Gelsenkirchen. Wo man auch politisch steht: Als Gelsenkirchener ist man in Düsseldorf jetzt gut vertreten. Trotzdem: Zufrieden kann mit dieser Wahl keiner sein.

Hinter vorgehaltener Hand fantasiert man in Gelsenkirchens Politik scherzhaft darüber, wie es wäre, wenn sich Enxhi Seli-Zacharias (AfD) und Ilayda Bostancieri (Grüne) eine WG in Düsseldorf teilen würden. In keinem Haushalt wären die Streitereien heftiger. Bei Gelsenkirchens neuen Landtagsabgeordneten prallen Welten aufeinander.

Landtagswahl 2022: Gelsenkirchen ist breit in Düsseldorf repräsentiert

Da ist die rechte Rhetorikerin und Politikwissenschaftlerin, die gegen „Vertiefung arabisch-islamischer Wertenormen“ kämpft und auf der anderen Seite die in Hilfsorganisationen sozialisierte, queerfeministische Familienhelferin mit Gerechtigkeitsagenda. Gemeinsam haben sie lediglich ihr junges Alter und ihre Perspektive als Frauen mit Migrationshintergrund. Fast egal, wo man politisch steht: Als Gelsenkirchener kann man sich in Düsseldorf künftig gut repräsentiert sehen.

Denn neben Seli-Zacharias und Bostancieri sind da noch die direkt gewählten SPD-Kandidaten der Mitte: Sebastian Watermeier und Christin Siebel, die Nachfolgerin von Heike Gebhard. Als Vorsitzende der Gelsenkirchener Falken verkörpert Siebel authentisch, wenn sie sich dafür einsetzen will, „dass alle Kinder gleiche Chancen haben“; bei Watermeier wird es spannend, mit welchen Schwerpunkten sich der bisherige SPD-Sprecher im Ausschuss für Europa und Internationales einbringt, wenn die Karten neu gemischt werden.

Richtig zufrieden sein kann mit dem Ausgang der Landtagswahl niemand

Sebastian Watermeier, der behauptet, dass es in den vergangenen fünf Jahren in NRW auf vielen politischen Feldern keinen Fortschritt gegeben hat, wird wohl nicht beweisen können, ob er es besser kann. Denn am realistischsten erscheint aktuell eine schwarz-grüne Regierung. Das heißt: Nur eine Gelsenkirchener Abgeordnete, nämlich Bostancieri von den Grünen, käme ins Mitgestalten – wohl mit Bauchschmerzen. Schwer vorstellbar, dass eine Frau, die gegen verdachtsunabhängige Personenkontrollen und das neue Versammlungsgesetz in NRW ist, eine Politik von jemanden wie dem bisherigen CDU-Innenminister Herbert Reul mittragen würde.

Ob Gewinner oder Verlierer: Richtig zufrieden sein kann mit dem Ausgang der Wahl am Ende allerdings niemand. Die Wahlbeteiligung ist ein Desaster. So richtig gestärkt geht also keiner der Abgeordneten nach Düsseldorf – obwohl die Stadt stärker vertreten ist denn je.