Gelsenkirchen. Gute Verstecke zu finden ist eine Kunst. Im Aufspüren der extremsten Verstecke sind Gelsenkirchener Zollbeamte Profis. Hier ein paar Beispiele.
- Hohlräume zu prüfen ist immer eine gute Idee, haben Gelsenkirchener Zollbeamte gelernt
- Die Fantasie der Schmuggler scheint grenzenlos zu sein
- Ob in Stoßstangen oder hinter Fliesen: Die Beamten haben schon überall gesucht und gefunden
Jedes Jahr dieselbe Verzweiflung. Die meisten vom Osterhasen versteckten Eier und Geschenke finden die übereifrigen Kinder – und das auch noch in Windeseile. Wie sich eine solche Enttäuschung zum Frühlingsfest vermeiden lässt, weiß wohl kaum jemand besser als der Zoll. Schließlich gehört es zum Berufsalltag der Beamtinnen und Beamten, der Kreativität zwielichtiger Gestalten mindestens ebenso viel Fantasie und Spürsinn entgegenzusetzen. Ein Einblick in Sachen „Gute Verstecke, schlechte Verstecke“.
Tipp des Zolls zum Verstecken an Ostern: „Hohlkörper! Damit geht alles!“
Zigaretten in Maisdosen, Marihuana im Bauschaum, Shisha-Tabak unterm Kochfeld oder hinter Fliesenspiegeln, Kokain im Waschmittelkarton oder Liquid Ecstasy in Wodkaflaschen. Es gibt kein Versteck, das die Zöllnerinnen und Zöllner nicht kennen – möchte man meinen, wenn Andrea Münch die vermeintlich ach so todsicheren Verstecke etlicher Ertappter auflistet.
Und doch ist die Sprecherin des Hauptzollamtes Dortmund immer wieder überrascht vom Einfallsreichtum „unseres Gegenübers“, wie sie so schön sagt – also der Fantasie der Schmugglerinnen und Schmuggler.
Wenn Münch eines gelernt hat, dann dieses: Hohlkörper und Hohlräume! Damit geht alles!“ Vom Schuhkarton bis zur Stoßstange – die Pressefrau versteht das als konkretest-möglichen Vorschlag für alle, die an Ostern etwas zu verbergen haben. Noch viel lieber gibt die versierte Beamtin all jenen Tipps, die was entdecken wollen: „Genau hingucken“, „vom Großen ins Kleine denken und suchen“ und „nie ohne System nachforschen“ lauten ihre Ratschläge in Kurzform.
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„Der Instinkt muss da sein“, erklärt die Expertin weiter. Das mache – neben viel Erfahrung und hoher Frustrationstoleranz – eine gute Zöllnerin und einen guten Zöllner aus.
Akribie, die fast schon die Hartnäckigkeit eines Nerds erreicht, „ein wenig Hang zu Sherlock Holmes und zum Um-die Ecke-Denken, ein gutes Auge, ein feines Näschen“ – all das braucht es, um die unmöglichsten Verstecke zu enttarnen. Ohne finde man nie, was man suche. Kein Ei, keine unverzollte Rolex, kein Koks.
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Rauschgiftspürhunde unterstützen den Zoll, mobile Röntgenanlage durchleuchtet tonnenweise Waren in Minutenschnelle
Wenn „Risikoanalyse, Erfahrung und Bauchgefühl“ mal nicht weiterhelfen, so ist auf tierische und technische Hilfe Verlass. Drei Rauschgiftspürhunde gehören unter anderem zur „Verstärkung“ der Zöllnerinnen und Zöllner, dazu noch Hohlraumsichtgeräte, die in nahezu jede Ritze und in jedes Loch vordringen können, um einen Blick zu riskieren. Nebst Hightech-Röntgengeräten – heutzutage sogar in voll mobiler Version. So lassen sich tonnenweise Waren in kürzester Zeit komplett durchleuchten – beispielsweise bei Lkw-Kontrollen an Rasthöfen.
Zwei Millionen Zigaretten versteckt in Maisdosen – Steuerschaden: rund 380.000 Euro
Ohne diesen Spürsinn wären die Zöllnerinnen und Zöllner beispielsweise kaum der Frage nachgegangen, warum die Maisdosen, die ein Lieferwagen geladen hatte, so unterschiedlich schwer waren. Hinter echten Maisdosen auf den vorderen Paletten fanden sich Konserven, die zwar gleich aussahen, aber doch spürbar leichter waren. Ergebnis: In den „Tarnladungen“ befanden sich rund zwei Millionen Zigaretten der Schmuggelmarken „Jin Ling“ und „Regal“. Steuerschaden laut Münch: „rund 380.000 Euro“.
