Gelsenkirchen. Sie jagen Schmuggler. Was die Einsatzkräfte des Zolls in Gelsenkirchen und Umgebung entdeckten: Von Drogenbergen, Bargeldbündeln und Elfenbein.
Steuerdelikte oder Sozialmissbrauch, Rauschgifthandel und Schwarzarbeit: Durch Straftaten in diesen Bereichen entgeht dem Bund jährlich sehr viel Geld. Auch das für Gelsenkirchen zuständige Hauptzollamt Dortmund ist täglich auf Schmugglerjagd. Die Beamten haben in diesem Jahr bereits einige aufsehenerregende und kuriose Funde gemacht.
Lkw-Duo mit Kokain und Psycho-Droge „Clophedron“ im Wert von 22.000 Euro erwischt
Hinter Schloss und Riegel kam beispielsweise eine polnische Lkw-Besatzung, die im Frühjahr dieses Jahres sehr kreativ versteckte Drogen im Wert von 22.000 Euro auf ihrem Transporter durch die Lande fuhr. Der Schmuggel flog auf dem Rastplatz „Allenstein“ an der A 2 in Gelsenkirchen auf. Der 32-jährige Fahrer und sein 28-jähriger, augenscheinlich erheblich angetrunkener Beifahrer, erklärten gegenüber den Zollbeamten, aus den Niederlanden zu kommen und auf dem Weg nach Polen zu sein. Die Frage nach Drogen, Waffen, hochsteuerbaren Waren oder mehr als 10.000 Euro Bargeld verneinte das Duo.
Das Bild änderte sich, als die Einsatzkräfte den Lastwagen genauer unter die Lupe nahmen. Unter der Verkleidung des Schalthebels war eine Tüte mit 311 Gramm Kokain versteckt, ein Detektortest hat das Pulver als Droge entlarvt. Daraufhin wurde das Duo festgenommen. Bei der Dursuchung des auch noch per Haftbefehl gesuchten Beifahrers fanden die Zöllner weitere Drogen – und zwar in der Unterhose: Ein Tütchen und Bällchen aus zusammengerollter Alufolie enthielten nochmals 1,5 Gramm Kokain und ein Gramm „3-CMC“.
3-CMC, auch als „Clophedron“ bezeichnet, fällt zwar nicht unter das Betäubungsmittelgesetz, ist aber nach dem seit 2016 bestehenden Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz verboten und darf weder hergestellt noch nach Deutschland eingeführt werden.
Zöllner stellen neben Marihuana auch rund 700 Ecstasy-Tabletten sicher
Ebenfalls aus Polen stammte ein Pkw, den der Zoll an gleicher Stelle und ebenfalls im März kontrollierte. Der 27-jährige Pole, der hinter dem Steuer des geparkten Autos saß, tischte den Zöllner eine recht wirre Geschichte auf, die erst recht den Verdacht der Beamten erregte: Der Mann sagte den Zöllnern, er sei nicht gefahren und habe auch gar keine Fahrerlaubnis. Ein Freund hätte ihn aus den Niederlanden auf den Autobahn-Parkplatz gefahren. Er warte jetzt nur auf seinen Bruder, der wegen einer Panne des Pkw bereits allein nach Polen gefahren sei und dann wieder zurückkommen wolle, um ihn vom Autobahnparkplatz abzuholen. Weite Wege, statt einfach einen Pannendienst um Hilfe zu bitten.
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Auf dem Rücksitz des Autos stießen die Zollbeamten auf einen Karton, in dem ein Beutel mit 49 Gramm Marihuana lag sowie zwei Tütchen mit insgesamt knapp 700 Ecstasy-Tabletten. „Die sichergestellten Drogen hätten im Straßenverkauf circa 4.700 Euro erzielt“, so Andrea Münch, Pressesprecherin des Hauptzollamts Dortmund. „In einem Reisekoffer befand sich außerdem ein Butterflymesser, das von den Zöllnern ebenfalls sichergestellt wurde“, so Münch weiter.
