Gelsenkirchen. Problemhäuser, Zuwanderung, Sozialleistungsmissbrauch: Was das Gelsenkirchener Interventionsteam bei seinen Kontrollen 2022 alles aufgedeckt hat.

Bilanz gezogen hat das Interventionsteam EU-Ost der Stadt Gelsenkirchen. Die Botschaft: Die Stadt hat ihre Anstrengungen erheblich erhöht, sogar verdoppelt, sie muss aber künftig trotzdem noch mehr investieren, um die Lage in den Griff zu kriegen. Die Zahl der Problemfälle ist in der Emscherstadt sehr hoch.

Teamleiter Marcel Günther präsentierte am Dienstag im Ordnungsausschuss die Jahreszahlen des Interventionsteams. Die Kontrolleure kümmern sich in Zusammenarbeit mit anderen Behörden unter anderem um Schrottimmobilien, Probleme mit zugewanderten Menschen aus Rumänien und Bulgarien oder um Leistungsmissbrauch, etwa beim Bezug von Transferleistungen wie Sozial-, Arbeitslosen- oder Kindergeld.

EU-Interventionsteam Gelsenkirchen: 62 Groß- und 69 Kleinkontrollen in 2022

Das EU-Interventionsteam der Stadt Gelsenkirchen hat in 2022 62 große und 69 kleine Objektkontrollen absolviert. Aus den aufgedeckten Verstößen resultierten 1911 Maßnahmen.
Das EU-Interventionsteam der Stadt Gelsenkirchen hat in 2022 62 große und 69 kleine Objektkontrollen absolviert. Aus den aufgedeckten Verstößen resultierten 1911 Maßnahmen. © funkegrafik nrw | Anna Stais

Unterm Strich stehen 62 große und 69 kleine Objektkontrollen in der Statistik für 2022. Daraus abgeleitet ergaben sich 1911 Maßnahmen (siehe Grafik), die im Zuge der gemeinsamen Kontrollen mit Polizei, Ordnungsamt, Finanzaufsicht, Baubehörde und weiteren Ämtern und Behörden eingeleitet wurden.

Den größten Anteil mit 466 Maßnahmen hatten demnach Verstöße gegen die Arbeitnehmerfreizügigkeit, die „Leistungseinschränkungen zur Folge hatten“, wie Günther den Ausschussmitgliedern erklärte. Also Zahlungskürzungen, Rückforderungen oder Stopps. Ähnliches verbirgt sich auch hinter den 371 Abmeldungen, hier sei es oft um gemeldete Kinder gegangen, die aber nur auf dem Papier gestanden hätten.

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Die Bandbreite der aufgedeckten Verstöße ist groß. Sie reicht von illegalem Stromabzapfen bis hin zu ganzen Wohnungen und Häusern, die, weil hochgradig marode, „komplett vom Markt genommen worden sind“, so Günther weiter. Auch zehn vollstreckte Haftbefehle waren darunter. In der vergangenen Woche seien die Prüfer an der Christinenstraße auf einen illegalen Autohandel gestoßen – hochpreisige Fahrzeuge mit niederländischen Kennzeichen seien dort entdeckt worden.

Gelsenkirchener Teamleiter: Ganze Quartiere werden durch eine Problemimmobilie heruntergewirtschaftet

Teamleiter Marcel Günther bezeichnete die Arbeit des Interventionsteams als „Erfolgsmodell“, so weit seien andere Städte längst noch nicht im Vergleich. Das „schärfste Schwert“ sei die Baubehörde. Denn „ganze Quartiere werden durch eine einzige Problemimmobilie heruntergewirtschaftet“.

Deshalb ruhen große Hoffnungen auf dem 100 Millionen Euro schwere Gelsenkirchen-Projekt, mithilfe dessen Häuser aufgekauft, abgerissen und klimagerecht neu gebaut oder saniert werden können. Aber: Dieser Prozess braucht Zeit.

Und hilft an anderer Stelle nicht weiter, wie Ordnungsreferatsleiter Hans-Joachim Olbering zugab. Bei einer Vielzahl „überschüssiger Wohnungen“ und einer „wachsenden Community“ von zugewanderten Menschen in Gelsenkirchen bleibe als einziger Mechanismus der Wohnungsmarkt zur Begrenzung.

Heßler schwimmt als „Insel im Süden“ gegen den Trend

Große Objektkontrollen, bei denen eine Schar von Kontrolleuren drei bis vier Gebäude und deren Bewohner genauer unter die Lupe genommen hat, haben bis Mai 2022 nur einmal im Monat stattgefunden. Das Pensum wurde danach verdoppelt.

Schwerpunkt der Kontrollen waren vielfach Stadtteile südlich des Kanals wie Schalke, Schalke-Nord, Bulmke und Rotthausen. Der Norden ist mit Horst und Scholven weniger vertreten. Heßler mit „viel Wohneigentum“ gilt bei der Stadt als „Insel im Süden“.

Zuwanderung und Problemhäuser sind nach Darstellung der Stadt oft mit niedrigem Bildungsniveau der Bewohner verbunden. Das führt zu Schulabstinenz bei Kindern.

Die Stadt habe juristische Ansatzpunkte gesucht, dem Zustrom „über das Aufenthalts- und Freizügigkeitsgesetz“ mit Einreisesperren entgegenzuwirken, „wir sind damit aber am Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht gescheitert“, so Olbering weiter. Freizügigkeit und SGB II seien EU-Recht. „Wir sind da gebunden.“ Lediglich wenn Straftaten zugrunde lägen, griffen Einreisesperren.