Gelsenkirchen-Erle. Wie die Arbeiten am Neubau des Gelsenkirchener Unternehmens voranschreiten. Und welche Veränderungen vor Ort bevorstehen.

Laborkittel statt Turnierbekleidung, chemische Analysen statt Voltigieren: So sieht die Zukunft auf dem Gelände Daimlerstraße aus – das derzeit noch eine riesige Baustelle ist. Nachdem Gelsenwasser die 17.600 Quadratmeter große Fläche neben seinem Hauptsitz an der Willy-Brandt-Allee von der Stadt gekauft und der Reitverein Gelsenkirchen diese aufgegeben hat, haben dort im Oktober 2021 die Bauarbeiten für eine Erweiterung des Standorts begonnen. Dabei hat das Unternehmen zur Halbzeit durchaus gute Nachrichten zu vermelden.

Während überall von Verzögerungen aufgrund von Fachkräftemangel und Material-Lieferschwierigkeiten zu lesen ist, verkündet der Spezialist für (Ab-)Wasser und nachhaltige Infrastruktur: „Wir liegen im Zeitplan“, so Pressesprecherin Heidrun Becker auf Nachfrage der Redaktion. Wie berichtet, will Gelsenwasser die Labore seiner Tochter Westfälische Wasser- und Umweltanalytik GmbH mit Sitzen in Erle und Schwerte an der Daimlerstraße zusammenlegen. Dafür soll das bisherige (marode) blaue Labor-Gebäude von 1979 durch einen moderneren, größeren Bau ersetzt werden – mit architektonischem Anspruch, versteht sich, in so unmittelbarer Nähe zur Veltins-Arena.

Entwurf für Gelsenkirchener Gelsenwasser-Neubau von bewährtem Architektur-Büro

Oberirdisch sechs Geschosse, viel Glas und eine ausgeklügelte Energiespar-Technik: Der Architektur-Entwurf für das neue Laborgebäude von Gelsenwasser in Gelsenkirchen stammt vom selben Düsseldorfer Büro wie der von der 2004 fertiggestellten Hauptverwaltung an der Ecke Kurt-Schumacher-Straße. Derzeit herrscht auf der Baustelle reges Treiben. 2024 soll das Gebäude bezugsfertig sein.
Oberirdisch sechs Geschosse, viel Glas und eine ausgeklügelte Energiespar-Technik: Der Architektur-Entwurf für das neue Laborgebäude von Gelsenwasser in Gelsenkirchen stammt vom selben Düsseldorfer Büro wie der von der 2004 fertiggestellten Hauptverwaltung an der Ecke Kurt-Schumacher-Straße. Derzeit herrscht auf der Baustelle reges Treiben. 2024 soll das Gebäude bezugsfertig sein. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Denn dieser soll in seiner Formensprache offenbar ein ähnlicher Hingucker werden wie die vielgelobte, 2004 fertiggestellte Hauptverwaltung an der Ecke Kurt-Schumacher-Straße, die das Düsseldorfer Büro Anin - Jeromin - Fitilidis & Partner entwarf. Das neue, 25 Meter hohe, viergeschossige Laborgebäude, geplant von den Gelsenwasser-Architekten Daniela Bauer und Carsten Heisterkamp, zeichnet sich durch seine rundlich-amorphe Architektur aus, die an ein dreiblättriges Kleeblatt erinnert; die Planer hatten bei dem 40 Meter tiefen und 50 Meter breiten Baukörper freilich eine eher branchentypische Assoziation im Kopf: die Form eines Wassermoleküls.

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Errichtet in Ortsbeton-Massivbauweise, werden im Innenraum großflächig Glassystemtrennwände, Hohlraumböden sowie Heizung-/Kälte-Abhangdecken verwendet. Insgesamt verfügt der Bau über 3500 Quadratmeter Bürogeschossfläche.

