünen in Gelsenkirchen, verlangt von den anderen Fraktionen mehr Konstruktivität bei der Diskussion um den LSBTIQ*-Aktionsplan.
Adrianna Gorczyk, Co-Fraktionschefin der Grünen in Gelsenkirchen, verlangt von den anderen Fraktionen mehr Konstruktivität bei der Diskussion um den LSBTIQ*-Aktionsplan. © FUNKE Foto Services | Lutz von Staegmann

Auf Nachfrage macht Gorczyk zudem darauf aufmerksam, dass es „viel zu kurz gegriffen wäre, die Größe der queeren Community in Gelsenkirchen lediglich mit der Angabe ,divers’ beim behördlichen Geschlechtseintrag in Zusammenhang zu bringen.“ Die Gemeinschaft umfasse alle Menschen, die ihr Geschlecht als nicht-binär (also weder als männlich noch als weiblich) identifizieren oder sich nicht als cis-gender begreifen (also sich nicht dem Geschlecht zugehörig fühlen, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde), aber auch alle, deren sexuelle Orientierung nicht heterosexuell ist. Und: Diese Menschen seien nun mal häufiger von Diskriminierung betroffen. „Wir setzen uns für die Rechte aller Menschen und gegen Diskriminierung ein“, so Gorczyk.

Diverse in Gelsenkirchen: Neues Selbstbestimmungsgesetz soll für Erleichterung sorgen

Zudem weist die Co-Fraktionsvorsitzende darauf hin, dass die Voraussetzung für die Änderung des Geschlechtseintrags aktuell noch ein ärztliches Attest sei. „Das kann durchaus eine Hürde darstellen.“ Optimistisch blickt sie deshalb auf das Selbstbestimmungsgesetz, das zeitnah von der Ampel-Koalition in Berlin verabschiedet werden soll.

„Der Entwurf sieht ja vor, dass transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen künftig die Möglichkeit haben werden, ihren Geschlechtseintrag im Personenstandsregister durch eine einfache Erklärung beim Standesamt ändern zu lassen“, sagt Gorczyk. „Ein solches Verfahren ist natürlich einfacher umzusetzen als die aktuelle Regelung und stärkt die Rechte der Betroffenen, was nur zu begrüßen ist.“ Inwiefern die fallenden Hürden dafür sorgen, dass mehr Menschen in Gelsenkirchen das dritte Geschlecht wählen, das bleibt aber natürlich abzuwarten.