Gelsenkirchen. Wie sich ein Flur des Gelsenkirchener Gauß-Gymnasiums zum neuen Schuljahr in ein spektakuläres Kunstwerk verwandelt hat und was dahinter steckt.
Vor einigen Wochen noch berichtete Beni Veltum, Gelsenkirchens wohl berühmtester Graffiti-Künstler, von einem Projekt, das ihm so viel bedeute wie kaum ein anderes in seiner bisherigen Karriere. Nun, da sich die Türen der Schulen zum neuen Schuljahr geöffnet haben, wird eindrücklich klar, was Veltum meinte: Zusammen mit dem Maler Heinrich Schmid und den Künstlern Levin Tomala und Mesky hat der Gelsenkirchener den Flur – genauer gesagt die Wände – vor der Aula des Gauß-Gymnaisums in eine bunte Europa-Ausstellung verwandelt.
Vom Boden bis zur Decken zeugen berühmte Dichter und Denker, Gebäude und Symbole, Mythologien und Monumente von der vielseitigen Geschichte Europas. „Das ist das Krasseste, was ich je gemacht habe“, sagt Beni Veltum mit Blick auf sein Werk, für das er rund 90 Farbdosen verbraucht. „Dieser Flur, der vorher bedrückend und karg war, führte früher zu meinem Klassenzimmer, hier habe ich meine heutige Lebensgefährtin kennengelernt“, erklärt der 35-Jährige seine ganz persönliche Motivation, „hier etwas wirklich Besonderes zu machen.“
Graffiti-Kunstwerk im Gauß-Gymnasium: „Wir sind begeistert“
„Wir sind begeistert“, lobt sodann auch Schulleiter Frank Kaupert die ausgefallene Wandmalerei und erklärt, welche Idee dahinter steckt. „Wir sind seit 2018 Europaschule, seitdem beschäftigen wir uns in verschiedensten Projekten mit dem Thema Europa. Vor einiger Zeit entdeckte ich ein beeindruckendes Werk von Beni Veltum in Sören Filipczaks Büro, dem Geschäftsführer des Gelsenkirchener Blech- und Stahlunternehmens Bepro“, so Kaupert. Zusammen entwickelten Kaupert und Filipczak die Idee des Europa-Flurs im Gauß-Gymnaisum.
Nach dem Tod des Unternehmensgründers und alleinigen Gesellschafters Peter Schorr im Januar 2016 hatte Bepro seine Strukturen neu geordnet. In der jetzigen Gesellschaftsstruktur führen die neuen Familiengesellschafter und die Peter-Schorr-Stiftung als Hauptgesellschafter das Unternehmen weiter. Die Stiftung finanzierte das XXL-Graffiti-Projekt, Unterstützung erhielt Veltum darüber hinaus auch vom Rotary Club Gelsenkirchen.
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„Wir haben im Vorfeld zusammen mit einigen Schülern und Beni Veltum Ideen zur Ausgestaltung entwickelt, schließlich wollen wir das Kunstwerk auch in den Unterricht einbauen“, sagt Kaupert. Nach und nach sollen die Schülerinnen und Schüler des Gauß-Gymnasiums nun Inhalte zu den einzelnen Bildelementen ausarbeiten. Das Gesamtkunstwerk wird bald als dreidimensionale Ausstellung zum Durchklicken auf der Homepage der Schule zu sehen sein, in das dann nach und nach Verlinkungen zu den Ausarbeitungen der Schülerinnen und Schüler hinzugefügt werden. „Das ist die Transformation Europas von der Geschichte in die Zukunft“, erklärt der Graffiti-Künstler.
Ähnliches hatte Beni Veltum zu Beginn der Pandemie auch mit seiner eigenen Galerie gemacht, die coronabedingt zeitweise geschlossen bleiben musste. Interessierte konnten sich im Netz virtuell durch seine Ausstellung bewegen und Informationen zu den einzelnen Werken einsehen.
Die meisten seiner Schülerinnen und Schülern seien begeistert gewesen, ob der neuen, farbprächtigen und historischen Ausgestaltung des etwa 20 Meter langen Flures, berichtet Frank Kaupert. „Manche fanden es aber auch zu bunt. Das gehört dazu, die Auseinandersetzung mit dem Werk selbst, mit den Inhalten. Der Diskurs ist uns wichtig.“ Ganz im Sinne Europas eben.