Gelsenkirchen. Zerkratzt statt blitzeblank: Was tun, wenn das Auto in einer Waschstraße Schäden erlitt? Das rät der Gelsenkirchener Rechtsanwalt Arndt Kempgens.
Kunden einer Waschanlage erwarten nach der Ausfahrt einen blitzeblanken Wagen. Doch wer haftet, wenn das Auto nach dem Waschgang Kratzer im Lack aufweist, die Antenne abgerissen ist oder der Autospiegel schief in der Verschraubung hängt? Muss der Betreiber einer Waschanlage für Schäden am Fahrzeug nach einem Waschgang aufkommen? Oder bleibt der Kunde auf den Reparaturkosten sitzen? Wer muss beweisen, dass der Schaden in der Waschanlage entstanden ist?
Schaden in Waschstraße: Anwalt bearbeitet über 20 solcher Fälle in diesem Sommer
Beim Gelsenkirchener Rechtsanwalt Arndt Kempgens sind in diesen Sommer „über 20 solcher Fälle“ eingegangen. Im aktuellen Fall seines Mandanten A. ist dessen Renault auf dem Förderband einer Waschanlage durch ein Anlage-Bauteil beschädigt worden. Der Kostenvoranschlag für Tür und Spiegel beläuft sich auf rund 3700 Euro. Kempgens gibt Tipps, was generell zu tun ist.
Was sollte ich im Schadensfall nach einem Waschstraßenbesuch tun?
Arndt Kempgens: Am besten ist es, direkt nach Ausfahrt aus der Waschanlage das Auto einer Sichtkontrolle zu unterziehen. Im Schadensfall sollten die Schäden sofort per Foto mit dem Handy dokumentiert werden. Außerdem sollte man den Betreiber der Anlage ansprechen und sich noch vor Ort ein Schadenformular aushändigen lassen. Danach gilt es, einen Kostenvoranschlag für die Reparatur des Schadens einzuholen und seine Ansprüche schriftlich geltend zu machen – inklusive einer Zahlungsfrist binnen zweier Wochen.
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Wer steht eigentlich in der Beweislast?
Der Kunde muss beweisen, dass er ohne Schäden in die Waschstraße eingefahren ist. Der Kunde hat allerdings keinen Einblick in den technischen Betriebsablauf der Waschanlage. Die Beweislage ist deshalb für ihn schwierig. Es genügt rechtlich jedoch, wenn er vor Gericht glaubhaft machen kann, dass der Schaden in der Waschanlage entstanden ist und nicht schon vorher bestand, es reicht also der Anscheinsbeweis. Bei der Glaubhaftmachung werden in erster Linie Zeugenaussagen herangezogen. Der Betrieb hingegen muss beweisen, nichts falsch gemacht zu haben.
Wie reagieren die Betreiber der Waschstraßen?
Bei den bei uns gelandeten Fällen lehnen die Betreiber eine Haftung rundweg ab. Die Versicherer lehnen anschließend ebenfalls oft ab. Hintergrund dessen ist nach meiner Erfahrung, dass die Betreiber gegenüber ihrer Versicherung eine hohe Selbstbeteiligung haben. Zu viele Schäden lassen die Versicherungskosten in die Höhe schnellen und die Ausgaben auf Versichererseite für die Schadenregulierung ebenso.
Wie kann ich meine Rechte durchsetzen?
Zunächst sollte man als Kundin oder Kunde versuchen, eine einvernehmliche Lösung zu erzielen. In Extremfällen sind Klagen möglich. Das Gericht holt dann ein Gerichtsgutachten ein zur Frage, wie der Schaden passiert ist, ob zum Beispiel ein Fahrfehler in der Anlage vorliegt oder eben eine Fehlfunktion. Bei Portalwaschanlagen fährt der Kunde nämlich in die Waschanlage ein und verlässt das Auto. Dagegen wird in der Waschstraße das Fahrzeug über ein Förderband gezogen und der Kunde hat noch Einfluss auf die Lenkung. Es kann also nicht ausgeschlossen werden, dass ein Schaden in der Waschanlage auch auf ein Fehlverhalten des im Fahrzeug sitzenden Kunden zurückzuführen ist. Die Beweisanforderungen sind hier demnach höher.
Erwähnt werden muss an dieser Stelle, dass Kunden mitunter auch versuchen, Waschanlagenbetreibern Schäden unterzujubeln, die gar nicht von ihrer Anlage stammen. Waagerechte und sehr lange Kratzer beispielsweise sind für eine Waschstraße eher untypisch, das spricht mehr dafür, dass der Wagen anderswo an einem starren Hindernis Schaden genommen hat. Abgerissene Spiegel oder Wischblätter erzeugen durch die rotierenden Borsten kurze und kreisförmige Lackschäden.
Wie hoch sind die durchschnittlichen Schadenssummen, um die es geht?
Die Schadenssummen liegen zwischen 3000 und 4000 Euro, mit einem Gutachten steigen die Kosten auf 5000 Euro. Wer über keine Rechtsschutzversicherung verfügt, sollte einen Rechtsstreit lieber vermeiden, weil es am Ende sehr teuer werden kann.