Methadon, Ecstasy und Kokain als Wodka, Waschmittel und Weichspüler getarnt
Ein augenscheinlich sehr reinlicher und durstiger Reisender aus dem benachbarten Polen ließ die Alarmglocken der Einsatzkräfte ein anderes Mal schrillen. Der Mann war nach einem angeblichen Autokauf auf der Heimreise. Er hatte ziemlich wenig an üblichem Gepäck dabei, also Kleidung und dergleichen. Dafür eine ganze Reihe von Waschmittelpaketen, Flaschen mit Weichspülern und „ein Durstlöscher“, dessen Inhalt giftgrün schimmerte. Eine Limo oder ein Energiedrink konnte es nicht sein, denn auf der Flasche klebte ausgerechnet ein „Wodka“-Etikett. Alkohol – und dann noch am Steuer?! Doppelt verdächtig und gefährlich. Merke: Wenn schon, dann muss die Legende stimmen, die man erzählt ...
Das „grüne Wässerchen“ enthielt Gammahydroxybuttersäure (GHB), umgangssprachlich auch „Liquid Ecstasy“ genannt, erinnert sich Münch. Und der Weichspüler Methadon, ein synthetisch hergestelltes Opioid.
Mit dem Waschpulver ließen sich nicht nur hübsche Schaumkronen erzeugen, sondern gleich zu ganzen Höhenflügen ansetzen – mehr als ein Kilogramm Kokain fanden die Zöllner darin. Marktwert summa summarum: 100.000 Euro.
Marihuana im Bauschaum, Tabak unter dem Kochfeld
„Kitchen impossible“ – Küche unmöglich – dachten sich die Einsatzkräfte auch, als sie ein Paket auf der Durchreise von Spanien nach Polen in die Finger bekamen. „Küchenutensilien“ sollte es enthalten, innen klapperte aber nichts, was an Töpfe, Pfannenwender und Co. erinnerte. Außerdem war das Paket recht voluminös.
Und das offenbar aus guten Grund: Der oder die Absender hatten die Warensendung komplett mit Bauschaum ausgeschäumt, das sollte wohl den Geruch verdecken, denn im Inneren verborgen war nichts zum Kochen, sondern zum Rauchen: rund 2,7 Kilogramm Marihuana. (Verkaufswert: ca. 27.000 Euro).
Ähnlich war es auch in einer Shisha-Bar, wie sich Münch erinnert. Fliesenspiegel mit unterschiedlichen Fugenmaßen und fehlendem Mörtel fielen den Kontrolleuren ins Auge. Teile der Fliesen ließen sich aufklappen, dahinter stapelten sich dosenweise unversteuerter Wasserpfeifentabak. Oder unter dem Kochfeld sowie im Spülkasten der Toiletten.
Laut Zoll verbraucht eine gut gehende Shisha-Bar pro Woche 50 Kilogramm Tabak. Das sind Einnahmen jenseits der 20.000 Euro-Marke. Da bleibt am Ende eines Monats nach Abzug von Löhnen, Miete und dergleichen ein hübscher großer Batzen übrig.
Tipp für ein gutes Osterversteck: Offensichtliches wird im Eifer gern übersehen
Ostereier zu verstecken macht Sinn, findet Andrea Münch dennoch, obwohl sie ja eigentlich lieber sucht. „Das liegt in der Natur des Menschen.“ Die Zollbeamtin hilft wie ihre Kolleginnen und Kollegen dem Osterhasen gern mal auf die Sprünge. Hat sie einen Tipp für ein gutes Versteck? Klar.
Münch rät zunächst einmal dazu, die Verstecke dem Alter der Suchenden anzupassen, sonst sind kleine Kinder frustriert, sobald sie zu lange suchen müssen. Bei Jugendlichen und Erwachsenen ist es genau andersherum: Wenn sie die Ostereier nicht sofort finden, werden sie zu richtigen Detektiven.
Münch sagt deshalb: „Ein offensichtliches Versteck ist nicht zwingend ein schlechtes.“ Weil Suchende nicht selten übersähen, was direkt vor ihnen liege. Eine Wäscheleine ist dafür ein gutes Beispiel, wenn kleinere Geschenke zwischen Kleidungsstücken baumeln, fällt das im Gesamtbild kaum auf. Der Schwierigkeitsgrad lässt sich natürlich beliebig steigern. Grüne Ostereier gehören ins frische Moos oder auf den Rasen. Gelbe Eier lassen sich gut neben den gleichfarbigen Blüten der Narzissen tarnen. Unter lauten Bäumen verbirgt sich eben gern ein Wald.
Interessierte können sich im Übrigen noch bis zum 15. April 2023 für das Duale Studium im gehobenen Zolldienst bewerben. Weitere Informationen gibt es hier auf der Homepage des Zolls.