Innenausbau am Gelsenwasser-Standort soll 2023 beginnen

Wenn alles wie geplant läuft, kann der Innenausbau in 2023 beginnen, denn Bodenplatte und Außenwände des Labors im Untergeschoss sind bereits fertiggestellt, bis September soll der Rohbau folgen. Danach starten die Dachdecker- und Fassadenarbeiten. Im Januar 2024 soll das Gebäude bezugsfertig sein.

Schon deutlich früher sollen freilich die Mitarbeitenden in Erle von den Umbaumaßnahmen profitieren – es sind aktuell rund 850 Angestellte der Unternehmen Gelsenwasser AG, Gelsenwasser Energienetze, Erenja AG & Co. KG, AGG/Gelsenkanal, AWS (Abwasserentsorgung für Industrieunternehmen) und Westfälische Wasser- und Umweltanalytik (WWU); nach der Fertigstellung des Laborgebäudes kommen dann 25 weitere aus Schwerte hinzu.

Beschäftigte sollen schon in 2022 auf neu gestalteten Außenflächen arbeiten können

So werden bereits in diesem Jahr Grünflächen mit Aufenthaltsqualität geschaffen. Bis 2025/26 sollen die gesamten Außenflächen neu gestaltet werden – nicht nur zum Abschalten in den Pausen, sondern auch, um außerhalb der Arbeitszeit aktiv zu sein oder um im Freien zu arbeiten. Insgesamt vergrößert sich der Gelsenwasser-Sitz durch den Grundstückszukauf von derzeit 63.550 auf 81.150 Quadratmeter.

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Besonderes Augenmerk legt Gelsenwasser auf die Optimierung des Energiekonzepts: Bislang wird der Standort über ein Blockheiz-Kraftwerk mit Wärme versorgt, teils auch über Geothermie. Kältemaschinen und zum Teil auch Geothermie liefern Kälte; Strom kommt aus dem Netz und teils über Photovoltaik.

Besonderes Augenmerk liegt auf Optimierung des Energiekonzepts

„Künftig wollen wir Energie einsparen durch eine intelligente Steuerung der Verbräuche, einen größeren Anteil an Wärme- und Kälteversorgung über Geothermie, neue Technologien, die Erweiterung der Photovoltaik-Anlagen sowie über den Einsatz eines Einsspeichers“, erläutert der stellvertretende Sprecher André Ziegert. Dieser (bereits komplett betonierte) Eis-Energiespeicher – er wird von außen nicht sichtbar im Erdreich verbaut und basiert auf dem Prinzip einer Wärmepumpe – soll dazu beitragen, „die Versorgung nachhaltiger und den CO2-Abdruck geringer“ zu gestalten.

Durch Expansion entstehen neue Jobs

Die Expansion am Standort Daimlerstraße wirkt sich auf Art und Zahl der Jobs aus, so Gelsenwasser-Sprecherin Heidrun Becker an. „In Bezug auf Reinigung, Instandhaltung, Grünflächen haben wir vorausschauend einen Ausbildungsgang ,Gebäudemanagement’ (Elektroniker für Gebäudetechnik) geschaffen und arbeiten an weiteren Kooperationen etwa mit den Behindertenwerkstätten Franz-Sales-Haus.“ Im Gebäudemanagement wird seit 2019 ein Azubi ausgebildet.

Die Reinigungs-Kapazitäten sollen nach der Fertigstellung des Neubaus aufgestockt werden: Für das neue Laborgebäude ist künftig doppelt so viel Reinigungskapazität nötig wie bislang. Der Bedarf liege bei „einigen neue Stellen“, so Ziegert.

Eingehaltene Zeitplanung hin oder her: In einem Punkt geht es Gelsenwasser wie anderen Bauherren auch: „Die aktuelle Situation hat zu Verteuerungen geführt“, so Sprecherin Becker. Die derzeitigen Investitionskosten liegen bei etwa 21 Millionen Euro. 2019 hatte das Unternehmen noch mit 18 Millionen Euro geplant.