Zöllner finden über 100 Kilogramm Marihuana verteilt auf vier Pakete im Postzentrum
Die Menge an gefundenen Drogen lässt sich aber noch locker steigern, und zwar um gut das Zweitausendfache. Corona- und weitere weltumspannende Krisen haben dem Online-Versand einen riesigen Auftrieb gegeben. Und das nutzen auch Drogenhändler rigoros aus. „Der Trend scheint zur Drogenlieferung per Paketversand zu gehen“, sagt auch Zoll-Sprecherin Münch. Um den kriminellen Warenverkehr zu unterbinden, darf der Zoll „Sendungen öffnen lassen und prüfen, ob in der Sendung Waren enthalten sind, die Verboten oder Beschränkungen unterliegen“.
Nun, bei dieser Lieferung trifft das mehr als nur zu. Beim Check von Sendungen in einem Postverteilzentrum in Herne entdeckten Beamte insgesamt 108.320 Gramm Marihuana, verteilt auf vier Pakete. Die Pakete waren auf dem Weg von Italien in die Niederlande. Schwarzmarktwert: Bei einem Preis von üblicherweise zehn Euro pro Gramm macht das zusammen mehr als eine Million Euro.
Entgelt einbehalten: Über 100.000 Euro im Schlafzimmer versteckt, arge Hygiene-Mängel
Wegen des Vorwurfs des Sozialleistungsbetruges und Veruntreuung von Arbeitsentgelten in sechsstelliger Höhe muss sich nach einer Razzia in Finnentrop und Lennestadt eine ganze Familie verantworten. Im Mai fanden Beamte der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Hauptzollamtes im Schlafzimmerschrank gut versteckte Bargeld in Höhe von über 100.000 Euro. Die Familie bezog über Jahre hinweg Sozialleistungen vom Jobcenter.
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Angesichts des beachtlichen Bargeldvermögens ist ihre Hilfebedürftigkeit mehr als nur zweifelhaft. In dem ebenfalls durchsuchten Gastronomiebetrieb wurden zudem derart gravierende Hygienemängel festgestellt, dass das zuständige Gesundheitsamt sofort eingeschaltet werden musste.
Elfenbein: Sündhaft teure antike Flügel vom Zoll beschlagnahmt
Zu guter Letzt ein Fund, von dem selbst die Zöllner sagen, das passiere nicht alle Tage. Im August dieses Jahres sollten zwei antike Flügel mit Elfenbeintasten, Baujahr 1896 und 1910, beim Zollamt angemeldet werden. Allerdings ist die Einfuhr von Elfenbein, auch bei einem Alter von über 100 Jahren, nach dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen ohne vorherige Genehmigung des Bundesamts für Naturschutz strikt verboten.
Steuerschäden in Höhe von rund 800 Millionen Euro aufgedeckt
Die Bilanz des Zolls für 2022 wird erst im Frühjahr des nächsten Jahres verkündet. Im Jahr 2021 nahm die deutsche Zollverwaltung insgesamt 141 Milliarden Euro ein.
Der Zoll hat im Jahr 2021 über 37 Tonnen Betäubungsmittel sowie über 88.000 artengeschützte Tiere, Pflanzen und daraus hergestellte Waren sichergestellt. Zudem beschlagnahmte er gefälschte Waren im Wert von über 315 Millionen Euro.
2021 wurden mehr als 48.000 Arbeitgeber überprüft und mehr als 120.000 Strafverfahren eingeleitet. Zudem wurden Steuer- und Sozialversicherungsschäden von fast 790 Millionen Euro ermittelt und illegal erwirtschaftetes Vermögen in Höhe von 66,8 Millionen Euro abgeschöpft.
Erschwerend für die Empfänger, eine Firma in Nord- und eine in Süddeutschland: Sie konnten die notwendigen Artenschutzdokumente nicht vorweisen. Die Zöllner beschlagnahmten deshalb beide Flügel. Laut Zoll handelte es sich um „sehr wertvolle Instrumente „einer namhaften Marke.“ Ihr Wert dürfte ebenso in die Tausende gehen, im Internet sind Anbote zu finden, die locker bis zu einer halben Million Euro reichen.