Gelsenkirchen. Heilfroh sind zwei Rettungskräfte, dass die Gelsenkirchener Polizei einen Übergriff Jugendlicher verhinderte. Was die Helfer ertragen müssen.
Nachdem junge Männer einen Rettungswagen im Notfalleinsatz mutwillig behindert haben, ist die Empörung groß. Denn im Einsatz zählt jede Sekunde, hängen nicht selten Menschenleben von schnellstmöglicher Hilfe ab. Und dennoch: Der Alltag der Einsatzkräfte hat sich verändert. Immer wieder sind sie Beleidigungen, Bedrohungen oder gar Schlägen und Tritten ausgesetzt.
Umso größer war die Erleichterung der Gelsenkirchener Rettungswagenbesatzung, dass die Polizei am vergangenen Samstag Schlimmeres verhindert hat. An der Kreuzung Hauptstraße/Ringstraße verhinderte eine Schar junger Männer gegen 22 Uhr die Weiterfahrt des Rettungswagens, obwohl der RTW Blaulicht und Martinshorn eingeschaltet hatte (wir berichteten). Unter anderem stellte sich ein 22-Jähriger provozierend vor die Motorhaube des Rettungswagens.
Gelsenkirchener Retter: Heilfroh, dass die Polizei Konfrontation verhindert hat
„Wir hatten ein wirklich ungutes Gefühl, als die Männer auf uns zukamen“ erzählen die beiden 30 und 38 Jahre alten Rettungskräfte der Gelsenkirchener Feuerwehr. Die Situation drohte ihnen zufolge zu eskalieren, wenn nicht die Polizei eingeschritten wäre, die gerade nur einen Steinwurf weit weg einen anderen Einsatz gehabt hatte.
„Wir waren heilfroh“, erzählt das Retter-Team, dass die Polizeikräfte eine Konfrontation sofort unterbunden haben.“ Der 22-Jährige erhielt eine Strafanzeige, er muss sich wegen Nötigung im Straßenverkehr verantworten. Der Rettungswagen mit dem verletzten Jugendlichen an Bord konnte schließlich weiterfahren.
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Solche und ähnliche Situationen bringt der Alltag der Einsatzkräfte immer wieder hervor. „Wir erleben schon seit längerer Zeit eine wachsende Respektlosigkeit gegenüber Einsatzkräften“, sagte Feuerwehrsprecher Carsten Jost. Sein Sprecher-Kollege Matthias Büscher von der Polizei Gelsenkirchen kann dem nur beipflichten. Warum das so ist, darüber lässt sich nur spekulieren, das Spektrum reicht wohl von jugendlichem Imponiergehabe bis hin zu manifestierter Verachtung und Ablehnung staatlicher Organe.
Alarmierend: Alle zwei Tage wird ein Polizist in Gelsenkirchen attackiert
In den vergangenen vier Jahren sind 22 Einsatzkräfte der Gelsenkirchener Feuerwehr attackiert worden, darunter waren fünf Frauen. Im krassen Gegensatz dazu stehen die Angriffe auf Polizeikräfte – in Gelsenkirchen kommt es statistisch sogar alle zwei Tage zu einem Übergriff auf Beamtinnen und Beamte.
Üble Jagdszenen in Gelsenkirchen-Bismarck, Retter flüchten sich in Tankstelle
Erst im April dieses Jahres ist eine Rettungswagenbesatzung an der Darler Heide in Erle mit Schlägen traktiert worden. Die Helfer eilten einem 24-Jährigen zu Hilfe, dessen Hand gebrochen war. Undank war der Retter Lohn, erst mit Unterstützung von alarmierten Polizisten war der aggressive Mann zu bändigen.
Im Januar des Vorjahres sind Sanitäter im Einsatz ebenfalls angegriffen worden. Um einen hilflosen 32-Jährigen, der auf einer Bank lag, kümmerten sich die Helfer an der Ecke Husemannstraße/Hiberniastraße. Einer der Helfer bereitete den Transport ins Krankenhaus vor, als der Mann unvermittelt aufstand, auf den anderen zuging und ihm mit der Faust direkt ins Gesicht schlug.
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Hohe Wellen schlug auch ein Einsatz im September 2016, als Rettungskräfte von Angreifern regelrecht gejagt wurden, als sie einer kranken Frau an der Bismarckstraße helfen wollten. Zuflucht fanden sie in einer nahen Tankstelle, von der sie die Polizei alarmierten. Zuvor hagelte es Schläge und Tritte für die Rettungsdienstkräfte – Auslöser dafür soll eine „ehrverletzende Äußerung“ eines Helfers gewesen sein.