Gelsenkirchen-Bismarck. Graffiti zwischen Eiszeit und Heißzeit: Dan „Sponk“ Geffert macht den Gelsenkirchener Bismarcktunnel schöner – verbunden mit drastischer Kritik.

Er ist schon jetzt ein großes Kunstwerk, der Tunnel an der Bismarckstraße. Im vergangenen Jahr gestaltete der Graffiti-Künstler „Sponk“ alias Dan Geffert die eine Wand mit einem erzählerischen Bild, ausgehend von der Savanne in der ZOOM-Erlebniswelt. Nun widmet er sich der anderen Seite. Wieder ist die Inspiration die Tierwelt des nahe gelegenen Zoos. Nun jedoch beginnt die Bilder-Geschichte in der Alaska-Themenwelt. Oder eigentlich sogar in der freien Natur.

Graffiti im Gelsenkirchener Bismarcktunnel: So geht die Verbindung von Kunst und Kritik

Ganz links nämlich springt ein Orca-Wal ins Auge – und ins Bild. „Das wird der Eyecatcher“, sagt der Gelsenkirchener Künstler, der selbst einst in Bismarck aufwächst. „Obwohl es den im Zoom nicht gibt.“ Der Orca jedoch sei für viele Menschen ein besonderes Tier. Das habe er auch bereits vor Ort erlebt, an seinen ersten Arbeitstagen am neuen Werk. „Da kam ein Passant vorbei, ungefähr in meinem Alter. Der war ganz begeistert und sagte: Du malst ja Free Willy. Und wenn ich den mit diesem Motiv abhole, dann habe ich doch schon viel erreicht.“

Rechts daneben geht es dann aber zu den Tieren der Alaska-Themenwelt. Zwei Pinguine springen kopfüber ins glutrote Meer. Ein künstlerisches Statement des engagierten Naturfreundes und Umweltschützers. „Manche haben mich schon gefragt: Warum springen die in Lava? In meinem Bild geht die Sonne unter und das spiegelt sich im Meer wider. Aber ich will auch die Grundlage schaffen für die Interpretationen der Menschen, dass die Polarregionen gefährdet sind. Man kann nicht sicher sein, ob die Welt in Flammen steht. Die Betrachter sollen ja auch kognitiv arbeiten“, scherzt der 33-Jährige, der nach der Schule sein Handwerk an der Folkwang Hochschule der Künste erlernt.

„Ich werde oft angesprochen von Menschen, die erst jetzt, nach einem Jahr, in dem gegenüberliegenden Bild kleine erzählte Bildgeschichten entdecken.“ Ein Beispiel: Am linken Bildrand, wo sich die Naturlandschaft schon zu einer städtischen Kulisse entwickelt hat, steht eine Ampel. Deren grünes Licht ist gar nicht mehr vorhanden, das gelbe ist beschädigt – die Ampel steht auf Rot. „Damit will ich sagen, so geht es nicht weiter.“

Die Skizze, die der Arbeit vor Ort voraus geht, zeigt, was an der Wand entstehen soll: Im linken Teil der Arbeit ist die Natur (vielleicht) noch in Ordnung, rechts dann folgt die menschengemachte Realität.
Die Skizze, die der Arbeit vor Ort voraus geht, zeigt, was an der Wand entstehen soll: Im linken Teil der Arbeit ist die Natur (vielleicht) noch in Ordnung, rechts dann folgt die menschengemachte Realität. © Dan Geffert | Sponk

Farbenfrohe Karikatur unserer westlichen Welt

Ähnliche Hinweise auf die Zerstörung der Umwelt und den Klimawandel will „Sponk“ auch in der neuen Arbeit unterbringen. Idyllisch wird die bis zur Bildmitte sein, wo, gleich neben den Pinguinen, eine Eisbärin mit ihren Jungen zu sehen ist. Damit übrigens dreht der Künstler die Tierwelt nicht auf den Kopf. Dort würden Eisbären und Pinguine einander ja bekanntlich nicht begegnen. Vielmehr greift Dan Geffert auf die Zoo-Tiere als Inspiration zurück.

Weiter rechts ist dann noch ein Seeadler zu sehen, der majestätisch seine Schwingen ausbreitet. Neben ihm wird der Einfluss der Menschen immer deutlicher, verrät „Sponk“. „Da steht ein Schloss, das zum Teil auch Kraftwerk ist. Aus seinen Türmen strömt bunter Rauch in das Dunkel der Nacht. Dazu gibt es eine Lasershow. Das soll unsere Spaßkultur symbolisieren – als farbenfrohe Karikatur unserer westlichen Welt.“ Kleine Details als Gesellschaftskritik inklusive.

Der Auftrag kommt vom Kulturamt Gelsenkirchen

Den Auftrag für diese großformatige Arbeit hat der Künstler vom Kulturamt der Stadt bekommen, wie auch schon im letzten Jahr für die gegenüberliegende Seite. „Die Stadtverwaltung ist mittlerweile aufmerksam geworden auf Graffiti und der damit verbundenen Möglichkeit, die Stadt bunter zu machen. Wir haben hier viele Flächen, die trist sind und die man auf diese Weise gestalten kann.“ Damit verfolgt Dan Geffert noch ein anderes Ziel: „Mein Anliegen ist, ein Abbild der Natur in die Stadt zu bringen. Wenn man die Natur vor Augen hat, kann ich mir vorstellen, regt das an, in die Natur zu gehen.“ Und wer sie regelmäßig genieße, der müsse sie dann doch auch schützen wollen, so die Hoffnung des Künstlers.