Gelsenkirchen. Schikane und Sachbeschädigung wirft ein Gelsenkirchener Profituner der Polizei vor: Anzeige erstattet, nachdem sein BMW M4 beschädigt wurde.
- Profi-Tuner Kaan Ön aus Gelsenkirchen wirft der Polizei „Nötigung und Sachbeschädigung vor
- BMW M4 wurde bei einem Polizeieinsatz gegen Raser und Poser einem Verschränkungstest unterzogen
- Kfz-Meister beziffert den Schaden – Frontpartie und Scheinwerfer demoliert – auf rund 15.000 Euro
- Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt und Anzeige erstattet
Profi-Tuner gegen Boliden-Jäger – möglicherweise vor Gericht: Das ist die Ausgangslage nach einem Raser- und Poser-Einsatz in Dortmund. Denn: Der BMW M4 (Listenpreis: 120.000 Euro) des Gelsenkircheners Kaan Ön (27) war nach einer Polizeikontrolle stark beschädigt. Geschätzte Kosten für Reparatur und Mietwagen: um die 15.000 Euro. Der Kfz-Meister wirft den Beamten „Nötigung und Sachbeschädigung“ vor, er hat Strafanzeige erstattet und eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingelegt, die Behörde spricht von Eigenverschulden.
Gelsenkirchener: Polizei hat mich zum Test gezwungen, Warnungen ignoriert
Bei dem Polizeieinsatz in der Nacht von Freitag auf Samstag, 11./12. November, ist der weit über 400 PS-starke Sportwagen des 27-jährigen Gelsenkircheners einem sogenannten „Verschränkungstest“ unterzogen worden, wie ein Sprecher des Polizeipräsidiums Dortmund auf Anfrage erklärte. Die Kontrolle fand an der bekannten Flaniermeile der Szene – am Wall – statt. Für diesen Test wird nach Polizeiangaben ein Wagen auf Auffahrkeile gefahren, um zu prüfen „wie die Reifen mit der Karosserie in Kontakt kommen, wenn Fahrbahnen uneben sind“, letztlich gibt es den Beamten Aufschluss darüber, „ob das Auto zu tief gelegt“ worden ist.
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Spätestens hier driften die Darstellungen von Polizei und des bekannten Profi-Tuners, der an der Wilhelminenstraße 124 in Schalke eine Werkstatt nebst Showroom betreibt, auseinander. Während die Behörde schriftlich mitteilt, dass „das äußerliche Erscheinungsbild des Fahrzeugs auf einen nicht vorschriftsmäßigen Zustand schließen“ ließ und der Fahrer „allen polizeilichen Maßnahmen zugestimmt hat“, spricht der Kfz-Experte davon, „zum Test gezwungen“ worden zu sein – obwohl er für jeden Umbau an seinem PS-Boliden ein amtliches Prüfzeugnis vorweisen könne und seine Fahrzeugpapiere über die nötigen Eintragungen verfügen.
„Alles, was ich gemacht habe, ist gesetzeskonform“, behauptet Kaan. „Die eingetragenen Maße im Fahrzeugschein entsprachen den Messwerten vor Ort.“ Demnach, so führt der Gelsenkirchener weiter aus, hätten die Beamten gar keinen Grund gehabt, einen Verschränkungstest durchzuführen. Sein Eindruck: „Sie wollten partout etwas zum Beanstanden finden, angeblich blendeten meine Scheinwerfer und auch der Blendschutz an der Windschutzscheibe war ihnen zufolge nicht erlaubt.“
Gelsenkirchener BMW M4: 7300 Euro Schaden brutto nach Polizei-Prüftest
„Trotz all dieser Hinweise haben die Beamten mich genötigt, die Rampen hochzufahren, obwohl ich sie davor gewarnt hatte, dass beim Aufbocken mein Auto ganz sicher beschädigt wird. Ich habe den Einsatzkräften angeboten, dass sie das Auto auf die Rampe fahren, weil ich meinen eigenen Wagen nicht selbst beschädigen wollte. Ich musste es aber dennoch tun“, klagt der Profi-Tuner.
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Kaum, dass die breiten Gummis des M4 ins Rollen kamen, habe es auch schon heftig geknackt in der stromlinienförmigen Front. Das Ergebnis: „Die Stoßstange ist gerissen, verzogen und demoliert, ein Scheinwerfer ist beschädigt, die Frontlippe ebenso.“ Macht nach Angaben des Kfz-Meisters einen Bruttoschaden von 7300 Euro.
Kaan Ön fährt jetzt Mietwagen, der 27-Jährige schätzt, dass die Gesamtkosten bis zum Ende des Verfahrens „gut und gerne auf 15.000 Euro“ anwachsen könnten – einen Preis, den er partout nicht gewillt ist zu zahlen. Und augenscheinlich auch nicht die Polizei, respektive deren Regressabteilung. Denn die Behörde teilt mit: „Nach derzeitigem Kenntnisstand hat der Fahrer des Pkw die Beschädigungen am Fahrzeug selbstständig hervorgerufen.“
Gelsenkirchener Profi-Tuner wirft den Polizeibeamten Schikane vor
Damit ist die Liste an Vorwürfen aber noch nicht abgearbeitet. Wie der Gelsenkirchener Tuning-Experte berichtet, sei er nachts bei den Beamten auf taube Ohren gestoßen, als er nach den Namen der Beamten fragte und einen Unfallbericht für den Vorfall verlangte. Lediglich eine Mängelkarte habe man ihm in die Hand gedrückt. „Und der Einsatzleiter hat mir noch den Spruch gedrückt: ,Selbst schuld, wenn Sie das Auto so tunen.’“ Dafür habe er einen Zeugen.
Gelsenkirchener Tuner ist kein Unbekannter
Der Gelsenkirchener Profi-Tuner Kaan Ön, bei dem auch schon der ein oder andere Schalke-Spieler seinen fahrbaren Untersatz hat veredeln lassen, ist in der Tuning-Szene kein Unbekannter. Bereits zweimal hat die Polizei eines seiner Fahrzeuge sichergestellt – im Juli und im Dezember 2020. Beanstandet worden waren zuvor die Auspuffanlage, das Fahrwerk beziehungsweise der Boys-Kit des Autos. Die Vorwürfe wurden fallengelassen, die Bescheide liegen der Redaktion vor.
Die per Mängelkarte erteilte Aufforderung, die aktuellen Beanstandungen am BMW M4 zu beseitigen, hat die Gelsenkirchener Zulassungsstelle nach Angaben von Ön per Aktenvermerk bis zum Ende des Jahres zurückgestellt. Abgewartet werden soll, so ist es in der Mail zu lesen, wie die Angelegenheit ausgeht.
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Kaan fühlt sich von den Polizisten schikaniert, er argumentiert, dass professionelles Tuning seine Geschäftsgrundlage bilde und er es sich allein deshalb nicht leisten könne, gesetzliche Vorschriften zu missachten. „Das wäre absolut ruf- und geschäftsschädigend.“ Wegen des aggressiven Verhaltens der Einsatzkräfte hat er nun neben der Strafanzeige auch eine Dienstaufsichtsbeschwerde eingereicht.
Wie der Fall ausgeht, ist noch offen. Die Polizei hat den Vorgang jetzt an das „Beschwerdemanagement weitergeleitet“.