Gelsenkirchen. An der Kritik des Gelsenkirchener Arbeitgeberverbandschefs am Bürgergeld gibt es wiederum harsche Kritik. Worum es dabei geht.

Der Gelsenkirchener Geschäftsführer der Arbeitgeberverbände Emscher-Lippe, Michael Grütering, hatte im WAZ-Interview jüngst seine Kritik an dem geplanten Bürgergeld geäußert, das ja bekanntlich das bisherige Hartz-IV-System ersetzen soll. Den monatelangen Verzicht auf jene Sanktionen, die auch heute schon nur sehr zurückhaltend angewandt würden, und die vollständige Übernahme der Wohnkosten für zwei Jahre könne Grütering „nur schwer einem Normalverdiener erklären“, sagte der Arbeitgebervertreter.

Er konkretisierte seine Vorwürfe: „Wenn jemand mit einem Brutto-Monatsverdienst von 3500 Euro schlechter gestellt wird, als ein Bürgergeldempfänger, ist das schwierig. Ich halte es für falsch und sozial ungerecht, den Bezug von Transferleistungen jetzt so zu erleichtern. Wir müssen immer noch Anreize haben, die Arbeit aufzunehmen“, urteilte Grütering.

Seine Kritik am Bürgergeld entfachte wiederum deutliche Gegenrede aufseiten der beiden SPD-Abgeordneten aus Gelsenkirchen. „Es ist mehr als bedauerlich, dass Herr Grütering die berechtigte Sorge über die Folgen der Energiekrise für die Unternehmen in Gelsenkirchen mit einer sachlich unbegründeten Polemik gegen das Bürgergeld verknüpft“, erklärt aus Berlin Markus Töns.

Markus Töns (SPD): „Das ist polarisierend und spalten

Grüterings Rechnung, man sei mit einem Bruttomonatsverdienst von 3500 Euro schlechter gestellt als ein Empfänger von Bürgergeld, könne Töns nicht nachvollziehen. „Dann müssten für diese/n Arbeitnehmer/in nach Abzug von Steuern, Sozialabgaben und Mietkosten weniger als 500 Euro übrigbleiben? Auf die Erläuterung, wie das berechnet wurde, bin ich gespannt“, so der Bundestagsabgeordnete.

Töns macht seinerseits eine Beispielrechnung auf und erklärt: „Eine erwerbstätige Person, die zwölf Euro Mindestlohn erhält, verdient bei einer 39-Stunden-Woche etwa 2026 Euro brutto und etwa 1462 Euro netto monatlich. Dies liegt noch deutlich über dem, was ein/e alleinstehende/r Bürgergeldbezieher/in erhält.“

Grüterings Behauptung dagegen gehöre „zu den vielen Rechenspielen, die zurzeit kursieren und die eines gemein haben: Sie wollen einseitig polarisieren, die Gesellschaft spalten und Menschen ohne Einkommen und solche mit niedrigem Erwerbseinkommen gegeneinander ausspielen.“

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Sebastian Watermeier, Landtagsabgeordneter der SPD aus Gelsenkirchen.
Sebastian Watermeier, Landtagsabgeordneter der SPD aus Gelsenkirchen. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Menschen mit geringen Einkommen, die kein Bürgergeld beziehen, sollen zukünftig durch die für Anfang nächsten Jahres geplante Wohngeldreform weiter entlastet werden, betont der SPD-Politiker. Auch soll im Zuge der Reform der Kreis der berechtigten Haushalte erweitert werden, damit mehr Menschen davon profitieren.

Eine Heizkostenpauschale soll dauerhaft Teil des Wohngeldes werden. „Vor allem müssen wir aber dafür sorgen, dass die Löhne wieder steigen. Wir haben in Deutschland immer noch einen riesigen Niedriglohnsektor mit vielen Menschen, die von ihrem Einkommen kaum leben können. Hier müssen die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen stärker in die Verantwortung genommen und auch Elemente wie die Tarifbindung weiter gestärkt werden“, so Töns.

Sein Parteifreund, Sebastian Watermeier reagiert ähnlich verärgert über die Kritik am Bürgergeld. „Es bringt auch in der aktuellen Lage nichts, Sozialleistungsbeziehende mit althergebrachten Argumenten gegen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit kleinen und mittleren Einkommen auszuspielen. Es nutzt Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen schlicht nichts, wenn Erwerbslosen Leistungen vorenthalten werden“, erklärt der SPD-Landtagsabgeordnete.