Gelsenkirchen. Urteil gegen ein Mitglied einer Großfamilie: zwei Jahre und zehn Monate Gefängnis. Der Gelsenkirchener hat etliche Vorstrafen, war auf Bewährung.

„Da gehe ich nie wieder rein“, hatte Ghazi AK bei der vorigen Verurteilung nach vorübergehender Untersuchungshaft vor Gericht erklärt. Nun, der 28-Jährige, der Mitglied einer türkisch-libanesischen Großfamilie ist, wird sich vermutlich auf einen längeren Aufenthalt im Gefängnis einstellen müssen. Ein Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Dr. Andreas Rediger verurteilte den einschlägig vorbestraften Mann zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten.

Gelsenkirchener trotz Krankheit wieder straffällig geworden: Rauschgifthandel, schwerer Diebstahl, Körperverletzung, Fahren ohne Führerschein

Dr. Andreas Rediger war der Vorsitzende Richter im Prozess gegen den Gelsenkirchener Ghazi AK, Mitglied einer Großfamilie.
Dr. Andreas Rediger war der Vorsitzende Richter im Prozess gegen den Gelsenkirchener Ghazi AK, Mitglied einer Großfamilie. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

Ghazi AK, von stattlicher äußerer Erscheinung, schlägt im Gerichtssaal eher leise Töne an. Das mag auch mit seiner Verletzung zu tun haben, für die ein Autofahrer verantwortlich war. Der Mann war mit voller Wucht mit seinem Fahrzeug auf den Angeklagten zugefahren. Der landete bei dem Aufprall auf der Motorhaube und verletzte sich schwer. Monatelang war er krank. Das Verfahren stockte, der Angeklagte war nicht immer verhandlungsfähig. Doch auf weitere Straftaten hatte die Krankheit kaum Einfluss.

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„Ihre Energie hat sogar weiter zugenommen“, meinte der Vorsitzende. In zwei Fällen stand er noch unter Bewährung nach dem Urteil im ersten Strafverfahren im vergangenen Jahr. Dass er bei Fahrten ohne Führerschein erwischt wurde, hat auch mit der Hartnäckigkeit der Polizei zu tun. Immer wieder fiel er auf, wurde wegen seiner notorischen Versuche, ohne gültigen Führerschein am Steuer zu sitzen, fast täglich von der Polizei kontrolliert.

Großfamilien-Prozess: Verteidiger spricht von Verfolgungswahn der Polizei

Als er bei einem Vorfall von Beamten fixiert wurde, klagte er über Schmerzen am verletzten Arm und bezeichnete einen Polizisten als Hurensohn. Er war vielen Beamten bekannt. „Sie sind im Rampenlicht“, meinte der Richter, „das haben sie sich erarbeitet.“ Der Verteidiger des Angeklagten sprach vom Verfolgungswahn durch die Polizei.

Verurteilt wurde er jetzt wegen Diebstahls in einem besonders schweren Fall – er hatte einen Geldspielautomaten aufgebrochen – Handels mit Rauschgift, Besitz von Betäubungsmitteln, Fahrens ohne Führerschein und fahrlässiger Körperverletzung. Besonders sauer stieß dem Vorsitzenden auf, dass der Angeklagte bei zwei seiner vier Fahrten ohne Führerschein zusätzlich noch unter Drogeneinfluss stand.

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Besonders schwer wog auch der Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung. Auf der Autobahn hatte Ghazi AK mit seinem Auto plötzlich die Spur gewechselt und war mit zu hoher Geschwindigkeit auf das vor ihm fahrende Fahrzeug geprallt. Der Wagen des älteren Fahrers überschlug sich. Der schwer verletzte Mann bewegt sich heute mit Hilfe eines Stocks. Er sei lebenslang gezeichnet, meinte der Richter.

Lange Gefängniszeit droht: Berufungen eingelegt

Immer wieder hat Ghazi AK Ärger mit der Polizei. Nach vielen Bewährungsstrafen musste das Mitglied einer türkisch-libanesischen Großfamilie im vergangenen Jahr zum ersten Mal ins Gefängnis. Noch läuft die Berufung gegen die Strafe über zwei Jahre und einen Monat.

Jetzt kommen weitere 34 Monate dazu. Wieder geht der Verurteilte in Berufung. Ihm droht zum ersten Mal nach der Untersuchungshaft ein längerer Gefängnisaufenthalt.

Andreas Rediger, der auch schon beim ersten Prozess gegen Ghazi AK den Vorsitz hatte, sieht für das weitere Leben von Ghazi AK keine gute Prognose, zukünftig straffrei zu bleiben. Auch die Prognose des Bewährungshelfers klang wenig vielversprechend. Die außergewöhnliche Länge des Verfahrens habe dem Angeklagten eine höhere Strafe erspart, sagte Rediger. Selbst bei einer geringen Strafe wäre wegen der zahlreichen Vorstrafen keine Bewährung mehr möglich gewesen.

Bereits bei der ersten Verurteilung im vergangenen Jahr unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung, Fahrens ohne Führerschein und schweren Diebstahls wies das Vorstrafenregister 13 Eintragungen aus. Zwei Jahre und ein Monat lautete das damalige Urteil. Die Berufung läuft noch am Essener Landgericht. Auch nach dem jetzigen Urteil will der Angeklagte wieder Berufung einlegen. Sein Vorstrafenregister hat er zunächst weiter ausgebaut. Den Erhalt des Führerscheins dürfte er zunächst mal aus den Augen verlieren. Das Gericht sprach zusätzlich eine fünfjährige Sperrzeit aus.