Gelsenkirchen. Eine steuerfreie Inflationsprämie von bis zu 3000 Euro dürfen Firmen bis 2024 zahlen. Wer sich in Gelsenkirchen freuen darf, wer hoffen kann.
Tausende Arbeitnehmer in Gelsenkirchen haben bereits eine steuer- und abgabenfreie „Inflationsausgleichsprämie“ erhalten oder zugesagt bekommen. Das berichtet Michael Grütering, Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeberverbände Emscher-Lippe. Alle anderen können weiter hoffen: Noch zwei Jahre lang haben Unternehmen die Chance, ihren Beschäftigten bis zu 3000 Euro netto auszuzahlen. So ist der Stand in der Emscherstadt.
„80 Prozent der Unternehmen in Gelsenkirchen wollen eine Inflationsausgleichsprämie zahlen oder haben dies zugesagt“, erklärt Michael Grütering. Eine so hohe Bereitschaft, die Beschäftigten finanziell zu unterstützen, habe er noch nie erlebt, so der Rechtsanwalt weiter. Die Prozentzahl gelte auch für die anderen angeschlossenen Städte und Regionen. Namentlich erwähnt werden wollte kein Betrieb.
Die Arbeitgeberverbände Emscher-Lippe repräsentieren rund 350 Unternehmen (Großhandels- und Industrie-Betriebe) mit 28.000 Beschäftigten. Das Verbandsgebiet umfasst die Städte Bottrop und Gelsenkirchen sowie den Kreis Recklinghausen.
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Ursache für diese Entwicklung ist Grütering zufolge „ein wirtschaftlich noch weitgehend gutes Jahr 2022, trotz aller Krisen und der damit verbundenen Zukunftsängste“. Allein in der Höhe der Inflationsausgleichsprämien und wie die steuerfreien Gelder ausgezahlt würden, gebe es Unterschiede. „Große Einigkeit herrscht in den Betrieben darüber, dass die Beschäftigten gerade zu Jahresbeginn durch die oft fälligen Versicherungszahlungen stark belastet werden und deshalb Unterstützung brauchen“, so der Hauptgeschäftsführer.
Prämienzahlungen an Beschäftigte in Gelsenkirchen: Am Stück oder in Tranchen
Die Auszahlung und die Höhe der Prämie hängen Grütering zufolge in erster Linie vom wirtschaftlichen Erfolg und der damit verbundenen Finanzkraft der Unternehmen ab. Manch ein Betrieb habe bereits jetzt im Dezember den Höchstbetrag von 3000 Euro ausbezahlt, andere splitteten die Beträge in Tranchen auf. „Ich weiß von vielen Betrieben, die 750 Euro oder 1500 Euro jeweils zum ersten März 2023 und 2024 überweisen“, spiegelt Grütering den betrieblichen Umgang mit den Geldzahlungen wieder.
Der Hauptgeschäftsführer kann bei dem Thema zudem von kuriosen Begebenheiten und falschen Annahmen berichten: „Es sind schon Betriebsräte vorstellig geworden bei Unternehmensleitungen und haben mit dem Hinweis, dass es sich um eine staatliche Prämie handele, die sofortige Auszahlung des Höchstbetrages von 3000 Euro gefordert.“
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In Wirklichkeit, so Grütering, handele es sich bei der Prämie um eine freiwillige Leistung. Arbeitgeber sind demnach weder verpflichtet, eine solche Prämie überhaupt zu zahlen, noch müssen sie den steuerfreien Rahmen von 3000 Euro ausschöpfen. Sie können die Prämie als Einmalbetrag leisten oder in beliebig vielen Raten. Auch können sie den Zeitpunkt der Zahlung bis zum 31. Dezember 2024 frei wählen – danach endet die Steuerfreiheit.
Metall- und Elektroindustrie und Chemie- und Pharmaindustrie zahlen Inflationsprämie
Auch andere Berufsgruppen dürfen auf solche Prämien hoffen respektive sich des zusätzlichen Geldes bereits schon sicher sein. Die 4,5 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie und der Chemie- und Pharmaindustrie erhalten 3000 Euro netto in zwei Tranchen 2023 und 2024 ausbezahlt – zusätzlich zu Lohnerhöhungen. So haben es Gewerkschaften und Arbeitgeber in den neuen Tarifverträgen der Branchen kürzlich erst vereinbart.
Und bei den ab Januar beginnenden Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst, die Post, die Lebensmittelindustrie und das Gastgewerbe gehört die Prämie zur Verhandlungsmasse.
Nach einer aktuellen Umfrage des Ifo-Instituts auf Bundesebene wollen 42 Prozent der Betriebe eine Prämie zahlen, 14 Prozent nicht, 44 Prozent sind noch unentschlossen. Im Einzelhandel dagegen erwäge bislang nur ein Drittel eine Prämie – im Schnitt 1500 Euro. Weil die Tarifverhandlungen für den Einzelhandel im März 2023 beginnen, steht zu erwarten, dass ein Inflationsausgleich ebenso zur Debatte steht. Markus Richter, Geschäftsführer des für Gelsenkirchen zuständigen Handelsverbandes Westfalen-West war für die Redaktion bislang nicht zu erreichen.